Süddeutsche Zeitung

Ehrenamtliche:Warme Worte reichen nicht

Warum sich der Staat das etwas kosten lassen sollte

"Angriff auf das Ehrenamt" vom 4. Dezember:

Zeit-Spender

Wir würden sehr gerne 8,50 Euro für Ehrenamtliche bezahlen. In unserer Satzung steht "mildtätige Zwecke und Gemeinnützigkeit "in der Altenhilfe". Daraufhin haben wir die Freistellungsbescheinigung vom Finanzamt Gifhorn erhalten. Wir bezahlen eine Ehrenamtspauschale von 6,50 Euro - das ist kein Lohn. Alle unsere Ehrenamtlichen werden als "Zeit-Spender" genannt. Sie arbeiten also 100 Prozent "ohne Lohn". Die Ehrenamtspauschale ist eine "Kostenpauschale". Es gibt zwei Möglichkeiten: "Sie rechnen nach Belegen ab oder bezahlen eine Pauschale."

Konkret: Zwei Busfahrkarten kosten hier in Wolfsburg 5 Euro. Kaufen sie noch eine Süßigkeit, ist das Geld schon aufgebraucht. Der Einfachheit halber rechnen wir pauschal ab. Belege brauchen Zeit und die kostet Geld. Wir möchten gemeinnützig arbeiten und können kein teures Personal bezahlen. Bei uns kommen die Mitgliederbeiträge 100 Prozent bei den Menschen an, die unsere Unterstützung suchen. Da wir erst im Aufbau sind müssen wir auch andere Wege (fundraising, Crowdfunding, Kostenerstattung) gehen. Das heißt oft: betteln!

Wenn das Ehrenamt negativ bewertet wird und die Ehrenamtlichen noch Geld mitbringen müssen, wird die Solidarität in der Gesellschaft weniger. Wir wollen "kein Lohndumping" betreiben, wir wollen gegenüber unseren Ehrenamtlichen gerecht bleiben. Wir wollen uns in die Gesellschaft "unentgeltlich" einbringen. Das heißt bei uns "Ehrenamt". "Was würde unsere Gesellschaft ohne Ehrenamtliche machen?" - Sie müsste alles bezahlen. Hans-Jürgen Claassen, Wolfsburg

Staatliche Aufgabe

Vielleicht sollte das Ehrenamt zwecks Finanzierung all dieser ehrenamtlichen Helfer in das Heimatministerium von Herrn Söder integriert werden. Diese Menschen, die oft freiwillig und im christlichen Sinne ihr Leben aufs Spiel setzen, sollten von der Gesellschaft entsprechend entlohnt werden. Vereine und christliche Wohlfahrtsverbände könnten ohne diese Menschen nicht existieren. Sie opfern sich auf und werden dann in der Neujahrsansprache des Bürgermeisters lobend erwähnt und mit großem Beifall von allen Bürgern gewürdigt und oft auch als Ehrenbürger ausgezeichnet. Diese im wahrsten Sinne des Wortes "Lobhudelei", sie funktioniert schon lange in dieser sprichwörtlich "ehrenwerten Gesellschaft"...da oben...für all die ehrenamtlichen Helfer... da unten. Elsbeth Schwanewedel, Berlin

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Quelle:
SZ vom 11.12.2017
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