Süddeutsche Zeitung

Einzelhandel:So verändert sich die Münchner Innenstadt

  • In München können Traditionsgeschäfte in der Innenstadt gegen große Ketten bestehen. Das zeigt eine Studie des Immobilienverbandes Deutschland Region Süd.
  • Die Studie zeigt auch, dass sich München immer mehr zu einer gleichförmigen Innenstadt wandelt.
  • Doch es gibt auch stabile Ecken wie den Marienplatz oder die Kaufingerstraße.

Von Pia Ratzesberger

Kein Teil einer Stadt ist wohl wichtiger als ihr Kern. Ob Bewohner und Besucher eine Stadt achten, entscheidet sich immer auch im Zentrum. Am Marienplatz, in der Kaufingerstraße, in der Sendlinger Straße, im Tal. Dort, wo sich so viele Geschäfte aneinanderreihen wie sonst nirgends, wo die meisten Touristen die Schaufenster entlanggehen und wohin die Einheimischen stets wieder zurückkehren.

Eine Stadt wie München ist vor allem stolz auf ihre Traditionsgeschäfte, auf ein Kaufhaus wie Ludwig Beck oder einen Herrenausstatter wie Hirmer, einer neuen Studie des Immobilienverbandes Deutschland Region Süd (IVD) zufolge können auch gerade die gegen die mächtigen Ketten bestehen - andererseits aber verwandele sich auch München immer mehr zu einer gleichförmigen Innenstadt.

In der bayerischen Landeshauptstadt liegen die Ladenmieten so hoch wie nirgendwo sonst in Deutschland, auch deshalb drängen internationale Unternehmen in die Geschäfte, da sie diese Preise eher zahlen können. Die Sendlinger Straße zum Beispiel hat sich dem IVD zufolge in den vergangenen zehn Jahren so stark verändert wie kaum eine andere der großen Einkaufsstraßen, in 62 Läden seien mittlerweile andere Mieter einzogen, heißt es in der Studie - das sind fast drei Viertel der Geschäfte dort (siehe Grafik).

Vor allem Filialisten sind auf dem Vormarsch. Lag deren Anteil 2005 noch bei etwa der Hälfte aller Geschäfte, macht er heute 78 Prozent aus, neu hinzukam zum Beispiel das Modegeschäft And Other Stories, das zum schwedischen H&M Konzern gehört oder eine Filiale des amerikanischen Herstellers Abercrombie&Fitch.

Den hohen Anteil führt der IVD unter anderem auf die neue Hofstatt zurück, die Einkaufspassage zwischen Färbergraben und Sendlinger Straße. Doch auch die neue Fußgängerzone verändere die Straße, denn dass seit Juli dieses Jahres erst einmal keine Autos mehr fahren, ziehe die großen Ketten an.

Auch andernorts in der Innenstadt hat sich viel getan, in der Residenzstraße etwa, dort hätten in den vergangenen zehn Jahren 16 Geschäfte gewechselt, in der Theatinerstraße ebenfalls 16. Kleine Läden werden es in den kommenden Jahren immer schwerer haben, warnt der Verband, vor allem wenn ihnen die Räume nicht selbst gehören. Die Miete pro Quadratmeter lag in der Kaufingerstraße zuletzt bei 365 Euro, in der Neuhauser Straße bei 340 Euro und in der Sendlinger Straße bei 205 Euro.

Trotzdem will man von solchen Warnungen beim Verein City Partner, dem Zusammenschluss verschiedener Unternehmen aus der Innenstadt, nichts hören. Man habe doch immer noch genügend alteingesessene Geschäfte in der Stadt, sagt Wolfgang Fischer, Geschäftsführer des Vereins.

München würde ohne Apple und Louis Vuitton ja auch etwas fehlen, aber alleine im Umfeld der Sendlinger Straße etwa gebe es doch noch immer den ehemaligen Hofsattler Marstaller, das Schuhgeschäft Tretter oder den Jeansladen Kaltenbach. In München würden sich doch selbst die Kleineren halten, die Spezialisierten wie zum Beispiel der Künstlerbedarf Schachinger oder das Einrichtungshaus Böhmler im Tal. "Wer durch die Straßen in der Innenstadt geht, der kann die Conclusio des Verbandes nicht verstehen."

Auch die großen Ketten haben in der Innenstadt nicht immer Erfolg

Die Gegenden, in denen sich der Studie zufolge nur wenig verändert hat, sind unter anderem der Marienplatz oder die Kaufingerstraße - in letzterer zum Beispiel sind in den vergangenen zehn Jahren nur an sieben Läden die Schilder ausgetauscht worden, in der Rosenstraße waren es gerade einmal zwei. Die Neuhauser Straße wandelt sich ebenfalls nur langsam, dort hat sich zuletzt gezeigt, dass auch die großen Ketten in der Innenstadt nicht immer Erfolg haben.

Das Modeunternehmen Forever 21 zog vor drei Jahren ins Joseph-Pschorr-Haus, auf 6800 Quadratmeter verkaufte es dort Shirts und Pullover zu Niedrigpreisen, doch das Sortiment lockte die jungen Münchner nicht. Nach nur zwei Jahren schloss man die Filiale wieder, mittlerweile ist TK Maxx eingezogen, eine Firma aus Großbritannien, die Kleidung von Designer Labels zu günstigeren Preisen vertreibt.

Nicht die großen Filialen zeichnen die Innenstadt aus, sagt Josef Schmid (CSU), Zweiter Bürgermeister und Leiter des Wirtschaftsreferates, sondern immer noch die eigentümergeführten Geschäfte. Er traf sich vor Kurzem mit den Vertretern der sogenannten Ersten Häuser, unter diesem Namen haben sich Hirmer, Schuster, Kustermann, Bettenrid und Kaut-Bullinger zusammengeschlossen.

Schmid will die Läden bei ihrer Kampagne unterstützen, überhaupt rät er allen Münchner Geschäften mit dem "lokalen Pfund zu wuchern", gerade gegenüber den Touristen. Denn was diese Läden verkaufen, das kriege man nun einmal nur hier.

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SZ vom 30.11.2016/amm
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