Bei den Zusammenkünften eines Gemeinderates sind Wünsche normalerweise eher fehl am Platz. Stattdessen geht es meist um handfeste Planungen, die sich auf eine solide Finanzbasis stützen. In Zorneding ist man am Dienstagabend nun aber einen komplett anderen Weg gegangen: Ohne zunächst Rücksicht darauf zu nehmen, wie das alles bezahlt werden soll, hat der Förderverein für Sport und Kultur zusammen mit dem Seniorenbeirat ein Konzept für die Neugestaltung der Ortsmitte erstellt. Herausgekommen ist eine Ideensammlung, die auf den ersten Blick ambitioniert, fast schon utopisch wirkt. Dennoch könnten die Gedankenspiele als Grundlage für eine spätere, konkrete Planung dienen.
Fördervereinsvorsitzender Gerhard Wolf fasste die Intention dieser Sondersitzung des Gemeinderates jedenfalls wie folgt zusammen: „Wir sitzen in der Frühphase hier, um Ideen zu schöpfen.“ Solche Ideen wurden dem Gremium und den durchaus zahlreich erschienenen Zuschauern in den anderthalb Stunden zuvor reichlich präsentiert. Die wohl außergewöhnlichste hatte Helmut Ertel, Geschäftsführer der VHS Vaterstetten, mitgebracht: Ein dreigeschossiges neues „Bürgerhaus“, das unter Regie der Volkshochschule betrieben werden und als neues Zentrum der Ortsmitte fungieren soll. Gebaut werden könnte das Gebäude auf dem Grundstück zwischen der Münchner Straße und der Einmündung zur Anton-Grandauer-Straße, also unmittelbar neben dem Haus der Vereine.
In das neue „Bürgerhaus“ soll auch ein Veranstaltungssaal für bis zu 100 Besucher integriert werden
Derzeit seien die Angebote der VHS auf vier Standorte in Zorneding verteilt, so Ertel. Durch das neue Bürgerhaus könne man eine zentrale Anlaufstelle für die Mitglieder schaffen. Aber auch alle anderen Bürger sollen etwas von dem Gebäude haben, denn wenn die Räume gerade nicht von der VHS genutzt würden, stünden diese anderweitig zur Verfügung, erklärte der Geschäftsführer. Helmut Ertel hatte sich auch schon Gedanken darüber gemacht, wie ein solches Bürgerhaus konkret gestaltet werden könnte. Im Keller etwa sei Platz für eine Werkstatt und den Trachtenverein, im Erdgeschoss würde ein Kulturcafé zum Verweilen einladen. Außerdem könne man dort Räume für die Zornedinger Tafel schaffen, so Ertel. Im Obergeschoss sind Bewegungs- und Seminarräume sowie ein Spiel- und Musikzimmer vorgesehen. Ein besonderes Schmankerl hat der VHS-Chef für das Dachgeschoss ausgetüftelt: Einen Martinstadl „light“ samt Bühne und Gastronomie, der rund 100 Menschen Platz bieten soll.
Dass ein solches Bauwerk nur schwer zu verwirklichen sein wird, ist dem VHS-Geschäftsführer natürlich bewusst. „Es wäre ein Traum für uns als VHS, wenn das realisiert werden könnte“, sagte Ertel dennoch. Dadurch könnte das Angebot der Bildungseinrichtung in der Gemeinde um 30 bis 50 Prozent gesteigert werden. Und auch einen selbst schon lange gehegten Wunsch wollte Ertel dem Gremium nicht vorenthalten: Die nebenan liegende alten Schmiede könne man womöglich in eine kleine Brauerei mit Brotzeitbereich umfunktionieren, in der dann eigenes Zornedinger Bier ausgeschenkt werden könnte. Abgerundet werden soll das Konzept durch einen überdachten Außenbereich, der auch Veranstaltungen im Freien möglich mache.

Einem anderen, aber nicht weniger ambitioniertem Thema widmeten sich am Dienstagabend Wolfgang Kaa und Georg Röhrmoser, die ihre „Oase Thalham“ im Gremium präsentierten. Dabei handelt es sich um ein Mehrgenerationenprojekt in Bruckmühl im Landkreis Rosenheim. Eine ähnliche Form des Zusammenlebens könnte sich der Zornedinger Förderverein auch in der neu gestalteten Ortsmitte vorstellen. In den beiden Häusern der Oase, die durch eine Genossenschaft realisiert wurden, leben junge Familien zusammen mit Senioren unter einem Dach. Über allem steht der Gemeinschaftsgedanke: Es gebe nicht nur Räume zum gegenseitigen Austausch, sondern auch im Alltag helfen sich die Bewohner gegenseitig. „Die Familien schätzen es, wenn sie die Kinder auch mal abgeben können. Im Gegenzug sind die älteren Bewohner dankbar, wenn ihnen die jungen später unter die Arme greifen“, erklärte Mit-Initiator Georg Röhrmoser.
Auch für Zorneding wolle man prüfen, ob sich ein solches Projekt mittels einer Genossenschaft umsetzen lässt, wie Gerhard Wolf sagte. Als möglichen Standort haben Förderverein und Seniorenbeirat das Anwesen mit der Hausnummer 4 in der Anton-Grandauer-Straße im Auge. „Ich glaube, das wäre für Zorneding eine ganz tolle Geschichte“, sagte Wolf. Ob diese Geschichte tatsächlich Realität wird oder reine Fiktion bleibt, hänge letztlich nicht nur von finanziellen Faktoren ab, wie der Zornedinger Architekt Rainer Knors in der Sitzung erklärte. Sollten all diese Pläne konkret werden, gelte es natürlich auch über einige baurechtliche Belange wie Abstandsflächen, Gebäudehöhen oder Stellplätze zu diskutieren.
Der Denkmalschutz prüft derzeit, ob das Haus der Vereine als Kulturgut erhaltenswert ist
Im Fall des neuen Bürgerhauses erinnerte Knors daran, dass mit dem Haus der Vereine nebenan bereits ein recht ähnliches Gebäude steht. Dessen Zukunft sei aber nach wie vor offen. Dem Architekten zufolge beschäftigt sich derzeit die Denkmalschutzbehörde mit dem historischen Bauwerk und der Frage, ob dieses als Kulturgut erhaltenswert ist. „Es macht einen großen Unterschied bei der Planung des Areals, ob das Gebäude bleibt oder nicht“, so Knors. Ohnehin sei bei dem ganzen Projekt auch keine große Eile geboten. „Wir sind noch am absoluten Anfang“, sagte der Architekt.
Obwohl auch aus den Reihen der Gemeinderäte der ein oder andere Zweifel an der Umsetzbarkeit laut wurde, stand das Gremium den Vorschlägen zunächst recht positiv gegenüber. Die einzelnen Fraktionen sollen sich in den kommenden Wochen nun ihre Gedanken dazu machen und aufkommende Fragen sammeln, danach könne man die weiteren Schritte gehen, sagte Bürgermeister Piet Mayr (CSU). Klar sei jedenfalls: „Das ist ein Projekt, das wir nicht jetzt einfach so aus dem Boden stampfen können.“