Musikschule Vaterstetten:Großer Spaß im Instrumenten-Zoo

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Ein klassisches Konzert für Kinder? Wie gut das funktionieren kann, wurde am Samstagabend im Zornedinger Martinstadl deutlich. (Foto: Christian Endt)

Mit einem fröhlichen Kinder- und Familienkonzert beschließt die Musikschule Vaterstetten den Reigen zum Jubiläumsjahr. Für die Textpassagen im "Karneval der Tiere" gibt sich ein besonderer Vorleser die Ehre.

Von Ulrich Pfaffenberger, Zorneding

So "vivace" wie am vergangenen Samstagnachmittag hat sich ein Konzert im Zornedinger Martinstadl schon lange nicht mehr angefühlt. Was zum großen Teil dem Publikum beim Kinder- und Familienkonzert zu danken ist, mit dem die Musikschule Vaterstetten ihr Jubiläumsjahr zum Fünfzigsten ausklingen ließ. Da durfte laut gelacht und gefragt werden, da konnte man mitten unter der Musik mal aufstehen und ein paar Reihen weiter hinten nachsehen, ob die Familie auch schön aufmerksam zuhört, oder eine kleine Runde "Fangen" mit Freunden einlegen.

Als beim "Karneval der Tiere" sich die Musik als tanzbar erwies, zögerte das jüngere Publikum nicht, seine innere Bewegung in eine äußere zu übersetzen, manches davon durchaus schon tauglich fürs Ballett. Bei solch offenkundiger Begeisterung für aktive Teilhabe am Geschehen störte sich dann auch niemand mehr an der vermeintlichen Todsünde "erwachsener" Konzerte und es wurde fröhlich und aufmunternd auch zwischen den Sätzen geklatscht. Kein Wunder, dass sich Felix, der den freien Nebenplatz in der ersten Reihe gern annahm, auf die Frage, was ihm denn am Konzert gefallen habe, mit fester Überzeugung das künstlerische Gesamterlebnis in drei Worte fasste: "Alles war schön."

Die Musikschule Vaterstetten lud zu einem Besuch in der Artenvielfalt des Instrumenten-Zoos ein. (Foto: Christian Endt)

Mit den beiden gewählten Werken haben die Veranstalter auch punktgenau den Erwartungshorizont berührt. Die Kinder-Sinfonie von Joseph Haydn mag zu ihrer Entstehungszeit als liebevolle Spielerei empfunden worden sein. Ihren Charme versprüht sie bis heute, ihr Lockruf zuliebe der Klassik ist von zeitloser Qualität. Das heitere Vogelgezwitscher auf der "Wachtel", der Effektpfeife, auf die Komponisten mit Humor vertrauen, ist nicht nur eine fröhliche Bereicherung im Bläsersatz. Sie schlägt auch die Brücke in die Frühzeit der Menschheit, als unsere Ahnen auf einfachen Flöten die Klänge aus der Natur imitierten und so die Musik als Mittel des Erzählens und der Verständigung empfanden.

Ähnlich dürfe es sich mit der Ratsche verhalten haben, die ihren Weg vom Signalgeber im weiten Feld über die Percussion auf der Konzertbühne zum lautstarken Anfeuerungshelfer im Fußballstadion gemacht hat. Aber so pädagogisch genau wollte es das Lehrer-Orchester an diesem Nachmittag gar nicht haben, keine Fortsetzung des Unterrichts musizieren. Vielmehr entfaltete sich das Spiel des Ensembles zu einem fröhlichen Dankeschön-Blumenstrauß an Eltern, Kinder und Freunde der Musikschule.

Henry Bonamy dirigierte das Lehrer-Ensemble. (Foto: Christian Endt)

Oder zu einem Besuch in der Artenvielfalt des Instrumenten-Zoos, zu dem Camille Saint-Saëns "Karneval der Tiere" nach der Pause einlud. Sunny Howard, Mirjam Sendtner und Oleksandra Tovkailo ließen ganze Schwärme von Kolibris aus den Bäumen aufsteigen. Martha Dachowska an der Viola, Benedikt Breinl am Cello und Stefan Engels am Kontrabass erwiesen sich als kongeniale Stimm- und Rhythmusgeber, als sich das Schildkrötenballett zum Zeitlupen-Cancan aufmachte. So überzeugend war Breinl, dass seine Schülerin Lucia (freier Stuhl links) sich jetzt schon darauf freut, das Stück "Der Schwan" auch einmal zu spielen. Der Kritiker hat seinen Besuch fest zugesagt.

Sichtlich gefallen hat das Jubiläumskonzert auch Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß, der in die Rolle des Vorlesers schlüpfte. (Foto: Christian Endt)

David Jäger an der Kuckucks-Klarinette und Katharina Schippan an der Querflöte brachten Pfiff und Witz in die Fossilien-Schlagerparade. Mit Xylophon und Glockenspiel brachte Bernd Kölmel die karnevalistischen Grundtonarten zum Klingen, während die beiden Eichhörnchen am Flügel, Martina Hußmann und Rosie Hemingway, über die Tasten flitzten, hüpften und donnerten, dass es eine wahre Freude war. Wenn Instrumentenkunde sich so präsentiert, braucht einem um die Zukunft klassischer Orchester nicht bange sein - zumal, wenn es auch dort, wie im Jazz schon üblich, häufiger persönliche Vorstellungen der Instrumente und Instrumentalisten gäbe, wie sie Christl Mitterer zur Mitte des Konzerts gab. Die Vorsitzende des Fördervereins gehörte ebenso wie der frühere Leiter der Musikschule, Kurt Schneeweis, sowie Zornedings Bürgermeister Piet Mayr und Berndhard Failer, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Ebersberg, zu den Gästen des Konzerts, die besonders herzlich applaudierten.

Der Landrat empfiehlt sich für weiterführende dramaturgische Aufgaben außerhalb der Politik

Einer der Ehrengäste wechselte nach der Pause aus der ersten Reihe im Publikum in eine aktive Rolle im Konzert: Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß erwies sich als Bestbesetzung für den Vortrag der Textpassagen im "Karneval der Tiere". Mit spürbarem Verständnis für den tiefsinnigen Humor Loriots, der diese hintersinnigen Betrachtungen verfasst hat, bewegte sich der Vorleser so tief ins Geschehen hinein, dass ein perfektes "Wie dabei"-Gefühl entstand. Wozu sicher auch beitrug, dass er in freier Improvisation die Orte des Geschehens in den Ebersberger Forst und an den Egglburger See verlegte. Klare Sprache, entspannte Satzmelodie, dezente, punktgenau gesetzte Gestik: Mit diesem Auftritt hat sich der Landrat durchaus für weiterführende dramaturgische Aufgaben außerhalb der Politik empfohlen.

Als letzter "großer Anlass" im Jubiläumsjahr hat das Finale geschickt und glücklich an die bunte Reihe von Veranstaltungen angeknüpft, mit dem die Musikschule selbstbewusst Vielfalt und Anspruch demonstrierte. Gute Voraussetzungen also für Gastgeber Bernd Kölmel, zusätzliche Anziehungskraft für die von ihm geleitete Einrichtung zu schaffen. Außer vielleicht bei Felix, dem die trompetende Schwester schon genug Sound in der Familie zu sein scheint. Wenn er indes von diesem Ausgangspunkt den Weg findet, um zum aufmerksamen Konzertbesucher zu werden, dient auch das dem guten Zweck. Schärft sich doch über solche Anlässe der Sinn für den Wert lebendiger, in Präsenz musizierter Klänge gegenüber den bis zum Überdruss perfekten Konserven. Denn nur dort gibt es so lebhaften, begeisterten Applaus wie beim Konzert im Martinstadl.

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