Zwei Wochen, 150 Zusagen:Klinkenputzen für die Umwelt

Ferienreporter - BN auf Mitgliedersuche

Die Ebersberger Kreisgruppe des Bundes Naturschutz geht derzeit auf Mitglieder-Werbetour. Dafür im Einsatz sind auch Lucas Schäfer und Lukas Pan Travljanin, sie klingeln an Haustüren und versuchen sich in Überzeugungsarbeit.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Landkreis sind seit dem 30. Juni vier Mitgliederwerber vom Bund Naturschutz unterwegs. Trotz vieler Absagen sind sie recht erfolgreich

Von Moritz Kasper, Oberpframmern

Eine Dame lugt zwischen zwei Vorhängen hervor, während ein heftiger Regenschauer über der Neubausiedlung am Rand von Oberpframmern hereinbricht. Kritisch beäugt sie zwei junge Männer, die sich bei einen überdachten Stellplatz am gegenüberliegenden Haus untergestellt haben, während sie sich an ihr Telefon klammert. Auf den weißen T-Shirts der Jungspunde ist deutlich ein Logo zu erkennen, ein grüner Baum, darunter die Aufschrift "Bund Naturschutz in Bayern". Während die misstrauische Dame noch irgendetwas in ihren Telefonhörer murmelt, fallen schon wieder die ersten Sonnenstrahlen auf die weißen Neubauten und ein doppelter Regenbogen erscheint am Himmel. Ermutigt durch den bevorstehenden Wetterumschwung begibt sich einer der Männer aus dem Unterstand und sprintet durch den nachlassenden Regen zur nächsten Tür. Er klingelt.

Auf den ersten Blick ist es kein dankbarer Job, den sich Teamleiter Lukas Travljanin, 20, und sein Begleiter Lucas Schäfer, 24, der bayernweit Werberteams koordiniert, ausgesucht haben. Werbung an der Türschwelle genießt nicht den besten Ruf. Betrugsfälle und fragwürdige Methoden haben die unangekündigten Hausbesuche in Verruf gebracht. Dazu kommt die Tatsache, dass es nicht um eine einmalige Spende geht, sondern um einen regelmäßig abgebuchten Betrag - also einer Größe, die man dauerhaft in die eigene Finanzplanung einbeziehen muss: Der Bund Naturschutz bittet nicht einmalig zur Kasse, sondern sucht dauerhaft Unterstützung.

Daniela Lange, bei der die jungen Werber vor dem Regenguss geklingelt haben, war so gar nicht begeistert von dem unangekündigten Besuch. "Es gibt einfach zu viele Organisationen, die hier im Ort unterwegs sind", beschwert sie sich. Ein bis zwei Mal die Woche stehe jemand bei ihr an der Tür. Zudem wäre ihr eine einmalige Spende lieber. Das man gleich nach der Bankverbindung gefragt wird, sieht sie kritisch.

Dieser Problematik ist sich Lukas bewusst, als eine Frau Anfang fünfzig die Tür öffnet. Als er sich und sein Anliegen vorstellt, ist die Unsicherheit in seiner Stimme zu spüren. Er muss jetzt einen kleinen Spagat vollbringen. Einerseits will er motiviert und selbstbewusst herüberkommen. "Sonst ist man erfolglos", meint er später. Gleichzeitig wappnet er sich innerlich für eine Abfuhr - eine der rund 95, die er am Tag erhält, sechs mal die Woche. Das nimmt ihn mit. Trotz der jahrelangen Routine. Manchmal träumt er sogar Nachts von der Arbeit. "Es nimmt viel Raum ein", antwortet er auf die Frage, ob er sein Privatleben vom Job trennen kann.

