CSU:Wie Markus Söder München umgarnt

Markus Söder stellt Gondel vor

Wie lästig, immer wird man von Fotografen verfolgt. Wer hat die eigentlich auf die Gondel im Nymphenburger Kanal geholt. Ich? Ach so, na dann.

(Foto: dpa)

Der Finanzminister hat die Landeshauptstadt als neue Liebe entdeckt - und tritt auf dem CSU-Neujahrsempfang schon wie Seehofers Nachfolger auf.

Von Heiner Effern

Der Mann, der gleich zum bayerischen Ministerpräsidenten ausgerufen wird, schafft es tatsächlich, ungerührt und kein bisschen verlegen auszusehen. Genussvoll bearbeitet er ein Bonbon, spitzt die Lippen, schiebt es mit dem Kiefer von links nach rechts. Dabei würde selbst mancher abgebrühte Politiker das Bonbon, das Markus Söder gerade lutscht, angesichts solcher Hymnen verschlucken.

Der "liebe Markus" verfüge über "hohe Sachkompetenz und Durchsetzungsvermögen, eine makellose Bilanz als Finanzminister, von der viele andere nur träumen können. Standvermögen, Mut und einen klaren Kurs", sagt Georg Eisenreich, Bildungsstaatssekretär und CSU-Kreischef im Münchner Süden. Söder spreche aus, was die Bürger denken, sei ein echter Volksvertreter, ein Mann der Zukunft, "und hoffentlich der nächste Ministerpräsident".

Söder spricht seinen Machtanspruch unverhohlen aus

Applaus und Jubel folgen diesem Lobgesang in der Küferei des Ratskellers, in der die CSU am Dienstagabend ihren Neujahrsempfang gibt. Würden nur die Münchner CSU-Mitglieder den Nachfolger von Horst Seehofer wählen, so klingt es, könnte Söder ein Ergebnis erzielen wie einst die Machthaber im sozialistischen Osten Europas.

Da passt es, dass er auch in der neuen BR-Umfrage klar in Front liegt, wenn die Bayern nach einem Nachfolger für Seehofer gefragt werden. Es ist wohl kein Zufall, dass Söder an diesem Abend seinen Machtanspruch so unverhohlen öffentlich ausspricht wie kaum jemals zuvor.

Ausgerechnet in der Hauptstadt des Bezirks Oberbayern, dessen mächtigen, von München allerdings separat organisierten CSU-Verband seine Hauptkonkurrentin Ilse Aigner leitet. "Mögen all unsere Wünsche in Erfüllung gehen", antwortet Söder auf die Eloge. Gesundheit für die Familie im neuen Jahr, soll das heißen, und Markus Söder wird im Herbst 2018 neuer Ministerpräsident.

An der Seite Söders klatscht da nicht nur Eisenreich begeistert, sondern auch Ludwig Spaenle, Bildungsminister und Chef der CSU München. Die Botschaft ist klar: Hier steht ein mächtiges Triumvirat, das nach der nächsten Wahl noch viel mächtiger sein soll. 2019 könnten die drei zum Beispiel als Ministerpräsident, Superminister und CSU-Generalsekretär den Münchnern ein gutes neues Jahr wünschen. Dass Söder hier ein solches Heimspiel austragen kann, hat mit alter Freundschaft zu tun, aber auch mit Strategie.

München gilt in der CSU als Söder-Land

Söder eröffnet Bronzesammlung

Und noch ein schöner Bildtermin: Söder neben dem in Bronze gegossenen Neptun in der Residenz.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Noch vor wenigen Jahren war Söder als bekennender Franke München nur beruflich und auf der persönlichen Ebene verbunden. Spaenle und Söder zogen beide 1994 in den Landtag ein. Über Jahre hinweg hat sich ein Verhältnis entwickelt, das Söder so beschreibt: "Er ist ein großartiger Schulminister und der Taufpate meines Sohnes." Eisenreich wiederum ist eng mit Spaenle verbandelt und so auch mit Söder. "Es gibt Parteifreunde, und Freunde in der Partei", sagt Söder. Die Münchner Kabinettskollegen seien "zwei Freunde, die mir lieb und teuer sind".

