Elektroautos: Neue Entwicklung:Mit "Speedway" auf die Überholspur

Elektroautos sind umweltfreundlich, aber in ihrer Reichweite begrenzt. Ein Münchner Designer hat die Lösung: Ein Straßenbelag, der dem Auto Energie liefert.

Steve Przybilla

Die Zukunft der Mobilität entsteht in einem unscheinbaren Haus im Münchner Stadtteil Bogenhausen. Zwischen einem gemütlich lodernden Kaminfeuer, einer Sofa-Ecke und mehreren Flachbildschirmen im Fernsehformat liegt Christian Förgs Diplomarbeit. "Speedway" heißt das Konzept, mit dem der Industriedesign-Absolvent vor einem Jahr an der Hochschule München seinen Abschluss machte. Note: 1,0.

Die Arbeit, die eine Revolution des Elektroautos skizziert, hat sich gelohnt: Inzwischen betreibt der 27-Jährige mit zwei ehemaligen Kommilitonen eine eigene Design-Agentur.

92 Prozent perfekt geeignet

"Der Mensch ist zu bequem, um seine Gewohnheiten einfach so zu ändern", lautet das nüchterne Fazit, das Förg während seiner Diplomarbeit gezogen hat. "Öffentliche Verkehrskonzepte können noch so ausgereift sein - solange der Ölpreis nicht unglaublich steigt, werden die wenigsten ihr lieb gewonnenes Auto aufgeben."

Förg hat berechnet, dass 92 Prozent der täglichen Autofahrten unter 100 Kilometern liegen und damit perfekt für Elektroautos geeignet wären. Nur: "Die Leute wollen das Potential. Und die Wunderbatterie wird es auch in naher Zukunft nicht so schnell geben."

Die Alternative: ein Elektroauto, das sich in zwei Modi bewegen kann. Zum einen in der Stadt, mittels Elektromotor, zum anderen auf dem "Speedway" - eine Autobahn, auf der ein elektromagnetisches Feld das Fahrzeug antreibt und die Batterie gleichzeitig auflädt.

"Eine überschaubare Summe"

Das Ganze geschieht über einen Linearmotor, wie er etwa bei Magnetschwebebahnen längst genutzt wird. "Da die Linearmotoren unter der Autobahnoberfläche sind, wird niemand verprellt. Auch normale Autos mit Benzinmotor können weiter auf der Strecke fahren", so Förg. Und: "Die Kosten wären nicht besonders hoch."

Die Umrüstung einer bestehenden Autobahn, schreibt Förg in seiner Diplomarbeit, koste etwa 8,5 Millionen Euro. Ein Kilometer "normale" Autobahn koste im Vergleich zwischen sechs und zwölf Millionen Euro. "Eine überschaubare Summe", findet Förg, "zumal die Fahrbahndecke wegen Sanierungen ohnehin häufig aufgefräst werden muss."

Auf der nächsten Seite: Das neueste Projekt der jungen Designer: Ein Gerät, dass die Lautstärke beim Öffnen einer Bierflasche misst.

Nach dem Elektroauto kommt das Plopp-o-Meter

Der Mann, der dem Diplom-Industriedesigner für diese Idee eine 1,0 ausstellte, glaubt an eine Umsetzung. "Das ist eine echte Alternative zu den Luftschlössern, die viele andere Studenten bauen", sagt Othmar Wickenheiser, Automobildesigner und Professor für Transportation Design an der Hochschule München. "Ich glaube an das Speedway-Konzept und habe die Diplomarbeit von Anfang an unterstützt, weil sie eine Vision in eine realistische Planung überführt."

Geplant wird auch jenseits des Speedway. In der Design-Agentur "Lumod" hat sich Förg mit seinen Studienfreunden Matthias Nirschl und Wanja Steinmaier zusammengetan. Die Autoindustrie gehört inzwischen zu den Kunden der drei jungen Männer, die schon während des Studiums durch diverse Design-Projekte Geld hinzuverdient haben.

Das Plopp-o-Meter

"Andere gehen kellnern, wir haben eben diesen Job gemacht." Eine Investition, die sich gelohnt hat: Aus ihrem Semester waren Christian Förg und seine Freunde nach eigenen Angaben bisher die Einzigen, die sich nach dem Studium selbständig gemacht haben.

Ihr neustes Projekt: das Plopp-o-Meter. Die inzwischen patentierte Eigenentwicklung sieht aus wie ein Feuerzeug und misst die Lautstärke beim Öffnen einer Flasche Bier - ein Partygag, den die Designer gerne an die Getränkeindustrie verkaufen wollen. "Die Verhandlungen laufen schon", so Christian Förg. Näheres wolle man noch nicht verraten.

Extrem viele Rückmeldungen

Ob bald schon die ersten Elektroautos über den Speedway brausen, weiß der kreative Erfinder indes noch nicht. "Es gibt extrem viele positive Rückmeldungen", sagt Förg. Der große Wurf ist bislang ausgeblieben: Weder die Politik noch die großen Fahrzeughersteller haben die Idee angepackt.

"Ich hätte kein Problem damit, wenn man mir das Thema wegschnappt", sagt der Industriedesigner. "Das umzusetzen, wäre für mich allein sowieso zu groß. Lieber ist es mir, dass sich in der Verkehrsplanung, in der bisher die Autoindustrie den Ton angibt, grundsätzlich etwas ändert."

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