Einsatz für das Miteinander:Wider den Egoismus

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In den Neujahrspredigten geht es um Mitgefühl und Solidarität

Von Jakob Wetzel

Münchens führende Kirchenvertreter haben zum Jahreswechsel vor Egoismus gewarnt und die Menschen dazu aufgerufen, sich weiterhin für ein gutes Miteinander einzusetzen. Die Gesellschaft kreise immer mehr um Einzelinteressen, sagte Kardinal Reinhard Marx, der Erzbischof von München und Freising, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, in seiner Jahresabschlusspredigt am Samstag in der Münchner Frauenkirche. Doch nur an sich selbst zu denken, sei ein Weg in die Sackgasse. "Wenn das einzige Ziel der Einzelnen und Gruppen die Absicherung des eigenen Lebens und Wohlstandes ist, wie kann das noch zu einer gemeinsamen Kultur werden?"

Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl sagte Marx, die Politik könne es den Menschen nicht abnehmen, sich für das Gute einzusetzen. Dabei solle man sich auch von Widerständen nicht entmutigen zu lassen: "Mutlose und müde Christen, sind das Letzte, was diese Gesellschaft und unser Land im neuen Jahr brauchen kann." Marx plädierte dafür, sich auf den gesunden Menschenverstand zu verlassen. Er befähige einen dazu, "wahr und falsch auseinanderzuhalten, uns von Manipulation und Vorurteilen zu befreien, eben selber zu denken und unser Gewissen zu befragen."

Der evangelisch-lutherische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der als Ratsvorsitzender an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland steht, forderte in seiner Neujahrspredigt ebenso mehr Solidarität und Mitgefühl. Deutschland sei wohlhabend und müsse andere teilhaben lassen, sagte er laut Manuskript im Berliner Dom. Dabei helfe ein christlich-realistischer Blick auf den Menschen. Der bewahre nicht nur "vor dem Traum des Übermenschen", sondern auch davor, andere zu dämonisieren.

Bedford-Strohms Ständige Vertreterin, die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, rief in ihrer Neujahrspredigt in der Münchner Matthäuskirche dazu auf, den Ellbogeneinsatz und das Misstrauen zu überwinden und sich ein "warmes, achtsames Herz" zu erhalten. Autonomie und Unabhängigkeit seien nicht alles, sagte sie; Menschlichkeit liege in einem großen Herzen. "Unser Herz sollte denen gehören, die krank sind, sterbenskrank oder dement", Strafgefangenen, die sich bessern wollten, Kindern und Frauen, die Schutz suchten, und Bedürftigen, "die ein Dach über dem Kopf nötig haben, genauso wie Essen und Trinken".

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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