Englischer Garten:Erdmassen gegen den Lärm

tunnel englischer garten

Derzeit zieht der Mittlere Ring eine Schneise durch den Englischen Garten.

(Foto: Jürgen Dudowits/sunpatrol)

70 Millionen Euro für 50 Anwohner: Die Initiative "Ein Englischer Garten" stellt ihr Lärmschutzkonzept vor - und muss die Idee verteidigen, den Stadtpark nicht vollständig zu untertunneln.

Von Franziska Gerlach

Es war schon einige Überzeugungsarbeit nötig, ehe Veronika Faber sagte: "Das Lärmschutzmodell ist eigentlich ganz schön. Und wenn die große Tunnel-Lösung eh nicht machbar ist, wäre die Alternative eine Autobahn vor unserer Haustür." Faber wohnt in der Jungwirthstraße und leidet unter dem Verkehrslärm vom Isarring, der sich in unmittelbarer Nähe durch den Englischen Garten schlägt. Doch mit dem geplanten Tunnel soll der Lärm künftig wenn nicht verschwinden, dann doch abnehmen. Am Mittwochabend hat die vom Architekten-Ehepaar Grub-Lejeune gestartete Initiative "Ein Englischer Garten" in die Gaststätte Hirschau im Englischen Garten geladen, um über den vorgesehenen Lärmschutz zu informieren.

Der Isarring soll den Englischen Garten künftig nicht mehr an der Oberfläche durchschneiden, sondern durch einen 385 Meter langen Tunnel geführt werden. Um die Anwohner zusätzlich vor Lärm zu schützen, soll er im Anschluss an die Röhre entlang der Dietlindenstraße um zwölf Meter nach Norden versetzt werden. Wo die Dietlindenstraße auf den Ring stößt, soll die Zufahrt um 30 Meter verschoben werden. Die so gewonnene Fläche soll auf eine Höhe von fast fünfeinhalb Meter aufgeböscht, begrünt und bepflanzt werden.

Für Architekt Hermann Grub wäre das eine "Bereicherung für die Landschaft". Überhaupt wurden an diesem Abend weder Politiker noch Architekten müde zu betonen, wie effektiv das Tunnel-Projekt sei, das inklusive Lärmschutz zwischen 70 und 100 Millionen Euro kosten soll. Selbst davon, dass die Anlieger-Grundstücke dadurch deutlich an Wert gewinnen würden, war die Rede.

"Es gibt keinen besseren Lärmschutz als Masse, und die Masse ist in diesem Fall Erde", sagte Petra Lejeune-Grub. Und laut Wolfgang Herrmann vom Planungsbüro Obermeyer, das für die Initiative "Ein Englischer Garten" den Verkehr planen soll, reduziere die geplante Böschung den Lärm für die Anwohner in der ersten Reihe um rund zehn Dezibel. Wie Herrmann sagte, würde sich dadurch der Lärm halbieren.

Verschiedene Ideen in der Diskussion

Dennoch: Auch die Idee, den neuen Tunnel bis zum Biedersteiner Tunnel zu verlängern, wurde erneut diskutiert. Die Freien Wähler hatten den Vorschlag in Schwabing-Freimann im Wahlkampf wieder vorgebracht, obwohl ihn die großen Fraktionen im Bezirksausschuss (BA) bereits abgelehnt hatten, um das Projekt als solches nicht durch die ungleich höheren Kosten zu gefährden. "Der lange Tunnel kostet mehr als das Doppelte", setzte jetzt auch Architekt Grub der Idee entgegen.

Und "für die paar Anwohner", erklärte Werner Lederer-Piloty (SPD), der BA-Vorsitzende und Moderator des Abends, den Zuhörern, werde der Stadtrat diese Summe kaum freigeben. Der Stadtteilpolitiker verwies auf die möglichen Alternativen zur kürzeren Tunnel-Lösung: Würde sie nicht umgesetzt, würde wohl der Isarring sechsspurig ausgebaut, sagte Lederer-Piloty. In diesem Fall würde die Lärmbelästigung deutlich schlimmer werden. "Die Regierung von Oberbayern verlangt eine Verflüssigung des Verkehrs."

Insbesondere Anwohnerin Veronika Faber ließ aber nicht locker. Sie erklärte, dass nicht nur die Anwohner der Jungwirthstraße betroffen seien - und stützte ihre Argumentation auf eine Studie der TU München, wonach ein Tunnel auf dem Isarring eine Zunahme der Lärm- und Feinstaubbelastung um 40 Prozent nach sich ziehen könne. "Von wem ist diese Studie?", fragte CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper irritiert. Die hätte ja von Stadt oder Freistaat in Auftrag gegeben werden müssen. Ihm sei aber nichts dergleichen bekannt.

Der Architekt will Ängste abbauen

Hermann Grub und Petra Lejeune, 2010

Das Münchner Architektenpaar Hermann Grub und Petra Lejeune kämpft für einen Englischen Garten ohne Ringstraße.

(Foto: Stephan Rumpf)

Architekt Grub versuchte, Ängste abzubauen. Laut Baureferat solle der Tunnel die "Vollausstattung" bekommen, berichtete er. Dazu gehöre eine technische Anlage, die den Feinstaub bereits im Tunnel abfangen soll. Auch der Planer Wolfgang Herrmann wiegelte ab: "Das Szenario einer Feinstauberhöhung um 40 Prozent ist sicher nicht haltbar."

Allerdings räumte er ein, dass es vor dem Tunnelportal zu "einer gewissen Erhöhung" kommen könne. Im Übrigen resultiere die Feinstaubbelastung aber nicht ausschließlich aus dem Straßenverkehr, sagte er. Und im Münchner Stadtgebiet liege diese ohnehin bis auf wenige Ausnahmen "deutlich unter dem entsprechenden Grenzwert".

Ulrich Böckmann, der ebenfalls in der Jungwirthstraße wohnt, griff ein Argument auf, das an diesem Abend auch die Politiker genannt hatten: Für die Stadt seien die Anwohner am Englischen Garten kein vordringliches Problem, da andernorts in München viel mehr Bürger unter Verkehrslärm litten. "70 Millionen Euro für 50 Anwohner: Bei aller Liebe, aber mehr kriegen wir nicht", sagte Böckmann. Die Lösung sei an sich gut, auch wenn man im Detail noch optimieren könne. Schön wäre es zum Beispiel, den Lärmschutz ein wenig nach Osten auszudehnen.

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