Ehemann findet seine ermordete Frau:Patentanwältin in ihrem Haus erstochen

Eine 39-jährige Münchner Patentanwältin ist in ihrem Haus in Trudering mit sechs Messerstichen ermordet worden. Der Täter ist bereits gefasst: Kurz nach der Tat verursachte der mutmaßliche Mörder einen Verkehrsunfall.

Bernd Kastner

Zuerst sah alles nach einem alltäglichen Unfall aus. Am Montag gegen 16.25 Uhr prallte ein roter Maserati an der Kreuzung Innsbrucker Ring/Rosenheimer Straße gegen einen Lichtmasten, der Fahrer flüchtete. Passanten verfolgten ihn, Polizisten nahmen ihn wenige hundert Meter von der Kreuzung entfernt fest, er hatte sich hinter einem Busch versteckt. Der 34-jährige Rick T. gab sofort zu, dass ihm der Wagen nicht gehört und er keinen Führerschein besitzt.

Während T. noch vernommen wurde, machte ein 41-jähriger Anwalt in seiner Doppelhaushälfte in Trudering in der Nähe der Bajuwarenstraße eine schreckliche Entdeckung: Er fand seine Frau tot im Schlafzimmer im ersten Stock. Sie war mit Kabeln ans Bett gefesselt, mit Klebeband geknebelt und teilweise entkleidet. Getötet wurde sie mit sechs Messerstichen in den Rücken, sie verblutete innerlich, so Staatsanwalt Thomas Bott. Am ihrem Hals fand man Würgemale. Die Tatwaffe, ein Küchenmesser mit 20 Zentimeter langer Klinge, lag im Badezimmer.

"Unumwundenes Geständnis"

Der Ehemann habe, so die Ermittler, bereits eine böse Ahnung gehabt, als er nach einem Geschäftstermin wieder am Flughafen gelandet war: Seine Frau war nicht zu erreichen, in der Kanzlei war sie auch nicht erschienen. Er nahm deshalb ein Taxi für den Heimweg und bat den Fahrer mit ins Haus.

Weil das Auto der Frau, ein roter Maserati, fehlte, ergab sich die Spur zu Rick T.. Dieser wurde wegen des Unfalls gerade im Polizeiwagen vernommen, als die Beamten über Funk die Nachricht von dem Mord und dem gestohlenen Sportwagen erreichte. Damit konfrontiert, gab T. "unumwunden" zu, die Frau getötet zu haben, so Josef Wilfling, Chef des Mordkommission.

Heimliche sexuelle Beziehung zwischen Opfer und Täter?

Ansonsten aber haben die Ermittler Zweifel an dem, was ihnen der Täter bislang auftischte. Demnach habe er die 39-jährige vor mehreren Wochen zufällig in einer Tiefgarage in Bogenhausen kennen gelernt, weil in dem Gebäude die Ex-Freundin T.s arbeite. Dort befindet sich auch die Kanzlei des Opfers. Mit der Anwältin sei er wegen ihres auffälligen Autos ins Gespräch gekommen, anschließend habe sich eine heimliche sexuelle Beziehung entwickelt.

Am Montag will T. die Frau gegen neun Uhr wieder zufällig in jener Tiefgarage getroffen haben. Sie habe ihn freiwillig mit nach Hause genommen, wo sie sich sexuell vergnügt hätten. Zwischendurch sei er mit dem Maserati unterwegs gewesen, um mit der EC-Karte der Anwältin Geld abzuheben. Erst wegen einer Geschäftsidee sei es dann gegen 16 Uhr zum tödlichen Streit gekommen. Angeblich wollte Rick T. mit Dessous handeln und sie über Haus-Partys vertreiben. Die Anwältin habe ihre frühere Finanzierungs-Zusage zurückgezogen. An die Messerstiche will sich T. wegen eines "Blackouts" nicht erinnern können.

Täter ein "etwas fertiger Typ"

An dieser Darstellung haben die Ermittler "erhebliche Zweifel", sagte Wilfling. So habe man im Rucksack des Täters eine Gaspistole, Handschuhe und mehrere Kabelbinder gefunden - "alles, was man zu einem Überfall braucht". Es sei also möglich, dass das Opfer unter Androhung von Gewalt den Täter mit in ihr Haus genommen habe.

Die 39-jährige Anwältin gilt laut Polizei in ihrer Kanzlei als äußerst pflichtbewusst. Es sei unwahrscheinlich, dass sie wegen eines sexuellen Abenteuers unentschuldigt nicht ins Büro gekommen sei. Zudem, so Wilfling, sei es sehr schwer vorstellbar, dass eine "erfolgreiche und attraktive Frau" sich "mit so einem einlässt". Der Kriminaler beschreibt den in Weiden in der Oberpfalz geborenen berufs- und arbeitslosen Täter als "etwas fertigen Typen", der mehrfach wegen diverser Diebstähle und Raubdelikte vorbestraft ist und auch im Gefängnis saß.

Opfer führte "Bilderbuchleben"

Dagegen seien die Verhältnisse des Opfers "bilderbuchmäßig": Die kinderlose Ehe sei gut gewesen, das Haus sehr schön. Auch gebe es bislang keine Hinweise, dass die Frau ungewöhnliche sexuelle Vorlieben hatte. Allerdings sei die Spurenlage am Tatort recht unklar, so die Ermittler. Nichts deute auf einen Kampf hin, die Lage der Toten wirke "ein bisschen konstruiert".

Staatsanwalt Bott beantragte Haftbefehl wegen Raubmordes gegen Rick T.. Die Kripo erhofft sich von Zeugen weitere Aufschlüsse über die Ereignisse am Montag. Wer hat den roten Maserati gesehen? Wer kann Angaben zum Fahrer oder zu den Insassen machen? Wer kennt Rick T., seine bisherigen Aufenthaltsorte, seine Kontakte und Begleitpersonen? Hinweise an das Kommissariat 111 unter Telefon 2910-0.

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