Eine Gemeinde im Fieber:Mitmachen erwünscht

Eine Gemeinde im Fieber: Die integrative Band Route Rockers ist ein Projekt des Haarer Jugendzentrums Route 66, das ein inklusives Festival plant.

Die integrative Band Route Rockers ist ein Projekt des Haarer Jugendzentrums Route 66, das ein inklusives Festival plant.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das Zamma-Festival des Bezirks findet heuer in Haar statt

Von bernhard Lohr, Haar

Wenn Franz Meier-Dini mit dem Lkw vorfährt und die Ladewand runterklappt, dürften in den Klassenzimmern schon einige nervös auf ihren Stühlen hin- und herrutschen. Spätestens aber in dem Moment, in dem der Gitarrist in die Saiten greift, wird es keinen mehr im Schulhaus halten. Der Leiter des Jugendzentrums Route 66 in Haar fördert seit Jahren die Musikszene und hat schon vielen Bands auf die Bühne geholfen. Beim Zamma-Kulturfestival des Bezirks Oberbayern fährt er in der Schulpause mit der Rolling-Stage an der Mittelschule und am Ernst-Mach-Gymnasium (EMG) vor und bringt die Bands auch noch zu ihrem Publikum.

Eine Woche lang wird von Samstag, 1. Juli, bis Samstag, 8. Juli, in Haar gefeiert, getanzt und dabei vieles ganz anders gemacht als sonst auf einem Festival. Denn das Zamma bringt nicht nur die Schulbands zu ihren Fans. Es hat eigentlich in Haar schon längst begonnen. Wenn man mit Menschen in der 20 000 Einwohner zählenden Gemeinde im Osten von München spricht, kann es einem schon passieren, dass die einem vom "Zamma-Fieber" erzählen und dabei fröhlich lachen. Denn es ist keine Krankheit, allenfalls ein grassierender Mitmach-Virus, der viele ergriffen hat. Zum Konzept des Festivals, das der Bezirk Oberbayern seit 1980 alle zwei Jahre mit einer anderen Kommune organisiert, gehört es, dass die Menschen dort selbst für sich ein Fest auf die Beine stellen. Der Sportverein, der Trachtenverein, die Kirchen und eben auch die Jugendzentren entwickeln seit Monaten Ideen, planen und bringen das alles in ein Festival-Programm ein, das dieser Tage offiziell vorgestellt wird.

Dabei ist der Anspruch klar. Bei allem unverstellten Spaß, den etwa ein Konzert am Schultor bereitet, verfolgt der Bezirk mit dem Festival, das ja auch einigen organisatorischem Aufwand erfordert, klar festgelegte Ziele. Es sollen möglichst alle mitmachen, und auch mitmachen können. "Zamma" versteht sich als inklusives Festival, das Menschen mit und ohne Behinderung anspricht, Menschen verschiedener Herkunft und jeden Alters, und das sie für eine Woche zu einer Festgemeinschaft zusammenschweißt. Zuletzt vor zwei Jahren in Freising gab es ein Zamma-Lied, Zamma-Brot und Zamma-Eis und gut 40 Veranstaltungen mit inklusiven Tanzbegegnungen, mehrsprachigen Lesungen und einem Symposium zum Heimatbegriff. Auf der Hauptbühne tanzten Derwische. Ähnliches erwartet Haar.

So wird die gesamte Gemeinde erfasst, ausgehend von der Hauptbühne am Kirchenplatz, auf der praktisch täglich Programm geboten wird. Das "1. Inklusive Bandfestival" wird in Haar steigen, bei dem Musiker mit und ohne Behinderung auf der Bühne stehen - im übrigen gerade für Haar eine naheliegende Aktion. Schließlich gehört in der Kommune, die Sitz des Isar-Amper-Klinikums ist, das Miteinander mit Menschen, die anders sind, zum Alltag. Mit den Blue Dolphins und den Route Rockers sind zwei integrative Bandprojekte im Jugendzentrum Route 66 zu Hause.

Beim Zamma-Festival rücken auch die Gemeinde und der Bezirk noch mal enger zusammen. Das Fest wird an allen Tagen die gesamte Gemeinde bis in die Ortsteile hinein ergreifen. Eine besondere Veranstaltung wird eine Lesung mit Licht- und Trommel-Performance auf dem früheren Anstaltsfriedhof sein. Natürlich wird es auch Zamma-Semmeln und entsprechendes Eis geben. Künstler haben sich vorgenommen, im Stil von Christo das Rathaus zumindest teilweise zu verhüllen. Die evangelische Jesuskirche holt im Luther-Jahr den Geist des Reformators nach Haar. Die Pfarrerin hat die Bürger aufgerufen, Thesen zu formulieren, in denen sie ausdrücken, was sie in Haar, in der Gesellschaft oder persönlich bewegt. Diese Thesen werden dann an einer Installation angeschlagen und an einem Diskussionsabend besprochen.

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