Englschalking:"Ein Fremdkörper"

Englschalking: Etwa 37 Meter hoch war der zentrale Turm der russisch-orthodoxen Kirche in Englschalking samt Kreuz nach den ersten Plänen (im Bild). Im zweiten Entwurf erreichte der Bau noch 28 Meter, im dritten verdeckt ein sechsstöckiges Nebengebäude die Kirche. Nur der Turm wäre noch zu sehen. Simulation: Büro Bernd Fröhlich

Etwa 37 Meter hoch war der zentrale Turm der russisch-orthodoxen Kirche in Englschalking samt Kreuz nach den ersten Plänen (im Bild). Im zweiten Entwurf erreichte der Bau noch 28 Meter, im dritten verdeckt ein sechsstöckiges Nebengebäude die Kirche. Nur der Turm wäre noch zu sehen. Simulation: Büro Bernd Fröhlich

Zwischen den Siebzigerjahre-Bauten entsteht eine russisch-orthodoxe Kirche im traditionellen Stil. Neuerdings ist zusätzlich ein sechsstöckiges Gebäude vorgesehen. Die Lokalpolitiker lehnen die Pläne rundweg ab

Von Ulrike Steinbacher, Englschalking

Zum dritten Mal innerhalb von zehn Jahren reagiert der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen entsetzt auf Pläne für den Neubau einer russisch-orthodoxen Kirche in Englschalking. Am Dienstagabend kritisierten die Lokalpolitiker, der jüngste Entwurf sei weder mit dem Bebauungsplan vereinbar, noch könne die Knappertsbuschstraße, eine Sackgasse, den Verkehr aufnehmen, der durch die deutlich intensivierte Nutzung des Geländes entstehen werde. Abgesehen davon baut die Stadt gleich um die Ecke am Salzsenderweg das neue Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium, das ebenfalls Verkehr verursachen wird.

2010 hatte die Tihon-Stiftung, die als Bauherrin fungiert, einen ersten Entwurf des Ulmer Architekten Bernd Fröhlich für den Kirchen-Neubau vorgelegt. Das knapp 7000 Quadratmeter große Grundstück mit alten Tennisplätzen hatte sie zuvor der katholischen Kirche abgekauft. Entstehen sollten ein Gemeindezentrum mit Gotteshaus im klassischen Stil mit Kuppeln, ein Saal für 300 Personen, eine Kindertagesstätte mit 36 Plätzen sowie Unterrichtsräume. Der zentrale Kirchturm samt Kreuz wäre 37 Meter hoch gewesen und hätte die schmucklosen Siebzigerjahre-Bauten des Fidelioparks um etwa neun Meter überragt. Bezirksausschuss und Stadtverwaltung lehnten die Planung ab: zu hoch, zu wuchtig, zu wenige Parkplätze, mangelhafte Verkehrserschließung.

Im zweiten Anlauf 2014 plante Architekt Fröhlich die Kirche um sechs Meter niedriger. Das Nebengebäude mit dem Gemeindezentrum wurde von drei auf zwei Stockwerke gekürzt, die Zahl der Parkplätze von 22 auf 44 erhöht. Bei der traditionellen Erscheinungsform der Kirche blieb es aber. Die Anwohner reagierten weiter skeptisch, der BA sah in dem Neubau noch immer einen "Fremdkörper". Doch diesmal erteilte die Stadt eine Baugenehmigung.

Am Dienstag bekamen es die Lokalpolitiker nun mit einem dritten Entwurf zu tun, der ihnen wieder nicht gefällt, wenn auch diesmal aus anderen Gründen. Die Kirche selbst bleibt unverändert, wird aber aus der Mitte des Grundstücks an den nordwestlichen Rand gerückt, also direkt an die Ecke zum Salzsenderweg. Aus dem einen Nebengebäude sind im neuen Plan zwei geworden: ein L-förmiger sechsstöckiger Riegel im Osten und Süden und ein quadratischer vierstöckiger Block. In diesen Gebäuden sollen Gemeindezentrum, Kindertagesstätte, Pflegeheim und Mitarbeiterwohnungen unterkommen. Die Kirche selbst würde hinter dem Riegel verschwinden, nur der Turm würde ihn überragen.

Xaver Finkenzeller (CSU), der den Bauantrag im BA vorstellte, sprach von einer "Vergewaltigung des architektonischen Geistes" und mutmaßte, wer dieses Projekt entworfen habe, habe allenfalls ein Semester Architektur studiert und sei dann durchgefallen. Der Bezirksausschuss lehnte die neuen Pläne aus den alten Gründen ab: zu wuchtig, zu hoch, zu viel Verkehr, "den wir an dieser Stelle nicht ansatzweise brauchen können", so Finkenzeller.

Wer den neuen Entwurf gezeichnet, wer ihn eingereicht hat, bleibt offen. Aus dem Architekturbüro Bernd Fröhlich, von dem die beiden ersten Pläne stammen, heißt es nur: "Da können wir gar nix dazu sagen." Mit Fragen müsse man sich an den Bauherrn wenden. Erzpriester Nikolai Zabelitch von der Christi-Auferstehungsgemeinde München und Dachau, die mit dem Neubau den weit verstreuten Gläubigen ein Zentrum bieten will, winkt aber gleich ab: Die Pläne seien bereits überholt. "Wir wollen da nichts Riesiges bauen." Der neue Landesbischof für Deutschland arbeite sich derzeit in die Materie ein. Bis Jahresende könne man Genaueres sagen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: