"Bei uns klirren die Gläser im Schrank, wenn da zwei vorbeirauschen", sagt Sonja Werner. Gemeint sind die Kieslaster, die aus dem Zornedinger Süden kommend nicht über die Bundesstraße fahren, sondern regelmäßig die Abkürzung mitten durch den Ort nehmen. Lange konnten die Anwohner dabei nur tatenlos zusehen, nun aber wollen sie dem Lärm ein Ende bereiten. Eine Interessensgemeinschaft von Bürgern aus der Münchner Straße, der Bucher Straße und der Wasserburger Landstraße fordert ein offizielles Durchfahrverbot in der Gemeinde für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Das soll für Ruhe im Zornedinger Zentrum sorgen, denn klar ist, dass der Kiesabbau in den nächsten Jahren weitergehen wird.
Bereits jetzt aber fahren tagtäglich zahlreiche schwer beladene Lastwagen am Haus von Sonja Werner und ihrem Mann Jochen in der Bucher Straße vorbei. Von den Kiesgruben im Süden der Gemeinde hinauf in den Landkreisnorden ist das nun mal der kürzeste Weg. Den Anwohnern wäre es aber deutlich lieber, die Brummifahrer würden den kleinen Schlenker über die B304 nehmen und im Westen der Gemeinde auf die Staatstraße abbiegen. Ihre Kritik: Es werden zwar ständig neue Kiesgruben ausgewiesen, um die Interessen der Zornedinger Bürger aber kümmert sich niemand. Sonja und Jochen Werner haben deshalb nun die Initiative "Flott außenrum - B304 fahr'n" ins Leben gerufen und auch bereits ein erstes Treffen mit Gleichgesinnten organisiert.
Die Bürgerinitiative will sich für mehr Lebensqualität in Zorneding einsetzen
Das Interesse der Nachbarn an dem Thema sei durchaus vorhanden, sagt Sonja Werner. Rund 20 Leute seien persönlich zur ersten Zusammenkunft gekommen, zahlreiche weitere hätten sich per E-Mail oder Telefon gemeldet. "Wir denken schon, dass da was zamgeht", sagt Werner. Die Anliegen der Interessengruppe dürften schließlich auch sehr im Sinn der Zornedinger Bürger sein. Zu den Zielen heißt es in einem Rundschreiben, das die Initiatoren auch über Facebook verbreitet haben: Mehr Sicherheit für Kinder, Radler und Spaziergänger, die Durchfahrt für Autos und Lkw unattraktiver gestalten und entlang der B304 die Verkehrsführung optimieren sowie die abkürzenden Fahrzeuglenker konkret auf das Problem ansprechen. "Wir wollen für mehr Lebensqualität am Ort sorgen", so Werner.
Wie das genau gelingen könnte, dazu gibt es zwar bereits Ideen, spruchreif ist allerdings noch nichts. So überlegen die Teilnehmer etwa, bei der Gemeinde eine Unterschriftenliste einzureichen oder eine Internetseite mit ihrem Anliegen aufzuziehen. Erste konkrete Schritte sollen dann bei einem weiteren Treffen Mitte Juni beschlossen werden. Laut Sonja Werner gehe es darum, die Interessen der Bürger im Zornedinger Rathaus zu hinterlegen, oder wie sie es selbst nennt: "Wir wollen der Gemeinde ein bisschen das Gas einstellen, auf gut Bairisch gesagt." Der Durchgangsverkehr jedenfalls müsse aus der Ortschaft raus und über die Bundesstraße fließen.
Dass das kein einfaches Unterfangen wird, ist auch Sonja Werner bewusst. "Uns ist klar, dass die Gemeinde das nicht alles allein machen kann", sagt sie mit Verweis auf die verkehrsrechtlichen Zuständigkeiten im Ebersberger Landratsamt oder im Straßenbauamt Rosenheim. Man wolle durch die Initiative das Thema aber ein bisschen vorantreiben. Werner betont jedoch auch, dass man hier nicht gegen die Gemeinde, sondern mit der Gemeinde arbeiten wolle.
Verhindern kann die Gemeinde den Abbau von Kies nicht
Diese hatte bereits vor einiger Zeit ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die Verkehrsströme im Ort besser lenken zu können. Konkrete Maßnahmen wurden daraus bis dato aber nicht abgeleitet. Dabei drängt die Zeit, wie am Dienstag in der Sitzung des örtlichen Gemeinderates deutlich wurde. Das Gremium hat an dem Abend nicht nur seine Zustimmung zu einer neuen Kiesgrube im Westen der Gemeinde erteilt, sondern auch den Vorentwurf zur Änderung des Flächennutzungsplans verabschiedet. Darin sollen nun explizit Gebiete für den Kiesabbau ausgewiesen werden. Was einerseits zwar bedeutet, dass das Rathaus nun mehr Mitspracherecht bei der Schaffung neuer Gruben hat, andererseits aber auch die Gewissheit schafft, dass der Kiesabbau am Ort auch in den kommenden Jahren weitergehen wird. Komplett verhindern lassen sich die Gruben indes nicht, denn Kiesabbau gilt als privilegiertes Vorhaben und muss somit von den Gemeinden genehmigt werden.
Findet sich also für den Abtransport des Rohstoffs keine Regelung, werden die Anwohner noch lange Zeit unter den dröhnenden und staubenden Lastwagen zu leiden haben. Dass sich Gemeinden aber sehr wohl ihre Gedanken um den Durchgangsverkehr machen können, hat jüngst die Zornedinger Nachbarkommune Kirchseeon gezeigt. Dort kam vom Rathaus selbst die Initiative, dem von der Bundesstraße verursachten Lärm am Ort Herr zu werden. Statt einer kompletten Durchfahrsperre will man dort allerdings eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 prüfen lassen.