Mit einem Schwung öffnet Gerhard Wolf den Kofferraum des Kleinbusses. Dort ist: viel Platz. Er runzelt die Stirn. "Eigentlich dachte ich, hier ist noch eine dritte Sitzreihe", sagt der 70-Jährige. Aber es sind nur zwei Sitzreihen, also fünf Plätze im Kleinbus. Weil der Vorsitzende des Fördervereins das natürlich schon vorher bemerkt hat und gut vernetzt ist, kommt jetzt seine Bürokollegin um die Ecke gefahren. Im Wagen von Gabi Wappler sitzen Rosemarie Ostermeier, 76, und Ale Sekerci, 81 - die Testfahrer auf der Jungfernfahrt des ersten Einkaufbusses im Landkreis.
Ein sonniger Donnerstagmorgen, kurz vor zehn Uhr, im Zornedinger Ortsteil Pöring. Hier, oberhalb der S-Bahn-Trassen, fährt kein öffentlicher Nahverkehr. Weil es in Zorneding überhaupt nur eine Buslinie gibt - und die fährt am Gewerbegebiet vorbei nach Glonn -, müssen Senioren für Ihren Einkauf kilometerweit zu Fuß gehen oder mit dem Auto fahren. Aber nicht heute, wo die beiden Hobby-Busfahrer Gerhard Wolf und Gabi Wappler gekommen sind. Wolf deutet auf den Plan: Die quer über beide Ortsteile verteilten Haltestellen erinnern an die Berliner Ringbahn, nur dass hier mit einer Art Sammeltaxi gefahren wird. "So, los gehts", sagt Wolf und schmeißt den Motor an.
Hinterher fährt Wappler mit Rosemarie Ostermeier. Die 76-Jährige nimmt normalerweise das Auto zum Einkaufen. Allerdings hat sie vor kurzem eine neue Hüfte bekommen. "Da kann man ja nichts Schweres tragen", sagt sie. Weil Wolf und Wappler zwei mal am Gewerbegebiet vorbeikommen, hat sie die Wahl: Will sie schon nach einer Dreiviertelstunde wieder in den Bus einsteigen, oder erst bei der nächsten Rückfahrt nach anderthalb Stunden?
"Ach, dann würden wir halt noch gemütlich ein Haferl Kaffee trinken", sagt Ostermeier. Heute will sie sowieso erst einmal vorsorgen, mit einem Großeinkauf, "dann muss ich nicht jede Woche los." Los wollen an diesem Donnerstag auch fünf Seniorinnen und ein Senior, die auf der Zornedinger Seite warten. Dass hinten in Wolfs Sammeltaxi noch Platz ist, erweist sich jetzt als Vorteil. Der Rollator des Seniors ist rasch verstaut, der Motor brummt wieder.
Das Sammeltaxi ist Wolfs Revier. Dort hat es sich auch Hilda Haberbusch gemütlich gemacht. "Das muss man einfach unterstützen", sagt die Frau mit der beigen Hose, dem Blümchenshirt und der rötlichen Brille. Wie alle hier freut sie sich über den gemeinsamen Vorstoß vom Seniorendomizil "Haus Bartholomäus", das Wagen samt Sprit bereitstellt, sowie der Gemeinde, die Flyer für 4200 Zornedinger Haushalte gedruckt hat. Und natürlich das Engagement von Wolf und Wappler, die jetzt - natürlich in einer Kolonne - das Gewerbegebiet ansteuern.
Derweil zählt Haberbusch die Vorteile der neuen Dienstleistung auf. "Wenn ich das Essen über den Lieferservice bestelle, dann weiß ich nicht: Haben die Bananen Flecken? Ist der Salat noch frisch? Oder die Paprika schon faul? Das möcht ich mir doch selber anschauen", sagt sie. Ihr Beispiel zeigt, dass die neue Einrichtung auch ein Mittel zur Selbstbestimmung für ältere Menschen ist. Ein Mittel, selber zu entscheiden, unter die Leute zu kommen, am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Der Wagen biegt ins Gewerbegebiet, Gelächter im Auto. "Wenn ihr nicht bezahlt, lass ich euch nicht raus." Wolf droht im Scherz mit der Zentralverriegelung, sollten die Senioren Fahnenflucht begehen. Am Parkplatz angekommen, hievt er den Rollator aus dem Kofferraum. Und das mit den drei Euro Fahrtgeld? Wolf: "Das können wir ja dann auf dem Rückweg regeln."
Der Zornedinger Einkaufsbus fährt jeden Donnerstag zwischen 10 und 12 Uhr. Für eine Abholung aus Wolfesing, Ingelsberg und Punkten abseits der Haltestellen wird um eine Anmeldung am Vortag (mittwochs bis 12 Uhr) unter (08106) 9991116 erbeten. Angebote als ehrenamtlicher Fahrer bei Gerhard Wolf unter Tel. (0151) 10958938. Der Fahrplan ist unter www.zorneding.de/leben/Zornedinger_Einkaufsbus_Download.pdf einsehbar.