Diesmal scheint er aber Glück zu haben. Nach einigem Hin und Her bittet die Hausherrin ihn und seinen Begleiter herein. Vielleicht hat diesmal auch das leicht durchnässte Aussehen geholfen. Barabara Buhr und ihr Mann Bernd sind gerade beim Essen und bitten die beiden jungen Herren zum Tisch. Während auf dem Fernseher eine Sportübertragung läuft, erläutert Lukas mit Hilfe von Flyern und eines Tabletts die Aktivitäten der Kreisgruppe Ebersberg - um den Schutz der Lebensräume von Fledermäusen geht es da etwa, oder die Pflege von Streuobstwiesen und Biotopen. Er verweist auch auf bayernweite Erfolge des Dachverbands. Dabei wird der Begriff "Erfolge" manchmal etwas gedehnt, um besonders viel aus dem Jahr 2017 herauszuholen. So wird schon das Sammeln von Unterschriften oder das Einreichen einer Klage als Erfolg bezeichnet. Dies erscheint fast etwas unnötig - die Anzahl der Themen auf dem Flyer ist erschlagend und der Bund Naturschutz hätte auch so schon genug für 2017 vorzuweisen. Die Einrichtung eines Naturwaldreservates im Landkreis Amberg-Sulzbach etwa, oder die Verhinderung einer durch ein Biotop führenden S-Bahn Trasse im Norden von Fürth.

Nach dem Schnelldurchlauf durch die Themen des Vereins kommt dann der entscheidende Moment. Lukas öffnet eine spezielle App auf seinem Tablett und ein Formular erscheint. Nun bittet er das Ehepaar um ihre "Unterstützung", wie er den jährlichen Spendenbeitrag nennt, der bei Normalverdienern mindestens 60 Euro beträgt (die Selbsteinschätzung als Geringverdiener ist freiwillig). Die beiden überlegen kurz und willigen dann ein - Erfolg für den Teamleiter, er allein hat damit an diesem Tag schon acht neue Mitglieder angeworben.

In den ersten beiden Augustwochen sind durch die Arbeit des insgesamt vierköpfigen Teams mehr als 150 Menschen der Kreisgruppe Ebersberg beigetreten. "Das ist durch einen Spendenaufruf im Internet nicht zu schaffen", meint Lucas Schäfer. Für Lukas Travljanin sind es aber nicht nur diese Zahlen, die ihn antreiben, sondern die konkreten Menschen, der er für den Naturschutz begeistert hat. Seine liebsten Besuch sind jene, wo er zufällig auf bereits eingetragene Mitglieder trifft - da er und sein Team keinen Zugriff auf deren Adressen hat, klingelt er auch bei ihnen. Wenn diese ihm von ihren positiven Erfahrungen erzählen, entschädigt das für die allgemeine Ablehnung, die "negative Energie", wie er sagt, mit der er und sein Team tagtäglich konfrontiert wird. Doch allein der positive Verlauf von drei bis fünf Prozent der Gespräche reicht wohl kaum aus, um jemanden wie Lukas anzutreiben. Da verwundet es wenig, dass er sich als ausgesprochener Idealist herausstellt. "Ich will mit meinen Taten die Welt zu einem besseren Ort machen", sagt er auf dem Heimweg im Auto.

Seinen ältererer Kollegen Lucas Schäfer zieht es sogar mal zur UN - der Pariser Weltklimavertrag liegt ihm besonders am Herzen. Als ob er zeigen wolle, dass er trotz des ständigen Einsatzes für seine hohen Ideale immernoch ein Mensch geblieben ist, zündet sich Lukas Travljanin am Ende des Tages eine selbstgerollte Zigarette an, "zum runterkommen", und bläst den Rauch in die frische, vom Regen reingewaschene Abendluft.

Lukas Travljaninist mit seinem dreiköpfigen Team noch bis Anfang September im Landkreis unterwegs. Die Werber tragen auf ihren weißen T-Shirts mit Logo einen Mitarbeiterausweis mit Mitarbeiternummer, Namen, Geburtsdatum sowie Gültigkeits- und Austellungsdatum. Wer sich vorab über den Verein möchte, kann dies unter www.ebersberg.bund-naturschutz.de/ tun.

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