Zwei Jahre nach der Schließung:Ehrgeiziger Neustart

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Das Hotel "Bildungsblick" des Berufsförderungswerks in Kirchseeon öffnet wieder - und muss wirtschaftlich arbeiten

Von Moritz Kasper, Kirchseeon

Auf den Buchungsportalen werden erste Zimmer reserviert und alle paar Minuten klingelt ein Lieferant an der Tür und bringt Vorräte und kleine Einrichtungsgegenstände vorbei. Die Vorbereitungen im Ausbildungshotel "Bildungsblick" des Berufsförderungswerkes (BFW) in Kirchseeon laufen auf Hochtouren. "Die Eröffnung ist nicht mehr aufzuhalten", sagt der etwas atemlose Hotelleiter Sascha Kurzawa in seinem Büro im achten Stock des BFW, wo auch das Hotel untergebracht ist. Seit Mai ist er in Kirchseeon, um das "Bildungsblick" auf den Normalbetrieb vorzubereiten, damit hier bald wieder Menschen zurück ins Berufsleben geführt werden können.

Das Gästehaus muss in Zukunft wirtschaftlich arbeiten und wird nicht mehr steuerlich begünstigt. Dem war ein Streit mit dem Finanzamt Erding vorangegangen. Es entzog der ehemaligen Vorzeigeeinrichtung 2016 den Status als Zweckbetrieb, worauf das "Bildungsblick" zumachen musste. Die Einstufung als Zweckbetrieb geht mit steuerlichen Vergünstigungen einher. Nach Ansicht eines Steuerprüfers hatten die Hoteliers aber zu viel Gewinn erwirtschaftet, um sich zu qualifizieren. Da auch vor Gericht keine schnelle Einigung erzielt werden konnte, entschied sich die neue Geschäftsführung des BFW unter Günther Renaltner dafür, das "Bildungsblick" als gewinnorientierten Betrieb neu aufzustellen. Im Idealfall bedeutet dies, dass angehende Kaufleute in Zukunft unter noch realitätsnäheren Bedingungen ausgebildet werden können. Da das BFW hier aber Neuland betritt, möchte man sich erst einmal Zeit lassen - erst im Sommer 2019 sollen die ersten Auszubildenden anfangen. Bis dahin wird der Betrieb ausschließlich von fünf fest angestellten Hotelfachkräften geführt, die Leiter Sascha Kurzawa in den vergangenen Monaten angeworben hat. Das Gästehaus hat mit seinen 29 Einzel- und 31 Doppelzimmern schon eine beachtliche Größe, wird aber noch von dem darunter liegenden Internat übertroffen, das Wohnraum für die 450 Rehabilitanden bietet, die vom BFW wieder zurück ins Berufsleben geführt werden. Neben dem Hotelbetrieb im Obergeschoss gibt es Trainingsstätten für IT-, Elektrotechnik-, Maschinenbau-, Kaufmännische-, Bau-, Sozial- und Gesundheitsberufe. Die meisten Teilnehmer konnten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ihren ursprünglichen Beruf ausüben und werden deshalb hier unter medizinischer und psychologischer Betreuung umgeschult.

Obwohl das Hotel "Bildungsblick" zunächst nur mit ausgebildeten Fachkräften seinen Betrieb aufnimmt, haben sich die Verantwortlichen nicht gerade für einen entspannten Start entschieden. Ausgerechnet am 21. September, einen Tag vor der Wiesn, soll das Gästehaus seine Tore öffnen. Da das Buchungssystem erst seit kurzem online ist und auch noch an ein paar Kinderkrankheiten leidet, sind aber immer noch Zimmer frei - ein echter Geheimtipp für Wiesnbesucher. Um auch Anwohner anzulocken, haben sich die Initiatoren außerdem eine kleine Marketingaktion ausgedacht. Wer seine Gäste im Hotel unterbringt, darf sich am nächsten Morgen kostenlos mit ihnen an den Frühstückstisch setzen.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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