Vaterstetten:Erweiterung des Gymnasiums könnte Fall fürs Gericht werden

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Die Erweiterung des Humboldt-Gymnasiums soll an den Klinkerbau in der Bildmitte anschließen. Dafür sollen die Behelfsklassenzimmer, der weiß-gelbe Containerbau, abgerissen und der Schulhof vergrößert werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Vaterstetten gibt es Unmut bei den Anliegern des Humboldt-Gymnasiums. Einige Nachbarn haben bereits mit Klage gedroht.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Eines der größten Schulbauprojekte des Landkreises, die Erweiterung des Humboldt-Gymnasiums, könnte demnächst ein Fall fürs Verwaltungsgericht werden. Wie in der Sitzung des Vaterstettener Bauausschusses am Dienstag zu erfahren war - das Gremium ist für die Baugenehmigung zuständig -, gibt es unter den Anliegern einige Bedenken gegen das Vorhaben. Einige Nachbarn sollen bereits mit einer Klage gedroht haben.

Konkret geht es den Nachbarn vor allem um die Größe des Erweiterungsbaus. Geplant ist ein insgesamt viergeschossiges Gebäude, im Keller und Erdgeschoss soll ein Saal für Sport und für Veranstaltungen entstehen. Die drei Stockwerke darüber sind vor allem als Ersatz für das seit mittlerweile 16 Jahren bestehende Containerprovisorium gedacht. Dieses wurde nötig, weil die Schule seit Jahren überbelegt ist. Etwa 1500 junge Leute werden derzeit dort unterrichtet, gut 400 mehr, als im eigentlichen Schulgebäude Platz haben.

Neben der neuen Aula sollen die Klassen fünf und sechs sowie Fachräume für Naturwissenschaften im Neubau unterkommen. Nach derzeitigem Stand wird der insgesamt 22 Millionen Euro kosten, wegen der Dringlichkeit hat der Kreistag das Projekt im vergangenen Jahr sogar vorgezogen und hält auch in der Corona-Wirtschaftskrise am Zeitplan fest. Die ersten Aufträge sollen noch in diesem Herbst vergeben werden, bis Anfang 2023 soll der Neubau dann fertig sein.

Dass er parallel zur Rossinistraße entstehen soll, ist ein Kritikpunkt der Anlieger, sie befürchten eine Verschattung. Auch dass der Lehrerparkplatz weiter nach Norden verlegt werden soll, um Platz für den Neubau zu machen, ist Anlass für Unzufriedenheit. Die Sorge: Dies könne sich auf die Verkehrsbelastung in der Rossinistraße auswirken. Vor allem aber, das wurde in einem spontanen Gespräch zwischen Anliegern und Vertretern von Schule und Landratsamt nach der Sitzung deutlich, ärgert die Nachbarn, dass sie mit ihren Vorschlägen nicht gehört worden seien. Offenbar hatten sie angeregt, den Neubau parallel zum bestehenden Schulhaus oder zumindest weiter innen auf dem Schulgelände zu platzieren. In einem anderen Punkt konnten die Landratsamtmitarbeiter die Anwohner indes beruhigen: Dass der neue Saal für außerschulische Veranstaltungen genutzt werde, sei nicht geplant. Auch wenn man einräumen musste, dass es solche "Begehrlichkeiten" gebe, weil es in Vaterstetten keinen Veranstaltungssaal gibt. Diesen werde man aber seitens der Schule nicht nachkommen.

Ob es tatsächlich zur Klage am Verwaltungsgericht kommt, ist zwar noch nicht ausgemacht, laut Vaterstettens Bauamtsleiterin Brigitte Littke steht die Ankündigung dazu aber im Raum. Dabei dürften die Kläger zumindest nicht komplett aussichtslos sein, wie aus der Stellungnahme des Bauamtes hervorgeht. Denn baurechtlich ist das Vorhaben zumindest kompliziert. Einen Bebauungsplan für das Areal gibt es nicht, daher gilt das Einfügungsgebot. Wie der Name sagt, richtet sich die Zulässigkeit eines Neubaus danach, ob er sich in die Umgebung einfügt, ob es ähnliche Bauten also schon gibt. Und hier wird es kompliziert, denn der sogenannte Bezugsfall ist das Gymnasium als größtes Gebäude der Umgebung. Dieses bildet damit gewissermaßen die Obergrenze für Bebauung - kann also eigentlich nicht größer werden, als es jetzt schon ist.

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Doch obwohl sich der Neubau nicht in den Bestand einfügt, sei eine Baugenehmigung möglich, so das Vaterstettener Bauamt. Denn man könne eine Ausnahme machen, da keine sogenannten bodenrechtlichen Spannungen vorlägen. Gemeint ist, dass ein neues Gebäude "die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet", so die verbreitete Interpretation der Verwaltungsgerichte. Und genau dies sei, laut Vaterstettener Bauamt hier eben nicht der Fall. Denn ein Punkt, bei dem Gerichte in der Vergangenheit gerne bodenrechtliche Spannungen bejaht hatten, ist, dass ein neuer Bezugsfall geschaffen würde, also andere in der Umgebung ähnlich groß bauen dürfen. Eine solche Vorbildwirkung gebe es hier aber nicht, so Littke. Auch gebe es für die Nachbarn "keine unzumutbaren Erdrückungs- oder Einmauerungseffekte" durch die Gebäudegröße. Ebenfalls hinderlich für eine Baugenehmigung könnte sein, wenn der Neubau zusätzliche Belastungen mit sich bringt, wie etwa mehr Verkehr oder mehr Lärm. Beides wird zwar in entsprechenden Gutachten verneint, nach Gesprächen mit den Anliegern will die Gemeinde aber weitere Expertisen vom Landratsamt, die die Verkehrsbelastung und die Immissionen untersuchen.

Vorbehaltlich dieser beiden Gutachten könne man den Bau aber genehmigen, so das Fazit des Bauamtes. Dem schlossen sich auch die Ausschussmitglieder ohne Gegenstimmen an. "Es ist keine leichte Geschichte", so Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU), man wolle den Anbau zwar unterstützen aber auch schauen "was man für die Nachbarn machen kann".

© SZ vom 25.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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