Einsparungen:Im Klinikum bleibt die Küche kalt

Krankenhaus Kantine

Künftig soll das Essen für das Stadtklinikum von einer Fremdfirma kommen. (Im Bild die Kantine eines Hamburger Krankenhauses)

(Foto: picture-alliance / dpa)
  • Das Stadtklinikum ist finanziell schwer angeschlagen - jetzt sollen die Kosten für die Verpflegung der Kranken sinken. Künftig sollen private Firmen die Patienten verköstigen.
  • Insgesamt sollen 400 Stellen gestrichen werden.
  • Allerdings: Das strenge EU-Recht könnte die Pläne zunichte machen.

Von Dominik Hutter

Das finanziell angeschlagene Stadtklinikum will sich künftig von Privatfirmen mit Essen beliefern lassen. Das überarbeitete Sanierungskonzept sieht vor, die bislang noch hauseigenen Küchen an sämtlichen Standorten zu schließen und stattdessen Externe zu beauftragen. Betroffen sind etwa 180 Mitarbeiter; dazu kommen zahlreiche Pförtner, Boten und Hausmeister, deren Aufgaben Klinik-Chef Axel Fischer ebenfalls fremdvergeben will.

Im Rathaus gibt es Überlegungen, insgesamt bis zu 400 Mitarbeiter, deren Stellen eingespart werden sollen, auf Kosten der Stadt weiterzubilden und in andere Jobs in der Verwaltung oder im Klinikum weiterzuvermitteln. Das klappt allerdings nur, wenn die EU ihre bislang sehr strikten Vorgaben für kommunale Zuschüsse lockert. Erste Anzeichen dafür gibt es.

Personal und Kosten einsparen

Mit der Fremdvergabe will die Klinik ihre Personalkosten reduzieren. Sie ist Teil eines bereits vom Stadtrat abgesegneten Plans, beinahe jeden vierten Arbeitsplatz in dem kommunalen Unternehmen einzusparen. Statt der derzeit knapp 6400 Vollzeitstellen soll es nur noch 4900 geben. Am Mittwoch kommender Woche will der Stadtrat nun das detaillierte und überarbeitete Sanierungskonzept diskutieren.

In die Sparliste neu aufgenommen wurden Küchen und Hausdienste, da sie nicht als Teil des Kerngeschäfts gelten. Vor allem das Kochen im eigenen Haus würde in den kommenden Jahren hohe Kosten verursachen: Die Küchen müssten für 16 Millionen Euro modernisiert werden.

Das Rathaus will Kündigungen vermeiden

Nach SZ-Informationen gehen die Klinik-Experten davon aus, den Stellenabbau zu etwa drei Vierteln über die natürliche Fluktuation zu meistern, also über Ruhestand, das Auslaufen befristeter Verträge und freiwillige Kündigungen. Für bis zu 400 Vollzeitstellen muss eine andere Lösung gefunden werden - darunter fallen unter anderem das Küchenpersonal und die Hausdienste.

Da die Rathaus-Mehrheit betriebsbedingte Kündigungen vermeiden will, gibt es den Plan einer "Qualifizierungseinheit", die zur Entlastung des Klinik-Etats aus dem städtischen Haushalt finanziert werden soll und einen hohen zweistelligen Millionenbetrag kosten könnte.

Schwieriges EU-Recht

Ganz risikofrei ist diese Idee nicht, das räumt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl offen ein. Denn bislang steckte die Stadt bei Finanzhilfen fürs Klinikum in einem engen Korsett: Um nicht gegen das EU-Beihilferecht zu verstoßen, musste sie nachweisen, dass auch ein Privater zur gleichen Investition bereit gewesen wäre (Private Investor Test). Nun will die EU-Kommission anscheinend die Zügel lockern.

Uwe Alschner vom Interessenverband kommunaler Krankenhäuser geht davon aus, dass damit Zuschüsse der Stadt auch ohne Private Investor Test möglich werden. Im Rathaus ist man allerdings noch skeptisch, ob die EU tatsächlich einen solchen Rückzieher hinlegt. Falls alles beim Alten bleibt, kann die "Qualifizierungseinheit" nicht gegründet werden - eine Finanzierung durch das Klinikum selbst ergäbe keinen Sinn.

