Münchens Polizisten kann so schnell nichts aus der Fassung bringen. Das zeigte sich zuletzt wieder am Sonntag, als ein Unfallfahrer die Beamten durch authentisches Wiehern davon überzeugen wollte, dass er in Wirklichkeit ein Pferd sei. Beim Blick auf die Polizeimeldungen des Jahres 2015 zeigt sich, dass den Ordnungshütern nichts Menschliches - und auch beileibe nichts Tierisches - fremd ist. Ein kleiner Überblick nach Sparten.
Superhelden
Der Täter kam am späten Abend in den Schnellimbiss. Er wollte aber kein Sandwich, sondern Geld. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, bedrohte er eine Angestellte mit einem Teppichmesser. Die Beschreibung, die sie von dem Räuber machen konnte, war exakt und vage zugleich: Auf dem Kopf hatte der Mann eine Spider-Man-Maske. Es ist ohnehin merkwürdig, dass schlimme Buben (und Mädchen) gerne im Superhelden-Kostüm unterwegs sind. Wo doch Batman und Co. eigentlich immer für das Gute, Wahre und Schöne kämpfen. Schon mal von einem Verbrecher im Joker-Kostüm gehört?
Zumindest eine Diebin gab es jedoch, die an Batmans Gegenspielerin (und Gspusi) Catwoman erinnerte. Die 31-Jährige klaute zusammen mit ihrem Begleiter in einem Westend-Hotel einem anderen Gast einen Laptop. Die Frau trug eine Mütze mit Katzenohren.
Ein 22-jähriger Franzose fand Eingang in den Pressebericht der Ebersberger Polizei (soviel Blick über die Stadtgrenzen muss an dieser Stelle erlaubt sein), weil er zeigen wollte, was ein Superheld so alles drauf hat. Im Superman-Kostüm flog er davon - durchs Plastikfenster eines Festzelts. Auf dem Planeten Krypton wäre es vermutlich eine Heldentat gewesen, auf der Erde wurde die Aktion als Sachbeschädigung eingestuft.
Und auch wenn es nicht ganz in die Rubrik Superhelden passt: Ein 44-Jähriger wollte es an einem warmen Sommerabend dem streitbaren Filmpfarrer Don Camillo nachtun. Wie jener bei der Abwehr gottloser Kommunisten griff auch der Italiener zum Holzkreuz. Mit dem heiligen Gegenstand schlug er dann allerdings das Inventar der Bahnhofsmission kaputt. Nicht sehr heldenhaft.
Wilde Tiere
"Triebfahrzeugführer meldet eine Riesenschildkröte im Gleis zwischen Schwabhausen und Bachern." Der Funkspruch, der die Bundespolizei im April erreichte, war kein Scherz. Die Riesenschildkröte spazierte tatsächlich auf den Gleisen. Sie war immerhin 40 Zentimeter lang und 20 Kilogramm schwer. Aber eine Einzelgängerin, kein Herdentier.
Ein solches ist das Kamerunschaf. Die Besatzung eines Bundespolizei-Helikopters entdeckte auf den Schienen bei Gröbenzell gleich zwölf Tiere dieser Gattung. Das dreizehnte hatte Pech gehabt, weswegen die Strecke gesperrt worden war.
Rotkopfschaf Rosi erlebte dagegen nach seinem unfreiwilligen Ausflug ins Rotlichtmilieu ein Happy-End. Das von der Mutter verstoßene Flaschenkind verschwand eines Tages aus dem Nürnberger Zoo. Ein ehemaliger Schäfer, der inzwischen als Frau unter dem Künstlernamen Nora einer neuen Profession als Prostituierte nachging, hatte Rosi eingepackt. Wenig später tauchte das Tier wieder auf: mit Nora in einem Bordell in München-Pasing. Nora hatte das Schäfchen in ihrem Zimmer untergebracht und es auf den Namen "Birke" getauft. Dann kam die Razzia der Polizei. Rosi/Birke kam erst zur Kripo und dann in Obhut des Tierschutzvereins. Die Menschen dort nannten das Tier "Hurz". Und weil Radio und Zeitungen über den Fall berichteten, erfuhr auch der Nürnberger Zoo davon. Und so kam Rosi/Birke/Hurz wieder zurück zu ihrer Herde. Im Zuge der Recherche zu dieser Geschichte war übrigens zu erfahren: Die meistgeklauten Zootiere sind Pinguine.
Es war ein bedrohliches Brummen, das ein Münchner im Oktober aus dem Schlafzimmer seiner Frau hörte. Die alarmierten Polizeibeamten gingen bei ihrem nächtlichen Einsatz entsprechend vorsichtig vor. In einer Kommode fanden sie das Corpus delicti - einen elektrischen Vibrator, der sich offensichtlich selbständig gemacht hatte.
In einem Münchner Bahnhofsklo eingesperrt hatte sich im Juni ein 38-jähriger Brite. Eine Stunde lang mühte er sich ebenso redlich wie erfolglos, sich aus seiner Zwangslage zu befreien. Offenbar hatte sich das Türschloss verklemmt. Als der Mann in Panik geriet und Atemprobleme bekam, griffen die Bundespolizisten auf der anderen Seite der Kabine zum letzten Mittel - sie traten die Tür ein.
Immerhin noch eine Unterhose hatte ein Nikolaus an, der Anfang Dezember über den Wintermarkt am Flughafen spazierte. Sonst aber nur noch eine rot-weiße Mütze. Für seine Aktion erntete er einen Platzverweis. Vielleicht, weil er kein goldenes Buch dabei hatte?
Gefährliche Artefakte
Im Oktober musste sich die Polizeiinspektion Neuhausen selbst evakuieren. Eine 53-jährige Frau war auf der Wache erschienen und hatte auf den Tresen gepackt, was ihr Vater ihr als Wohnzimmerdekoration hinterlassen hatte: eine 8,8-Zentimeter-Flakgranate und eine Handgranate aus dem Ersten Weltkrieg. Es dauerte, ehe Entwarnung gegeben werden konnte: Die Waffen waren bereits entschärft.
Einen Großeinsatz löste auch ein Fund im Wald südlich von Grünwald aus: Schwammerlsucher hatten einen eingeschlagenen Schädel gefunden. In der Nähe lagen ein Tarnnetz sowie Teile einer Grableuchte. Daraufhin wurden das Waldgebiet als vermutlicher Tatort großräumig abgesperrt und die Mordkommission verständigt. Die Spurensicherung aber gab Entwarnung: Der Schädel war aus Plastik. In der Nähe wurde eine Schatztruhe gefunden. Geocacher hatten die Artefakte versteckt - als Ziel einer Schnitzeljagd für Erwachsene, die sich mit Handy und GPS-Daten von Station zu Station vorarbeiten.
Echt waren dagegen die Gebeine, die Bundespolizisten mit Hilfe ihres Spürhundes Jupp erst dieser Tage in vier Taschen auf dem Hauptbahnhof entdeckten: Hühnerknochen, Fischgräten, Rinderknochen. Es roch nicht gut. Doch die schließlich ausfindig gemachte Besitzerin hatte alles ordnungsgemäß in Südtirol gekauft. Deshalb durfte sie auch die Weiterfahrt antreten - mit den duftenden Taschen. Jupp bekam keinen Knochen ab. Aber irgendwer irgendwo freut sich wohl schon auf einen ganz besonderes Weihnachtsgeschenk.