Süddeutsche Zeitung

Engagement trotz Pandemie:"Das Ehrenamt macht die Krise erträglicher"

Bei der Freiwilligenmesse werden Helfer diesmal online gesucht

Von Sven Loerzer

Die Entscheidung fiel dem Vorbereitungsteam alles andere als leicht: Schon frühzeitig im vergangenen Jahr hat die Förderstelle für Bürgerschaftliches Engagement (Föbe) die Freiwilligenmesse, die traditionell an einem Sonntag im Januar im Gasteig stattfindet, als digitales Angebot konzipiert. "Besondere Zeiten erfordern besondere Taten", sagt Gerlinde Wouters, die sich zusammen mit ihrem Team von Corona nicht bremsen ließ: Die 15. Münchner Freiwilligenmesse startet an diesem Freitag, 22. Januar, online und bietet bis zum 31. Januar mit Livestreams, Filmen und Texten viele Anregungen für ehrenamtliches Engagement in 80 Organisationen aus den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern.

"Zusammenhalten und zusammenwirken" lautet das Motto der digitalen Messe. Auch die Phase des Lockdowns könne eine Zeit sein, in der man sich vornehme, etwas für andere zu tun, sagte Wouters. "Wir kommen nur durch solch schwierige Zeiten, wenn wir mehr denn je aufeinander zugehen und uns füreinander einsetzen. Das Ehrenamt macht die Krise erträglicher und menschlicher." Mehr als 50 der 80 Organisationen bieten Online-Begegnungen im Rahmen der Messe. 20 Videos geben Einblick in die Möglichkeiten sich zu engagieren. Auch dem verstärkten Interesse an kurzfristigen Einsätzen von Menschen, die gerade in Kurzarbeit oder arbeitslos sind, wird dabei Rechnung getragen. Der letzten Bürgerbefragung zufolge ist knapp jeder zweite Erwachsene in München freiwillig engagiert. Die wichtigste Gruppe sind dabei die 30- bis 49-Jährigen, gefolgt von den 14- bis 29-Jährigen. Gerade jetzt zeige sich, dass "viele Studenten echt was tun wollen, sie haben die Schnauze voll von Online", erklärte Wouters.

"Für Menschen, denen es nicht so gut geht", hat sich die Studentin Sophie Zimmermann, 29, im vergangenen Sommer engagiert. Über die Münchner Freiwilligenagentur "Heute ein Engel" der Stiftung "Gute Tat" meldete sie sich zu einem Hofkonzert an. Beim Auftritt vor einem Altenheim in Untergiesing im Juli spielte sie zusammen mit ihrer Schwester Irish Folk - die Schwester mit der Gitarre, sie selbst mit der Querflöte. "Wir haben eine Stunde lang gesungen und gespielt", erzählt Sophie Zimmermann, die ihre Environmental Studies abgeschlossen hat. "Es gab tosenden Applaus." Mit freiwilligen Sängern und Musikern fanden von Juni bis Dezember mehr als 20 Hofkonzerte statt. Das Projekt soll fortgesetzt werden, sobald es die Pandemie-Situation zulässt, erklärt Projektleiterin Nicole Kertész. "In Coronazeiten geht mehr als man denkt." So habe man auch digitale Nachhilfe anbieten können.

Über Zoom traf man sich digital zum Kaffeeplausch und zum Stricken

Seit elf Jahren engagiert sich die pensionierte Grundschullehrerin Maria Schreiner im Nachbarschaftstreff Blumenau. Dort entstanden die Blu'Singers. "Wir singen Pop- und Jazzlieder im Chor", sagt sie. Mit Abstand und natürlich draußen organisierte Maria Schreiner auch eine Mitsingaktion am 3. Oktober zu "Deutschland singt" vor dem Nachbarschaftstreff. "Es war ein kühler Abend, aber das Singen hat mich erwärmt." Die Strukturen der knapp 50 Münchner Nachbarschaftstreffs hätten in Krisenzeiten recht gut getragen, sagt Alexandra Ruzicka, Geschäftsführerin des Trägers Quarter M, der zwölf der Treffs betreibt. "Wir haben Telefonketten gebildet, die Menschen sind füreinander einkaufen gegangen, Helfer haben Kuchen gebacken oder sind spazieren gegangen." Und über Zoom hat man sich digital zum Kaffeeplausch und zum Stricken getroffen.

Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) wird die Messe am Freitag, 22. Januar, um 16 Uhr eröffnen, SZ-Adventskalender-Geschäftsführerin Anita Niedermeier das Hilfswerk der SZ-Leser vorstellen. Am Samstag (14 Uhr) sprechen Freiwillige im Live-Stream über ihre Erfahrungen, am Sonntag (14 Uhr) gibt es ein Lachtraining mit Cornelia Leisch über Zoom. Um 16 Uhr werden verschiedene Engagementmöglichkeiten präsentiert, um 18 Uhr tritt Roland Hefter auf, der eigens ein Lied für die Messe geschrieben hat. Unter der Woche, von Montag bis Freitag, gibt es jeweils um 18 Uhr in Online-Gesprächen die Möglichkeit, einzelne Organisationen zu befragen.

Am zweiten Wochenende ist ein Kulturprogramm mit Poetry Slam und Musik vorgesehen. Zum Ausklang spielt dann am Sonntag, 31. Januar, 15 Uhr, die Unterbiberger Hofmusik.

Alle Informationen zum täglichen Programm bietet die Online-Messe unter www.muenchner-freiwilligen-messe.de vom 22. bis zum 31. Januar. Die gedruckte Broschüre zur Freiwilligenmesse, in der die Organisationen kurz beschreiben, für welche Aufgaben Freiwillige gesucht werden und an wen sich Interessierte wenden können, ist bei Föbe, Ringseisstraße 8a, 80337 München, Telefon 599890871, zu beziehen.

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Quelle:
SZ vom 22.01.2021
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