Übersetzt man den Namen Glyptothek wörtlich ins Deutsche, bedeutet das nur „Saal, wo man Skulpturen aufbewahrt“. An diesem Dienstagabend, am Königsplatz in München, sind im Saal wie immer bekannte Vertreter dieser Gattung anwesend – der muskulöse Barberinische Faun beispielsweise, und auch die antiken Giebelfiguren vom Aphaia-Tempel in Ägina, auf deren Sockel man so herrlich praktisch beim Stehempfang Häppchen und Kelche abstellen könnte – wenn, ja, wenn nur die Museumsaufseherinnen nicht wären, die einem Gläser voller griechischen Weins freundlich aber bestimmt wieder zurück in die Hand drücken und einem bedeuten, sich bloß nicht anzulehnen, an die Trunkene Alte etwa - bei Letzterer handelt es sich um eine weibliche Marmorstatue aus dem Hellenismus.
Wobei man beim Anlass des Abends wäre: der Empfang zum Nationalfeiertag der Republik Griechenland. Und so teilen sich die Skulpturen den Raum heute mit allerlei Figuren von Rang und Namen. Da ist zum einen der Gastgeber, der griechische Generalkonsul Konstantinos Kodellas, der seit vergangenem Sommer dieses Amt bekleidet und für den der Job in München vergleichsweise entspannt verlaufen dürfte. Schließlich hat er schon Stationen in Teheran oder Kiew hinter sich - und einen Master in Kriegsstudien hat er auch.

Von Rang und (besonderen) Namen sind auch Personen, die man tatsächlich nur bei einem griechischen Abend antreffen dürfte. Ein Archimandrit etwa, dessen Titel so manche Mitarbeiter von Protokollabteilungen wohl erst einmal googeln müssten, um zu wissen, ob man ihn nun in die erste oder in die vierte Reihe der Ehrengäste setzen sollte. In diesem Fall trägt der Archimandrit, das ist ein Ehrentitel für östlich-orthodoxe Priestermönche, den vergleichsweise einfachen Namen Peter Klitsch. An seiner Seite, in der ersten Reihe, hat er den Erzpriester Apostolos Malamoussis im bis zu den Fersen reichenden Gewand.
Nicht nur weil sich die weiß-blauen Farben Griechenlands und Bayerns bestens vertragen, sind denn auch einige Mitglieder der Staatsregierung zur Feierstunde anwesend, allen voran Innenminister Joachim Herrmann, der fließend mit „Kalispera“ (Guten Abend) grüßen kann, aber dank seines Abiturs am humanistischen Gymnasium nur Altgriechisch beherrscht und lieber auf Deutsch sagt, dass 77 000 Griechinnen und Griechen in Bayern lebten, jene mit deutscher Staatsangehörigkeit nicht mitgezählt. „Viele Menschen aus Griechenland haben sich hervorragend integriert. Und wenn ich hier Stavros Kostantinidis sehe, komme ich gar nicht auf die Idee, von Gastarbeitern zu sprechen.“

Der Genannte, Münchner Anwalt, ausgeklügelter Netzwerker und selbstverständlich in der ersten Reihe platziert, lächelt da breit und revanchiert sich mit einer Freundlichkeit: „Es gibt niemanden, der so gut ,Griechischer Wein‚‘ von Udo Jürgens singen kann wie Joachim Herrmann.“ Das tut der CSU-Minister bekanntlich gerne und ausgiebig bei Kostantinidis’ berühmten Benefiz-Weihnachtsessen alljährlich im Restaurant Reitschule. Und so schließt sich der Kreis in einer Stadt, in der König Ludwig I. und Otto von Bayern in ihrer grenzenlosen Griechenland-Liebe hellenistische Kultur und Bauwerke sprießen ließen. Nicht umsonst wird München seit dem 19. Jahrhundert auch Isar-Athen genannt.