Auch deshalb gilt München in der Partei als Söder-Land. Das trifft mittlerweile auch auf der politischen Ebene zu, für den Finanz- und Heimatminister hat München strategisch einen hohen Wert. Traditionell standen die Landeshauptstädter bisher als kleiner Partner an der Seite Oberbayerns, das fast durchgehend den Ministerpräsidenten stellte.

Aufbauend auf seinen persönlichen Verbindungen schuf Söder sich in München nach und nach eine Machtbasis im Süden, um seine Konkurrentin Aigner zu schwächen. Das Stänkern gegen München, das auf Kosten Frankens prosperiere, wurde immer weniger. Letztmals im Oktober soll Söder bei einem Heimatempfang in Neustadt an der Aisch Stimmung gemacht haben: "Ihr bekommt mehr, weil München nichts mehr bekommt." Schon länger sagt Söder aber auch bei jeder Gelegenheit, München sei eine Super-Stadt, er verbringe seine Zeit hier gerne.

Söder sichert sich die Aufmerksamkeit der Medien

Gerade seine Position als Finanzminister bietet Söder alle Chancen, seine neue Liebe zu demonstrieren. Qua Amt ist er etwa Chef des Münchner Hofbräuhauses. Dessen Maibockanstich hat er über Jahre hinweg zum Neben-Nockherberg ausgebaut, auf dem er als zünftiger Münchner Gastgeber glänzen kann. Auch Bayerns Schlösser unterstehen seinem Ressort. Die Kulissen, die einem Märchenkönig schmeichelten, taugen auch für einen Markus Söder.

So warb der Minister persönlich für eine neue Touristenattraktion in München, die für die Gästezahlen wohl kaum entscheidend sein wird. Aber eine Fahrt in einer venezianischen Gondel auf dem Mittelkanal von Schloss Nymphenburg lässt sich ein PR-Stratege wie er nicht entgehen. Die Bilder waren mindestens royal, die Aufmerksamkeit der Medien auch.

Auch als in der Residenz eine Sammlung wertvoller Bronze-Statuen präsentiert wurde, war das natürlich Chefsache. Dass beim wenig glamourösen Verkauf der Alten Akademie vom Schlösser-Herrscher nichts zu hören war, nahmen ihm zwar auch einige Parteifreunde übel. Doch Söder bremst so etwas nicht. Er sprach auf dem Aubinger Volksfest und die knapp 50 Besucher des Haidhauser Christkindlmarktes trauten ihren Augen nicht, wer an einem lausigen Endnovember-Nachmittag zum 40-jährigen Jubiläum den Ehrengast für die Eröffnung gab: Söder.

"Retten Sie Bayern" - "Machen wir"

Die meisten CSU-Mitglieder in München scheinen das zu goutieren. "Ich halte ihn für so klug, dass er als Ministerpräsident eine gute Balance halten wird zwischen den Städten und dem ländlichen Raum", sagt Michael Kuffer, CSU-Fraktionsvize im Rathaus. "Er ist der einzige, der die Kraft aufbringt, ein guter und leistungsfähiger Nachfolger zu werden."

Alexander Dietrich, designierter Personalreferent der Stadt, findet Söders Rede über die Lage in Bayern und Deutschland einfach nur "brillant". Er habe bei Gästen, die ihn möglicherweise bisher noch für arrogant oder unfreundlich hielten, "viele, viele Sympathiepunkte gesammelt".

Söder selbst hält nach seiner Rede Hof in der alten Küferei. Die Menschen kommen zu ihm, um die brennendsten Probleme anzusprechen. Das ist bei einem das gemeinsame Zweitliga-Schicksal des Nürnberger Clubs und der Münchner Löwen. Eine ältere Dame macht sich aufrichtig Sorgen um die Welt und im speziellen um ihre Heimat. Sie rückt Söder ganz nahe, packt ihn am Ärmel, und klopft ihm dann sogar auf den Oberkörper. Inbrünstig bittet sie: "Retten Sie Bayern." Söder tätschelt der Dame beruhigend den Arm und sagt nur: "Machen wir."

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