Zwei Grafinger zelebrieren Austropop:Poetisch und politisch

„Zwei Gulasch und zwei Seidl Bier“: Hommage an Georg Danzer und Wolfgang Ambros von Sebastian Gassmann und Sebastian Schlagenhaufer

Sebastian Gassmann und Sebastian Schlagenhaufer in Wien.

(Foto: Veranstalter)

Sebastian Gassmann und Sebastian Schlagenhaufer huldigen mit "Zwei Gulasch und zwei Seidl Bier" österreichischen Liedermachern

Von Michaela Pelz, Forstinning

Es gibt so viel, was man endlich mal in Angriff nehmen müsste: Vor dem Winter die Garage aufräumen, die Steuerbelege 2018 sortieren, zweimal die Woche ins Fitnessstudio gehen ... oder mit dem Namensvetter und Musikerfreund ein Programm rund um die Ausnahmetalente Georg Danzer und Wolfgang Ambros auf die Beine stellen.

Sebastian Schlagenhaufer und Sebastian Gassmann haben dieses "man müsste mal" unter dem Titel "Zwei Gulasch und zwei Seidl Bier" tatsächlich in eine mehr als zweistündige Melange aus Gitarrenspiel, Gesang und Gschichtln gegossen. Darum sitzen an diesem Samstag, dem österreichischen Nationalfeiertag, fast hundert Menschen dicht an dicht im Kuhstallgewölbe der Forstinninger Wolfmühle - an Holztischen stilecht versorgt mit ungarischem Gulasch aus Wagyu Rind. Die meisten der Besucher sind mit der Musik von Danzer und Ambros aufgewachsen und haben entsprechend hohe Erwartungen an den Abend. Was sie dann bekommen und anschließend mit begeistertem Applaus honorieren, geht allerdings weit über ein musikalisches Best-of hinaus.

Doch der Reihe nach. Dass sie ein Faible für die Väter des Austropop haben, wissen Sebastian Schlagenhaufer und Sebastian Gassmann schon lange. Seit mehr als 15 Jahren machen die beiden Grafinger immer wieder gemeinsam Musik - öffentlich, etwa mit der Wolfgang Ambros Tribute Band beim kongenialen Rustikal "Der Watzmann ruft", und auch privat. Je öfter sie sich treffen, umso mehr nimmt der Wunsch Gestalt an, sich zweien der legendären "Austria 3" intensiv zu widmen. Sie wollen den "sperrigen, eher vergessenen Danzer aus dem Schatten holen", so Schlagenhaufer, und seine Lieder gemeinsam mit denen von Ambros präsentieren, der neben seinen gefälligen und allseits bekannten Hits auch viele Stücke mit Tiefgang im Repertoire hat. Außerdem nehmen sie sich vor, auch die Biografie des Duos zu beleuchten, das mit dem Song "Zwei Gulasch und zwei Seidl Bier" 1975 erstmals gemeinsam auf der Bühne stand.

Vorher fahren die beiden Sebastians noch nach Wien, um ein Gefühl für die Atmosphäre von der "Blume aus dem Gemeindebau" oder "Jö schau" zu bekommen. Der Bericht dieser Reise, inklusive der schwierigen Suche nach dem Künstlercafé Hawelka, fließt als freundschaftliche Neckerei ebenso in die Moderation ein wie die Schilderungen aus dem Leben von Ambros und Danzer. Dessen Erinnerungen an freie Tage in der Natur, gekrönt vom großmütterlichen Kaiserschmarrn, werden in poetischen Texten und langen Instrumentalpassagen so greifbar, dass man fast selbst davon träumt, Drachen zu bezwingen und "Große Dinge" zu vollbringen.

Ja, die beiden Gitarristen haben definitiv ein Händchen für harmonisch-melancholische Erinnerungen an das Erwachsenwerden ("Griechenland"), "Erste große Liebe" und den Kummer, wenn es aus ist ("Ruaf mi ned an"). Bei diesem, für ihn eines der "schönsten, traurigsten und a bissl grantigen" Lieder und sein Danzer-Favoritentitel, gibt Gassmann alles, inklusive ausdrucksstarkem Vibrato. Auch sonst zeigt der 27-Jährige vollen Körpereinsatz, verausgabt sich bei seinen zahlreichen Soli, bis ihm der Schweiß auf der Stirn steht. Das ist erkennbare Hingabe.

Doch auch Schlagenhaufer steht dem in nichts nach: Mimik und Gestik des versierten Theatermanns verleihen seinem Gesang und Spiel eine zusätzliche Dimension und seine Interpretation von "Kinettn", dem Song über einen Obdachlosen, sorgt dafür, dass sich die Anwesenden erst in einer kurzen Pause sammeln müssen, bevor Beifall aufbrandet. Es wird nicht bei diesem einen sozialkritischen Beitrag bleiben. Vor allem im zweiten Teil finden sich Werke wie "Morgenrot", von dem die niederländische Gruppe Bots zu ihrem bekannten "Aufstehn" inspiriert wurde, oder "Der oide Wessely", dem zwanzig Jahre alten Lied über die Verklärung der Nazi-Zeit.

Zustimmendes Nicken im Saal sieht man häufig, ebenso die Begeisterung beim Wiedererkennen prägender Stücke aus dem Soundtrack der eigenen Jugend. So ist der Erfolg der Veranstaltung sicher einerseits der Musikauswahl geschuldet, für die Sebastian Gassmann verantwortlich zeichnet. Wirklich komplett wird das Ganze aber erst durch die Moderation, der man - und das ist die Kunst - nicht anmerkt, dass sie komplett durchgeschrieben ist. "Das ist ganz wichtig, damit man sich nicht verzettelt", erklärt dazu Autor Sebastian Schlagenhaufer, von dem auch das Konzept stammt.

So haben sich die beiden Freunde trefflich ergänzt - wie die Künstler, denen ihre Hommage gilt. Und zum Glück ihrer Zuhörer für die Musik und nicht für die Steuererklärung entschieden!

"Zwei Gulasch und zwei Seidl Bier": Termine und Infos unter www.zweiseidlbier.wordpress.com

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