Zusätzliches Personal nötig:Einladung gemäß Artikel 13

CSU Kreis

Bettina Zetzl ist Datenschutzbeauftragte in Vaterstetten.

(Foto: oh)

Die neue Datenschutzgrundverordnung ist seit einem Dreivierteljahr in Kraft. In vielen Kommunen zeigt sich erst jetzt, wie viel Arbeit mit den neuen Regelungen verbunden ist

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Eine anständige Einladung zu formulieren, ist eine nicht ganz unwichtige Kulturtechnik. Schließlich soll sie in sympathischer und keinesfalls langweiliger Weise Lust zum Besuch der Veranstaltung machen. Das Zitieren von Gesetzestexten gehört darum nicht unbedingt zum Standardrepertoire - jedenfalls noch nicht. Künftig könnten Einladungen indes so aussehen wie jene, welche die Vaterstettener kürzlich zu ihrem Neujahrsempfang verschickt haben. Beigefügt war ein eng bedrucktes A4-Blatt mit Datenschutzhinweisen. Was zunächst wie eine Posse aus der wunderbaren Welt der Bürokratie klingt, ist gewissermaßen nur die Spitze eines Eisberges namens "Datenschutzgrundverordnung". Die ist seit einem Dreivierteljahr in Kraft und macht seitdem den Kommunen sehr viel Arbeit.

Diese besteht vor allem darin, zu dokumentieren, dass der Datenschutz auch wirklich eingehalten wird, erklärt Bettina Zetzl. Die CSU-Kreisrätin und Juristin ist von der Gemeinde Vaterstetten als Datenschutzbeauftragte mit dieser Aufgabe betraut worden. In dieser Funktion hat sie der Kommune das ungewöhnliche Beiblatt zur Neujahrsempfangseinladung empfohlen. Denn da die Vaterstettener persönlich mit Gästeliste einladen und auf dem Empfang auch noch Fotos fürs Gemeindeblatt gemacht werden, sei dies eindeutig die Erhebung personenbezogener Daten, und darüber müssten die Eingeladenen gemäß Artikel 13 der Verordnung informiert werden. Die Gäste haben außerdem die Möglichkeit dem Fotografiertwerden in ihrem Antwortschreiben zu widersprechen, wie es das Gesetz verlangt.

Vieles davon habe allerdings schon vorher gegolten, so Zetzl, "vieles davon macht auch Sinn". Neu ist nun eben die explizite Pflicht nachzuweisen, dass nur Daten erhoben werden, die auch nötig sind, etwa für einen konkreten Verwaltungsakt. Auch dass man die Bürger darüber informiert hat, welche Daten man erhebt und warum, sei nicht neu. Gerade bei Gemeinden, wo besonders viele personenbezogene Daten verarbeitet werden - vom Gebührenbescheid über den Bauantrag bis zum Trauschein - sei dies "eine brutale Fleißarbeit".

Der Nachweis, dass diese Datenschutz-Information an die Bürger erfolgt ist, sei aber nötig, um nicht verklagt zu werden, sagt Zetzl. "Man darf jetzt nicht panisch werden", eine Prozesswelle gegen Behörden und Gemeinden erwartet sie nicht. Trotzdem sollten sich diese auf mögliche juristische Auseinandersetzungen um den Datenschutz vorbereiten. Denn noch sei völlig unklar, was einer Gemeinde bei einem Datenschutzverstoß drohen könnte, entsprechende Präzedenzfälle gebe es bisher nicht.

Auch in Vaterstettens Nachbargemeinde Poing ist man bei manchen Dingen vorsichtiger geworden. Wie Thomas Stark, Geschäftsleiter der Gemeinde, erklärt, habe man bereits im vergangenen Sommer beim Ehrenamtsempfang ähnliche Formblätter zusammen mit den Einladungen verschickt wie nun die Vaterstettener. Wobei dies noch der kleinere Teil der Folgen der neuen Verordnung sei, so Stark, vor allem mache diese dem Rathaus eine Menge Arbeit. "Das stellt uns in allen Bereichen vor enorme Zusatzaufgaben" - die sich in der Gemeinde auch schon auf den Stellenplan ausgewirkt haben. Der Gemeinderat hat wegen des Datenschutzes eine zusätzliche halbe Stelle bewilligt, so Stark. Denn das Thema werde sicher nicht mit der Einführung ein paar neuer Formulare erledigt sein, "das ist eine Daueraufgabe".

Davon geht auch Martin Ellmaier aus, bei der Verwaltungsgemeinschaft Glonn zuständig für die IT-Abteilung. Gerade für kleinere Gemeinden wie jene der VG - Baiern, Bruck, Egmating, Glonn, Moosach und Oberpframmern - seien die neuen Aufgaben der Datenschutzverordnung "schon viel mehr Arbeit und es bleibt auch viel". Schließlich müsse bei jeder Änderung der Verwaltungsabläufe und bei jeder neuen Verordnung auch der Datenschutz angepasst werden. In der VG gibt es dafür einen externen Datenschutzbeauftragten, die Firma arbeitete allerdings schon vor der neuen Verordnung für die sechs Gemeinden.

Auch die Zornedinger setzen auf Sachverstand von außen, erklärt Geschäftsleiter Daniel Kommnick, zusätzlich zu den beiden Datenschutzbeauftragten in der Verwaltung kümmert sich auch eine externe Firma um das Thema. Trotzdem haben auch die Mitarbeiter im Rathaus mehr zu tun, Kommnick schätzt den Mehraufwand auf etwa eine drittel bis eine halbe Stelle. Ob es, wie in Poing, bald mehr Personal wegen des Datenschutzes geben wird, sei aber noch nicht entschieden.

In Ebersberg wird dies wohl demnächst der Fall sein, sagt Hauptamtsleiter Erik Ipsen, "es steht an", antwortet er auf die Frage, ob die Kreisstadt bald einen Datenschutzbeauftragten braucht. Besonders in der Abgaben-Abteilung habe der Aufwand durch die neuen Regeln stark zugenommen, Ipsen schätzt, dass dort gut eine Viertelstelle an Mehrarbeit zusammenkommt. Vor allem das wegen der Nachweispflicht nötige Erstellen oder Ergänzen von Formularen mache einen Großteil der zusätzlichen Arbeit aus. Bei den Nachbarn in Grafing sei der Mehraufwand noch nicht abzuschätzen, sagt Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). Aber viel zu tun gibt es seit Einführung der neuen Verordnung auf jeden Fall. Aktuell steht beispielsweise die Überarbeitung der im Rathaus vorhandenen Adresslisten an. Ob die Stadt mehr Personal einstellen oder eine externe Firma beauftragen muss, könne man noch nicht absehen, sagt Obermayr.

Mehr zu tun mit den neuen Datenschutzregeln hat man auch im Landratsamt, sagt Norbert Neugebauer, Büroleiter von Landrat Robert Niedergesäß. Mehr Arbeit machen vor allem die verschärften Nachweispflichten. Trotzdem habe man dafür noch keine zusätzlichen Stellen schaffen oder externe Fachleute beauftragen müssen, bislang erledigten das Revisionsamt und die Datenschutzbeauftragte diese Aufgaben. Mit denen man es auch nicht übertreiben solle, meint Neugebauer, Warnhinweise zum Datenschutz zusammen mit Einladungen werde das Landratsamt auch künftig nicht verschicken: "Wir gehen davon aus, dass, wenn wir jemanden zu einer Feier einladen, sich derjenige freut und nicht gegen uns klagt."

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