Einzelhandel:Hilfe, die Russen kommen nicht!

Münchner Maximilianstraße

Ein orangefarbener Lamborghini auf der Maximilianstraße: Münchens Luxusimage lockt eigentlich viele Touristen aus Russland in die Stadt.

(Foto: dpa)

Touristen aus Moskau und Sankt Petersburg gehören zu den wichtigsten Kunden Münchner Hoteliers und Einzelhändler. Wegen der Ukraine-Krise und dem schlechten Rubel bleiben sie aus - das hat gravierende Folgen.

Von Katja Riedel

Zwischen der Neuhauser Straße in München und der Kiewer Innenstadt liegen gut 1400 Kilometer. Trotz dieser Entfernung hat die Ukraine-Krise in den vergangenen Monaten in der Münchner Innenstadt vieles verändert. Denn die Händler - vor allem jene, die teure Bekleidung, Uhren oder Schmuck verkaufen - vermissen plötzlich ihre kauffreudigsten und zuverlässigsten Kunden: die Russen. Neben Chinesen und arabischen Touristen sind sie inzwischen die wichtigste Zielgruppe unter den für den Innenstadthandel so wichtigen ausländischen Kunden.

Der Krieg und die internationalen Sanktionen belasten den russischen Rubel, die Währung ist seit Monaten auf Talfahrt. Während russische Touristen zuvor teure Markenkleider in München um ein Fünftel günstiger kaufen konnten als etwa in Moskau, sparen sie inzwischen auch trotz steuerfreien Einkaufs so gut wie nichts mehr. Und München ist so als Shopping-Stadt für sie unattraktiver geworden, zudem sank die Reisefreude auch aufgrund der politischen Umstände.

Die Russen setzen am meisten um

Das merken in München nicht nur die Händler, sondern auch die Hoteliers: Vor allem im April und Mai brachen die Übernachtungszahlen geradezu ein, um 14 und 22 Prozent gegenüber den Vorjahresmonaten, ist der offiziellen Beherbergungsstatistik zu entnehmen. Während im Juni wieder etwas mehr russische Touristen kamen, zeigte der Juli wieder ein Minus von etwa sieben Prozent. Auch aus der Ukraine selbst kamen sehr viel weniger Besucher in die bayerische Landeshauptstadt.

"In der Tat ist das eine Situation, die uns Sorgen bereitet", sagt Wolfgang Fischer von Citypartner, einer Organisation von Innenstadthändlern und Gastronomen. Besonders hart treffe es den Premiumbereich, hier hört Fischer derzeit viele Klagen. "Wir beobachten die Lage, etwas dagegen unternehmen können wir natürlich nicht", sagt Fischer. Man hoffe allein darauf, dass sich die politische Lage bald wieder stabilisiere und der Rubel dann erhole. Wie stark die Verluste am Ende sein werden, wird erst die Wintersaison zeigen: Dann erst kommen eigentlich besonders viele russische Touristen.

Doch viele Münchner Geschäftsleute glauben nicht mehr daran, die Verluste noch wettmachen zu können. "Araber und Chinesen können nicht kompensieren, was wir bei den russischen Kunden verloren haben", heißt es in einem der großen Münchner Warenhäuser des gehobenen Segments. Wie wichtig die russischen Gäste tatsächlich sind, zeigt eine aktuelle Statistik des Unternehmens Global Blue. Dieses wertet jährlich weltweit 35 Millionen Käufe aus, bei denen Touristen sich die Mehrwertsteuer erstatten lassen. Demnach sind Russen im vergangenen Quartal für 30 Prozent aller steuerfreien Einkäufe in München verantwortlich.

In den zurückliegenden drei Monaten haben die russischen Besucher dabei in München 17 Prozent weniger Geld ausgegeben als im Vorjahreszeitraum, deutschlandweit sind es zwölf Prozent weniger. Das trifft vor allem Händler, die Kleidung verkaufen, dafür geben russische Kunden in Deutschland nämlich fast zwei Drittel ihres Geldes aus. Mit zuletzt 279 Euro haben Russen zwar pro Kopf immer noch viel umgesetzt, jedoch gut 60 Euro weniger als vor der Krise.

München und Berlin sind bisher für russische Touristen die attraktivsten deutschen Einkaufsstädte, das größte Wachstum zeigt jedoch Dresden. In Stuttgart, Hamburg, Köln und Frankfurt gingen die Umsätze zuletzt sogar noch deutlicher zurück als in München. Das Phänomen trifft nicht nur deutsche Städte. In Wien, wo es historisch enge Verbindungen nach Osteuropa gibt, sanken die Umsätze um insgesamt 17 Prozent, genau wie in München. Gar um ein Drittel gingen sie in Salzburg zurück. In ganz Deutschland, so auch Global Blue, entwickelten sich derzeit zwar die Tourismuszahlen aus China und den arabischen Staaten positiv - kompensieren könnten sie die Ausfälle jedoch nicht.

Die Münchner Tourismus-Chefin Geraldine Knudson setzt darauf, dass sich die Besucherzahlen wieder stabilisieren. "Es gab einen Rückgang, massiv ist dieser aber noch nicht", sagt sie. Auch Hoteliers, die besonders viele Russen beherbergen, sähen derzeit keine Stornierungswelle. Die Stadt werbe in Russland ohnehin für Reisen nach München, verstärken will die Landeshauptstadt ihre Bemühungen dort derzeit aber nicht.

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