Eklat im Prozess um Terrorhelfer:Verteidiger fordern Austausch der Ankläger

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Die Anwälte sind Mitspieler bei einer Gerichts-Soap und fielen schon mehrfach durch spektakuläre Aktionen auf.

Stephan Handel

Schwere Vorwürfe gegen die Vertreter der Bundesanwaltschaft im so genannten Terrorhelfer-Prozess: Die Verteidiger des Angeklagten Farhad A. bezichtigen die Anklagevertreter, im Irak unter Folter zustande gekommene Aussagen im Prozess zu verwenden, und fordern nun einen Austausch der Bundesanwälte.

Seit Juni 2006 verhandelt das Oberlandesgericht gegen die beiden Iraker Dieman I. und Farhad A. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu sein, nämlich des irakischen Terror-Netzwerks Ansar al Islam. Das sollen sie unterstützt haben, indem sie in Deutschland Geld sammelten und es der Organisation zur Verfügung stellten.

Den beiden Angeklagten droht eine Höchststrafe von zehn Jahren. Wie in Staatsschutz-Prozessen vorgeschrieben, wurde die Anklage von der Generalbundesanwaltschaft erhoben, drei Vertreter der Karlsruher Behörde sitzen in den Verhandlungen.

Und die drei sind es, mit denen, so Verteidiger Stephan Lucas, "wir keine Sekunde länger zu tun haben wollen". Am Mittwochnachmittag ging ein Fax an Generalbundesanwältin Monika Harms in Karlsruhe, in dem die Verteidiger - neben Lucas sein Kollege Christian Vorländer - den Bundesanwälten "blanken Zynismus, Voreingenommenheit und fehlende Objektivität" vorwerfen.

"Die oberste deutsche Anklagebehörde lässt es zu", sagt Christian Vorländer, "dass Personen als Belastungszeugen auftreten, die unter dem Verdacht stehen, selbst Foltermethoden zur Erpressung von Geständnissen angewendet zu haben. Das darf nicht sein."

Spektakuläre Vorwürfe

Die Anwälte treten beide als Schauspieler in der Fernsehserie "Richter Alexander Hold" auf SAT1 auf und sind bei diesem Prozess im wahren Leben schon mehrmals durch überraschende Vorstöße aufgefallen - etwa durch ihren Antrag, den irakischen Staatspräsidenten als Zeugen zu laden. Spektakulär sind auch die Vorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft: Bei der Zeugenvernehmung von Jaza A., eines irakischen Geheimdienst-Mitarbeiters, sei klar geworden, dass dieser Geheimdienst seinen Gefangenen "elementare Beschuldigtenrechte verwehrt habe".

Auch der Zeuge Lokman A., der im ersten deutschen Terrorhelfer-Prozess Anfang 2006 selbst zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war und sozusagen als "Kronzeuge" der Anklage auftrat, habe von grausamen Folterungen und Misshandlungen an Gefangenen in irakischen Gefängnissen berichtet.

Dennoch, so die Vorwürfe weiter, würden sich die Anklagevertreter weigern, "diesen klaren Hinweisen nachzugehen, um auszuschließen, dass durch Folter gewonnene ,Erkenntnisse' Eingang in das Verfahren finden". Ein Staats- oder Bundesanwalt ist verpflichtet, "auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln", wie es in der Strafprozessordnung heißt.

Er kann jedoch nicht, wie zum Beispiel ein Richter oder sogar ein Dolmetscher, wegen Befangenheit abgelehnt werden. Deshalb ging der Antrag der beiden Münchner Anwälte an die Vorgesetzte der Anklagevertreter und wurde nicht wie ein Befangenheitsantrag im Prozess eingebracht. Dort soll stattdessen am heutigen Verhandlungstag beantragt werden, das Verfahren bis zur Entscheidung zu unterbrechen - was sich anbieten würde, weil sowieso eine längere Pause vorgesehen ist und erst im März weiterverhandelt werden soll.

Stephan Lucas und Christian Vorländer wollen in der heutigen Aktion "auf keinen Fall einen persönlichen Feldzug" gegen die Bundesanwälte sehen. "Aber", sagt Stephan Lucas, "wir brauchen vernünftige Leute auf der anderen Seite." Die Bundesanwaltschaft gab bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe keine Stellungnahme ab.

© SZ vom 1.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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