EM ohne Fanfeste:Kein Platz fürs Sommermärchen

Die Stadt verzichtet aus Kostengründen auf Großleinwände - Wirte klagen über hohe Gebühren der Uefa.

Christian Rost

Zur Fußball-EM im Juni wird in München nur schwerlich Partystimmung aufkommen: Während andere Großstädte Fanfeste organisieren, ist in München nichts geplant. Public Viewing gibt es nur im Biergarten - wenn überhaupt. Denn die Übertragung der Fußballspiele auf größeren Leinwänden kostet die Wirte eine Stange Geld. Die Uefa verlangt ihnen hohe Lizenzgebühren ab.

EM ohne Fanfeste: Sommermärchen 2006: Fanfest im Olympiapark.

Sommermärchen 2006: Fanfest im Olympiapark.

(Foto: Foto: Robert Haas)

Christian Schottenhamel empfindet es als "Frechheit und Abzocke", was die Vereinigung europäischer Fußballverbände für die Übertragung der Spiele verlangt. 31 Partien laufen während der Europameisterschaft, die vom 7. bis 29. Juni in Österreich und in der Schweiz ausgetragen wird. Für 24 Partien, die der Wirt in seinen Biergärten an der Menterschwaige und im Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz auf Leinwänden zeigen wird, hat er rund 1500 Euro an die Uefa überweisen müssen.

"Der Verband teilt auf seiner Internetseite zwar mit, dass sich Wirte von den Gebühren befreien lassen können, in der Praxis muss dann aber doch jeder bezahlen", empört sich Schottenhamel. Für die Übertragung aller Spiele während der Weltmeisterschaft 2006, die deutlich länger als die EM dauerte, habe er weniger bezahlt, obwohl es noch einige Extras wie das Abo eines Bezahlsenders gratis dazu gegeben habe, so Schottenhamel.

Die Uefa bittet zur Kasse, wenn die Übertragung auf Leinwänden mit einer Diagonale von mehr als drei Metern läuft: Sechs Euro pro Quadratmeter Leinwandfläche und Spiel sind dann fällig.

Bis zu 5500 Euro, so hat Frank-Ulrich John, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG), ausgerechnet, werde den Gastronomen für die Übertragung aller Spiele auf größeren Leinwänden abverlangt.

Für die Wirte werde das Turnier so zum Minusgeschäft: "Die Lizenzgebühren der Uefa erwirtschaftet man nicht, das können sich viele nicht leisten", sagt John. "Wenn die Fußballverbände so weitermachen, können sie ihre Turniere demnächst im stillen Kämmerlein austragen." Jedenfalls rechnet der BHG damit, dass einige Gastronomen auf die Übertragung der EM wegen der hohen Kosten verzichten werden.

Kein Platz fürs Sommermärchen

Karin Eiden, beim BHG für juristische Fragen zuständig, ist von den Vorgaben der Uefa überrascht: "Wir hatten ursprünglich die Information erhalten, dass nur bei spezieller kommerzieller Nutzung, wenn etwa Eintrittsgeld für das Public Viewing erhoben wird, eine Lizenzgebühr anfällt." Nun entstünden offenbar auch dann Kosten, wenn die Spiele rein zur Unterhaltung der Gäste im Biergarten liefen. Der Rechtsanwalt Richard Seifert, Justitiar der Wiesnwirte, wollte im Namen seiner Mandanten bei der Uefa protestieren, wurde aber am Telefon abgewimmelt.

Letztlich erfuhr er aus dem Kleingedruckten der Uefa-Lizenzen, dass die Übertragung auch dann kostenpflichtig sei, wenn Gäste am Veranstaltungsort zum Konsumieren von Speisen und Getränken verpflichtet seien. Für Seifert, der auf die Tradition verweist, wonach man schließlich seine eigene Brotzeit in den Biergarten mitbringen dürfe, ein womöglich anfechtbarer Passus in den Uefa-Vorgaben.

Es sei aber nun zu spät, sich mit dem Verband herumzustreiten, meint der Rechtsanwalt. "Bis man da zu einer Entscheidung kommt, ist die EM gelaufen." Die Uefa könnte bewusst erst kurz vor Beginn der EM mit ihrer Praxis der Lizenzvergabe herausgerückt sein, mutmaßt Seifert.

Bereits früh hat sich die Olympiapark GmbH von der Idee eines PublicViewing-Angebots verabschiedet. Eine Sprecherin bestätigte der SZ, dass es im Gegensatz zur WM "definitiv keine Übertragung und kein Fanfest" geben werde. Es fehlten die Sponsoren für die doch erheblichen Kosten, die mit so einem Event verbunden seien. Man halte sich lediglich die Möglichkeit offen, bei einem Erfolg der deutschen Mannschaft das Halbfinale und das Finale im Olympiastadion zu zeigen.

Auch die Leopoldstraße oder andere geeignete Orte für Public Viewing in München bleiben fußballfrei, obwohl das Bundeskabinett eigens Ausnahmeregelungen beim Lärmschutz für die Dauer der EM erlassen hat. Beim Kreisverwaltungsreferat wurde lediglich ein privates Fanfest an der Rudi-Sedlmayer-Halle angemeldet - für 800 geladene Gäste.

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