Eckart Witzigmann:Lehrmeister der TV-Köche

"Jahrhundert-Koch" auf Sterne-Niveau: Eckart Witzigmann liebäugelt mit einer Lokaleröffnung in München - und ist der Lehrmeister etlicher TV-Köche.

Christina Maria Berr

Wer sich durch das deutsche Gegenwartsfernsehen zappt, sieht immer wieder Kochmützen. Kaum eine Sendeform erfreut sich so großer Beliebtheit wie Kochshows. Und da sieht man sie dann alle: Johann Lafer, Tim Mälzer, Horst Lichter, Alfons Schuhbeck oder Sarah Wiener. Nur einen sieht man nicht, den ersten Drei-Sterne-Koch der Republik.

Eckart Witzigmann: Eckart Witzigmann.

Eckart Witzigmann.

(Foto: Foto: AP)

Eckart Witzigmann, 66, hat sich in den Zeiten des medialen Gemeinschafts- kochens auf sämtlichen Fernsehsendern rar gemacht. Dabei hat er einst Starköche wie Schuhbeck und Lafer ausgebildet.

Nicht, dass Witzigmann kamerascheu wäre, das nun wirklich nicht. Im Gegenteil, wenn das Licht aufblinkt, frisiert er sich noch mal schnell. Danach spricht er, medienerfahren, ohne Punkt und Komma. Er lächelt süffisant ins Mikrofon. "Das mit dem Fernsehen liegt mir nicht", kokettiert er.

Mit weißen Haaren, die Arme über dem Bauch gekreuzt, sitzt der Gourmet in seinem Büro im altbürgerlichen Münchner Viertel Lehel. Vom Boom der Fernsehköche hält er nicht mehr so viel - das nehme langsam überhand, findet er: "Viele Köche verderben die Einschaltquote."

Nicht alle kommen bei ihm gleich gut weg: Er lobt Johan Lafer ("Der hat bei mir gelernt") und schimpft dann - ohne die Sendung zu nennen - über "Die Kochprofis - Einsatz am Herd" auf RTL 2, in der zum Teil verdreckte und heruntergekommene Kantinen und Lokale zumindest kulinarisch aufgepeppt werden ("Da muss man eher die Behörden hinschicken und den Laden zusperren").

Er erinnert sich an Szenen aus seinem eigenen Lokal: "Damals mussten wir Strafe zahlen, wenn nicht alle Kochhüte aufgesetzt waren." 1979 hatte sich Witzigmann mit einem Restaurant am Münchner Maximiliansplatz selbständig gemacht: Das war das "Aubergine". Bald war es bundesweit bekannt - und schließlich auch in München als Schlemmerstube akzeptiert.

"Damals im Aubergine" - das hört man heute noch von jenen Starköchen, die einst bei Witzigmann lernten. Der Meister selbst war bei Koch-Legende Paul Bocuse in Lyon zur Schule gegangen.

Auch Alfons Schuhbeck kam, sah - und vermarktete. Heute sind die beiden indirekte Konkurrenten. Beide bekochen sie in der kalten Jahreszeit das Münchner Publikum in Luxus-Zelten, die "Spiegelpaläste" heißen. Schuhbeck fährt in seinem "Palazzo" an der neuen Messe im Osten der Stadt auf, Witzigmann dagegen in seinem "Bajazzo" im Gewerbegebiet am Frankfurter Ring.

Nach einer juristischen Auseinandersetzung musste Witzigmann seinen Palazzo in Bajazzo umbenennen. Doch die beiden selbst hatten kein Problem mit dem Rechtsstreit: "Der Schuhbeck und ich, wir sehen das cool und gelassen." Allein aus Zeitgründen hätten sie ihre Veranstaltungen gegenseitig noch nicht besucht. Und das nach vielen Jahren friedlicher Koexistenz? Wirklich? Witzigmann nickt und lacht. Wirklich.

Die beiden verbindet eine lange, eigenwillige Geschichte: 1993 übernahm Schuhbeck die Konzession für Witzigmanns Restaurant Aubergine. Danach kochte Witzigmann noch etwa ein Jahr im Aubergine und versuchte anschließend, noch zweimal Lokale zu etablieren - eines in Düsseldorf, eines auf Mallorca. Nichts hatte so richtig Erfolg.

Erst sein Spiegelzelt brachte wieder einen jahrelang währenden Besucherboom und auch Anerkennung in den Medien. Sein Bajazzo geht in die fünfte Saison. Wie lange soll das noch gehen? "Eine neue Saison kommt bestimmt", meint Witzigmann. Er will möglicherweise ins Ausland expandieren.

Doch der Alt-Star des Gewerbes hat noch ganz andere Ideen. Ein Restaurant würde ihn noch einmal reizen, verrät er: "Irgendwie juckt's mich noch." Sagt er und denkt dabei "an ein kleines Restaurant, groß hab ich ja jetzt mit meinen Spiegelzelten." So aufwendig wie das Aubergine dürfte es allerdings nicht mehr sein.

Wenn Witzigmann heute in einem Restaurant essen will, muss er zu Kollegen gehen. Und da besuche er gern seinen Freund Rudi Färber, der das bayerische Wirtshaus "Zum Sedlmayer" in der Nähe des Viktualienmarkts betreibt.

Doch Witzigmann, edel und diplomatisch, fügt sofort hinzu, dass es auch andere Lokale gäbe, in denen man gut essen kann. Und die Hendl auf dem Oktoberfest: "Riesenkompliment an die Wiesnwirte!", sagt Witzigmann. Nur das Wiener Schnitzel, sagt der gebürtige Österreicher und lacht, "das mach ich mir selbst."

Wenn er dann sein selbstgemachtes Schnitzel isst, dann schalte er auch schon mal den Fernseher ein. Da läuft dann Fußball.

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