Zorneding:Massenschlägerei unter jugendlichen Flüchtlingen

Minderjährige Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern gehen aufeinander mit Steinen, Stühlen und einem Stock los. Nur mit Mühe können sie voneinander getrennt werden. Die Gemeinde wirft dem Jugendamt München vor, Zorneding mit den Problemen allein zu lassen.

Von Isabel Meixner

Ein Konflikt zwischen minderjährigen Flüchtlingen hat am Sonntagabend in einer Massenschlägerei geendet. Gegen 22 Uhr gerieten eritreische und syrische Jugendliche im Eschenhof aneinander, dabei wurden laut Polizei drei Asylbewerber verletzt. Ein 17-jähriger Libyer, der vor der Schlägerei im nahe gelegenen Gasthaus Neuwirt Zuflucht suchte, wurde von sieben Eritreern mit Steinen und einem Schlagstock verfolgt und im Gastraum geschlagen. "Der ist regelrecht geflohen. Der wollte nicht, dass sie ihn kriegen", sagt Wirtin Franziska Glonner. Gäste und eine Bedienung versuchten, die Männer voneinander zu trennen, und hielten den mutmaßlichen Haupttäter, einen 17-Jährigen, bis zum Eintreffen der Polizei fest. Am Montag wurde gegen ihn Haftbefehl beantragt.

Außer dem 17-Jährigen wurden noch vier weitere Flüchtlinge festgenommen. Die Zornedinger Ortsdurchfahrt war während des Polizeieinsatzes eine Stunde lang gesperrt. Der attackierte Libyer musste behandelt werden. Am Einsatzort waren insgesamt drei Notärzte, fünf Rettungswagen und acht Streifenfahrzeuge der Polizei aus Ebersberg, Hohenbrunn und Poing sowie Fahndungskräfte und ein Diensthundeführer aus Erding. Bereits am Samstagabend war es im Eschenhof zu einem handfesten Streit zwischen afrikanischen und arabischen Jugendlichen gekommen. Dabei flogen Polizeiangaben zufolge auch Stühle, verletzt wurde aber niemand. Was genau der Grund für die Streitigkeiten am Wochenende war, ist offen.

Bürgermeister Piet Mayr (CSU) wurde noch am Sonntagabend von einem Anwohner zum Eschenhof gerufen. Er kam am Eschenhof erst an, als die Polizei bereits am Einsatzort war. "Der Zustand ist in einem Wohngebiet nicht haltbar", sagte er am Montag. Die Anwohner hätten sich in ihre Häuser zurückgezogen und Angst gehabt. Viele Bürger seien aufgebracht. "Das verstehe ich auch", sagt Mayr. Die drei Sicherheitsleute, die am Eschenhof am Sonntagabend im Einsatz waren, seien überfordert gewesen. Außer ihnen war noch ein Sozialpädagoge anwesend.

Vor einem Monat hatte die Stadt München ohne große Vorlaufzeit in dem ehemaligen Zornedinger Gasthof 56 unbegleitete minderjährige Asylbewerber untergebracht. Die Gemeinde sieht sich mit den Folgeproblemen allein gelassen: Weder sei der versprochene Betreuungsschlüssel von einem Sozialarbeiter pro fünf Bewohnern eingehalten noch reagiere das Jugendamt München auf Anfragen der Gemeinde. "Wir laufen mit unseren Bemühungen ins Leere", sagt Mayr. E-Mails würden nicht beantwortet, die Verantwortlichen seien telefonisch nicht erreichbar.

Mayr ist mit seiner Geduld am Ende und schließt eine Schließung der Flüchtlingseinrichtung nicht aus: "Wir waren wirklich gutwillig, haben Kleiderspenden organisiert und dachten, der Konflikt wäre zu entschärfen." Nun müsse mit dem Münchner Jugendamt eine Lösung gefunden werden. "Die Form lasse ich bewusst offen", betont der Bürgermeister.

Noch deutlicher wurde Amtsleiter Daniel Kommnick, der am Montag "richtig böse" war: "Die haben hier ein Problem abgeladen." Er betont: "Wir wollen die Flüchtlinge im Ort haben, aber nicht mit dieser Zusammenarbeit und dieser Enge." Bei Kommnick und Bürgermeister Mayr stand am Montag das Telefon nicht still: Neben Telefonaten mit den Behörden riefen immer wieder besorgte Anwohner an. "Die Bürger haben plötzlich Angst", berichtet Kommnick.

Stadtjugendamtsleiterin Maria Kurz-Adam versprach in einer ersten Stellungnahme am Montagabend, "alle notwendigen Schritte zu veranlassen, damit es nicht mehr zu solchen massiven Vorfällen kommt". Die sozialpädagogische Betreuung solle " deutlich verstärkt" werden. Konkreter möchte sich die Behörde erst äußern, wenn der Vorfall gänzlich untersucht ist.

Wie Mayr sagt, hat es seit der Ankunft der Minderjährigen immer wieder kleinere Streitigkeiten zwischen den Jugendlichen gegeben, die teilweise auch mit Hilfe der Polizei geschlichtet wurden. Die Einrichtung ist derzeit nur geduldet: Wegen Mängeln beim Brandschutz hat die Stadt München keine Betriebserlaubnis für den Eschenhof erhalten. Vertreter von Gemeinde, Polizei und Landratsamt wollen an diesem Dienstag über das weitere Vorgehen beraten.

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