Zorneding:Schwedischer Pfeffer

Streichtrio bezaubert Publikum im Martinstadl

Von Rita Baedeker, Zorneding

Ein bayerisches Winterparadies. So bezeichnet die schwedische Geigerin Cecilia Zilliacus die ihr sicherlich vertraute tief verschneite und kältestarrende Landschaft, in die sich das Alpenvorland in den vergangenen Tagen verwandelt hat. Die arktische Witterung passt perfekt zum nordisch angehauchten Programm des Kammerkonzerts am Sonntag im Zornedinger Martinstadl, wo das Streichtrio aus Cecilia Zilliacus, Johanna Persson, Viola, und Kati Raitinen, Violoncello, sein Zorneding-Debüt spielt. Das eisige Wetter ist wohl auch der Grund, dass der Saal nicht so voll besetzt ist wie sonst.

Als exzellentes Beispiel der zeitgenössischen Musik Schwedens haben die sympathischen, stets zu einem Lachen und zu Scherzen aufgelegten Musikerinnen die ihnen gewidmete Auftragskomposition "Inte-Nudda-Golv" der 40 Jahre jungen Komponistin Britta Byström dabei. 2015 in Malmö uraufgeführt, bezieht sich der Titel auf ein Kinderspiel, in dem es darum geht, einen Raum zu durchqueren, ohne dabei den Boden zu berühren. Das Spiel, erklärt Zilliacus dem Publikum, komme auch in Astrid Lindgrens "Pippi-Langstrumpf"-Büchern vor. Wer diese Musik aus hohen, mal schwebenden, mal hüpfenden Tönen hört, stellt sich unwillkürlich vor, wie das gehen könnte. Man steigt womöglich über Stühle und Tische, balanciert, springt, hält sich aneinander fest und unternimmt akrobatische Verrenkungen. Musikalisch illustriert wird dies durch viel Pizzicato sowie eine puppenlustige, zuweilen an (Floh-)Zirkusmusik erinnernde Klangsprache. Britta Bryström selbst beschreibt ihr Werk so: " . . . handelt es sich um eine Musik, die metrische Schwerpunkte vermeidet und statt dessen rhythmisch dazwischen springt. . . " Mit dem Trio ZilliacusPerssonRaitinen (!) hat Byström Interpretinnen gefunden, die mit Temperament, Humor und Fabulierlust das Kinderspiel mit Leben füllen.

Auch diese drei Frauen, bodenständige und renommierte, mit Preisen gewürdigte Solistinnen, mögen die Schwerelosigkeit. Etwa, wenn sie die Suite in A-Dur von Jean Sibelius spielen. Der Komponist ließ sich in seinem Werk von der Volksmusik seiner finnischen Heimat inspirieren. Dazu gehören heitere Melodien und Tanzrhythmen ebenso wie unheimliche, verstörende Motive. Klangfarbenreich gestalten die Musikerinnen das Werk. Dabei durchqueren sie den musikalischen Raum zwar nicht, ohne den Boden zu berühren, doch sie geben in ihrer Interpretation der Schwerkraft nur soweit nach wie absolut notwendig.

Emphase, Wucht und gelegentliche Schärfe kennzeichnen die Interpretation der Serenade in a-Moll von Robert Kahn. Der Komponist jüdischen Glaubens schrieb das Werk 1933 in seinem Haus in Mecklenburg, wo niemand von seiner Herkunft wusste. 1938 emigrierte er nach England. Das Trio hat Kahns Werk durch Oliver Triendl, den künstlerischen Leiter der Zornedinger Kammermusikreihe, erst kennen gelernt. In dem Stück paart sich eine filigrane und schöne Melodik mit durch heftige Bogenschläge getriebenen Rhythmen: deutsche Romantik mit schwedischem Pfeffer.

Schließlich Beethovens Streichtrio in c-Moll. Auch hier liegen dem Trio jene Passagen mit hoher Klangdichte und Temperament besonders gut. Die Präzision des Musizierens und das geschmeidige musikalische Einvernehmen der Drei verblüffen. Das Adagio, "con espressione", also mit Ausdruck, zu spielen, hat hier nordische Kraft. Die Zugabe, als "Night-Cup" angekündigt mit der Aufforderung "tap your feet to keep the beat", ist ein letztes Beispiel für Humor und Spielfreude des Trios. Ein großartiger Abend.

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