Was dann passiert, ist unklar. Angesichts der Finanzmisere des Klinikums führt für CSU-Gesundheitssprecher Hans Theiss am Personalabbau aber kein Weg vorbei: "Wir müssen deutlich runter."

Geschäftsführer wollen die Löhne drosseln

Auch den verbleibenden Mitarbeitern stehen Einschnitte bevor. Die Geschäftsführer wollen mit den Gewerkschaften über einen Sanierungstarifvertrag mit abgesenkten Löhnen verhandeln. "Problematisch" sei das, warnt Grünen-Fraktionschef Florian Roth, schließlich müsse je nach Lohngruppe und Berufsbild individuell verhandelt werden. Roth ist verwundert, dass dies bislang nicht geschehen ist: "Die Fragestellung hatten wir doch schon kurz vor der Wahl."

Seit der Gründung der Klinik-GmbH im Jahr 2005 hat die Stadt bereits mehrere hundert Millionen Euro in das Unternehmen gepumpt, zu dem die Krankenhäuser Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach, Schwabing und Thalkirchner Straße gehören. 2012, noch unter dem Eindruck des Hygieneskandals, überwies sie der von der Insolvenz bedrohten Tochter erstmals 200 Millionen Euro zur Erhöhung des Eigenkapitals. Dazu kommt ein Investitionszuschuss von 127 Millionen Euro, aus dem das Klinikum bislang aber erst knapp 60 Millionen abgerufen hat, wie aus dem Rathaus zu hören ist.

Hohe Kosten für Bauarbeiten

2014 sagte die Kämmerei weitere 382 Millionen zu. Zudem hat die Stadt die Kosten für den Betrieb der ambulanten Notaufnahmen übernommen, rund acht Millionen Euro pro Jahr.

Auf etwa 700 Millionen Euro werden allein die Bauarbeiten an den Klinikgebäuden geschätzt, die in den kommenden Jahren anstehen. Sie werden von Stadt und Freistaat gemeinsam finanziert. Den Anfang macht der Neubau der Schwabinger Kinderklinik, der Mitte 2016 starten soll.

Stadt wird Blutspendedienst nicht los

Wer kauft ein Unternehmen, das möglicherweise demnächst seinen Hauptkunden verliert? Keiner. Und deshalb hat das städtische Klinikum derzeit Probleme, seinen defizitären Blutspendedienst loszuwerden. Denn dessen wichtigster Abnehmer ist bislang das Mutterunternehmen selbst - und das müsste nach einem Verkauf die eigene Versorgung mit Blutkonserven neu ausschreiben. Wer zum Zuge kommt, ist dabei offen. Vor diesem Hintergrund ist es nach SZ-Informationen unmöglich, den Blutspendedienst zu einem akzeptablen Preis und mit fairen Konditionen vor allem für die Mitarbeiter zu verkaufen. Noch im Juni hatte Stadtkämmerer Ernst Wolowicz über Verhandlungen mit drei ernsthaften Interessenten berichtet.

Das Dilemma wollen Rathaus und Klinikum nun mit einem Kniff umgehen: Blutversorgung und Blutspendedienst werden gemeinsam ausgeschrieben - wer den Zuschlag für Blutlieferungen ans Stadtklinikum erhält, bekommt den Blutspendedienst gleich mit. Das Modell ist Teil des großen Klinik-Beschlusses, den die Vollversammlung des Stadtrats am kommenden Mittwoch in der letzten Sitzung vor der Sommerpause treffen soll.

Der städtische Blutspendedienst fährt seit Jahren Defizite ein - was sich Klinik-Chef Axel Fischer schon wegen der Finanzmisere im Mutterunternehmen nicht auf Dauer leisten will. Besonders teuer wird es im kommenden Jahr: Dann muss der Dienst sein bisheriges Domizil im Gesundheitshaus an der Dachauer Straße räumen. Das Gebäude wird abgerissen. Wegen der komplexen Technik und verschärfter Hygieneanforderungen kostet der Umzug eines Blutspendedienstes bis zu 15 Millionen Euro. dh

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