Süddeutsche Zeitung

Englischer Garten in München:Die teuerste Igelbrücke der Welt

Lesezeit: 2 Min.

Leser äußern sich kritisch zum Tunnel-Stadtratsbeschluss und sehen die 125 Millionen Euro teils als Investition am falschen Platz

"Der Englische Garten wird wiedervereinigt" vom 29. Juni:

Großmarkthalle wäre wichtiger

Derzeit macht sich die Stadtpolitik, gleich welcher politischen Ausrichtung, ziemlich lächerlich. Einerseits leistet sie sich auf Anregung einiger wohlhabender Mitbürger und DAX-Konzerne die weltteuerste Igelbrücke im Englischen Garten. Und geschätzte 125 Millionen Euro sind hierfür nicht mal der Diskussion wert. Am anderen Ende der Stadt geht es um deren Zukunft und Versorgung. Da sind dann gute 150 Millionen Euro für eine neue Großmarkthalle ein unkalkulierbares Investment, für das die Stadt kein Geld hat.

So schön eine großzügige Naherholungsfläche im Münchner Norden ist - in Sendling steht das Gesamtwohl der Münchner Bevölkerung bezüglich Lebensmittelversorgung durch kleine Einzelhändler auf dem Spiel. Oder gilt auch hier: Der Wunsch der Konzerne Rewe, Edeka, Aldi und Lidl verhindert eine bürgerorientierte Nahversorgung durch viele kleine Einzelhändler. Bauen wir also weiter Luxus-Igelbrücken und überlassen die Lebensmittelversorgung vier Großunternehmen. Servus. Wolfgang Neuner, München

Luxuriöse Kosmetik

Müssen wir Bürger eigentlich alles erdulden? Der Verkehr am Mittleren Ring zwischen Tucherpark und Biederstein läuft seit dem Bau der neuen Einfädelspur bis auf wenige Zeiten (Fußballspiele, Konzerte, etcetera) nahezu reibungslos. Müssen wir Bürger eigentlich alles erdulden, was einzelne "Auserwählte" vorschlagen und die Politik beschließt? Nach einer langen Tunnelbauzeit von rund vier Jahren, einer Ampel-Versuchsphase sowie der Bauphase für die Einfädelspur nun schon wieder eine länger währende Bauphase für diesen geplanten Tunnel! Dieser Tunnelbau für die Wiedervereinigung des Englischen Gartens bringt sicherlich nicht die mit dem Beschluss erhoffte "Lösung der erheblichen verkehrlichen Probleme" am Mittleren Ring. Der zu Stoßzeiten entstehende Rückstau ist den Problemen an anderen Streckenteilen geschuldet. Es dürfte somit vermutlich eine rein kosmetische Angelegenheit werden: Für 125 Millionen Euro - vorläufig! - bei einem Spendenaufkommen von derzeit circa 1,3 Millionen Euro, der Rest sind Steuergelder. Respekt.

Und der ganze Kraftakt nur, weil das Schwabinger Architekten-Ehepaar Lejeune-Grub mit ihrer gegründeten Initiative penetrant genug auftrat (Werbung entlang des Rings wie sonst nur bei Wahlen), reiche Münchner als Spender gewinnen konnte und sich damit ein Denkmal zu Lebzeiten schaffen möchte. Der "spürbare Nutzen für die Autofahrer", den der Freistaat Bayern als Voraussetzung für die Gewährung des 35-Millionen-Euro-Zuschusses unterstellt, wurde mittels neutralem Gutachten geprüft? Das Ganze riecht wieder sehr nach politischer Kungelei. Wann und wo wurde die sogenannte Mehrheit der Münchner Bürger (angeblich 83 Prozent seien dafür) dazu gefragt? Ein vom Münchner Stadtrat in Einstimmigkeit und Harmonie herbeigeführter Beschluss ist schon sehr verdächtig. Alfred Wiedemann, München

Den Stau behebt das nicht

Ich möchte ja nicht die Euphorie dämpfen, aber der Dauerstau an dieser Stelle ist nicht durch einen Tunnel am Englischen Garten zu lösen: Es ist schlicht zu viel Verkehr! Der Grund des Staus liegt weit vor und nach dieser Stelle. Es wird in Zukunft also eher ein Stau im Tunnel, den man nimmer sieht.

Der Englische Garten wurde anfang der 60er-Jahre nicht erstmals durch den Mittleren Ring unterbrochen, davor führte die alte Dietlindenstraße von Schwabing durch den Englischen Garten gepflastert am Seehaus vorbei, im Rechtsschwenk an der alten Tivolimühle geschwungen am Rand des Englischen Gartens vorbei, wurde zur Hirschauer Straße und mündete in die Oettingenstraße, wo damals die Isarparallele begann. Getrennt war der Englische Garten da schon immer, davor auch schon von der Straße zum Maffei Lokomotiven-Werk.

Seit der Eröffnung ist hier eigentlich immer ein Stau. Servus aus Schwabing!

Reinhold Kocaurek, München

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SZ vom 03.07.2017
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