Süddeutsche Zeitung

Ende der 60-Watt Glühbirne:Ausgebrannt

Von September an wird auch die 60-Watt-Glühbirne verbannt. Das veranlasst einige Münchner Händler Vorräte zu horten. Für sie steht fest: die "alte Birne" ist einfach die bessere - und die Kundschaft sieht das genauso.

Stephan Handel

"Ich erblickte das Licht dieser Welt in Gestalt zweier Sechzig-Watt-Glühlampen", sagt der kleinwüchsige Oskar Matzerath in Günter Grass' Blechtrommel. Bald wird das kein Kind mehr von sich behaupten können: Denn wie schon die 100- und die 75-Watt-Lampen dürfen von diesem Donnerstag an auch die Birnen mit einer Leistung von 60-Watt nicht mehr hergestellt und vertrieben werden - nur die Restbestände gibt es in den Läden dann noch zu kaufen.

Auswirkungen auf ihr Geschäft verspüren Ebersbergs Elektrohändler hingegen nicht: "Es gibt keine gesteigerte Nachfrage nach 60-Watt-Birnen", sagt Rainer Wortmann vom Elektrofachgeschäft von Stefan Ruth im Rossinizentrum in Baldham. Die Kunden seien zwar skeptisch gegenüber Energiesparlampen und LED-Leuchtmittel seien ihnen immer noch zu teuer, aber das habe offenbar keine Auswirkungen auf den Umsatz von Glühbirnen. "Die lassen es auf sich zukommen." Die Phase des Bunkerns sei vorbei, glaubt man bei Elektro Röhrl in Zorneding. Und Friedrich Peschel vom Edeka-Markt in Ebersberg bestätigt dies. "Wir verzeichnen keinerlei Hamsterkäufe."

In München hat man hingegen vorgesorgt: Elektro Nahr in der Sendlinger Straße hat vor knapp drei Jahren, als die Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG in Kraft trat, einen weitsichtigen unternehmerischen Entschluss gefasst: Hunderttausende der von da an verbannten Birnen wurden geordert, in allen Größen, Formen, Leistungskategorien - auch die matten gibt es noch, die seit 2009 ebenfalls verboten sind. Bis heute sind alle Sorten im Angebot - und Fachverkäufer Jürgen Palatzky weiß zu berichten, dass momentan eben die bedrohten 60er-Birnen begehrt sind: "Es gibt Kunden, die kaufen gleich 100 Stück auf einmal", zu einem Preis von drei Euro, was ein bisschen teurer ist als normal, aber: "Wir müssen die Vorratshaltung und die Vorkasse finanzieren", sagt Palatzky. Im Kaufhof am Marienplatz geht's eine Nummer kleiner ab: Aber auch hier haben sie "ein bisschen Vorrat" angelegt, wie eine Verkäuferin berichtet, und die bald geächteten Birnen in einem eigenen Regal präsentiert. Die Leuchten-Expertin bemerkt zudem seit etwa einer Woche eine verstärkte Nachfrage - allerdings "nicht so stark wie 2009". Es komme auch vor, dass Kunden sich beschweren oder Birnen hamstern, allerdings in kleineren Mengen als bei Elektro Nahr: "So zehn, 20 Stück vielleicht." Große Aufregung jedoch habe sie nicht bemerkt. Dann sagt sie noch, dass sie finde, Energiesparlampen in normalen Haushalten, das müsse nicht sein. Die normalen, alten Birnen, die hätten ein viel weicheres Licht, seien für die Augen angenehmer und in zahllosen Variationen erhältlich gewesen: "Eine Energiesparlampe im Kronleuchter, das geht doch nicht."

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SZ vom 31.08.2011/benK
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