Zorneding:Leben, aber möglichst lautlos

Ein Treffen von Anwohnern des Zornedinger Herzogplatzes macht deutlich: Die unterschiedlichen Bedürfnisse sind nur schwer unter einen Hut zu bringen. Einige Engagierte wollen das mit Unterstützung der Gemeinde dennoch versuchen

Von Karin Kampwerth, Zorneding

Eine Eisdiele, einen Wochenmarkt oder eine Bühne für kulturelle Veranstaltungen, die wird es nicht am Zornedinger Herzogplatz geben. Was aber möglich ist, um das Areal, wenn schon nicht zu beleben, dann doch wenigstens zu verschönern, darüber hat nun eine Gruppe von Anwohnern beraten. Initiiert wurde das Treffen von Ulrich Fischer, früherer Gemeinderat der Bürgerliste und nebenberuflich Wirt der Cafébar Herzog, der für die Zusammenkunft in seine Gaststätte auch Bürgermeister Piet Mayr (CSU) eingeladen hatte. Aus gutem Grund, denn der Rathauschef hatte einen großen Block dabei, um viele Anregungen mitzunehmen und in einen gemeindlichen Ideenwettbewerb einfließen zu lassen, der bis zum 31. Mai läuft.

Fischer forderte die drei Handvoll Gäste auf, zunächst außerhalb der Grenzen von Machbarkeit und Finanzierbarkeit zu denken. Als Anregung hatte Alfred Scheffelmann, Hobbymaler, Helferkreis-Mitglied, früherer Lehrer und Weitgereister, Fotos von Kunst im öffentlichen Raum aus aller Welt mitgebracht. Zum Beispiel von einer steinernen Figur, die auf dem Grund eines Brunnens liegt. Gesehen an der Amalfiküste und von Scheffelmann auch für vandalismusresistent befunden. Weiter zeigte er mannshohe Bronzefiguren, bewachsene Steinköpfe oder auch originell gestaltete Wegweiser, die die Entfernungen nach Moskau, Berlin oder New York angeben, "um Orientierung zu finden", wie Scheffelmann sagte.

Zorneding Herzogplatz

Bei Sonnenschein wirkt selbst der in die Jahre gekommene Herzogplatz sympathisch.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gefallen fanden seine Vorschläge indes nicht bei jedem. Ein Anwohner schimpfte etwa, "dass diese Kunst doch keinen Menschen interessiert". Er habe mehr an Veranstaltungen gedacht, zum Beispiel Flohmärkte, "die gehören öfters gemacht". Eine Streit-Sequenz im übrigen, die das Problem des Herzogplatzes und seiner Anwohner nicht besser hätte auf den Punkt bringen können: Die einen wollen so, die anderen so. Strittig ist vor allem alles, was Lärm verursacht. Stört den einen die Fontäne des Brunnens, der deshalb außer Betrieb genommen wurde, sind es für die anderen juchzende Kinder, die sich auf den Schaukeltieren rund um den Platz vergnügen.

Bürgermeister Mayr kennt die Debatten gut, hat er doch von 1979 bis 1985 am Herzogplatz gewohnt - und war oft, wie er einräumte, bei fröhlichen Nachbarschaftstreffen dabei - und anschließend vielleicht selber beteiligt an so mancher Ruhestörung. Später, als Angestellter der Gemeinde und nun als Bürgermeister, hat er die Geschäfte vor allem gehen gesehen. Einst gab es ein Schuhgeschäft, eine Pizzeria, eine Boutique, eine Kneipe und noch einiges mehr. Kürzlich erst hatte die Herzerlstube, ein Secondhand-Laden für Kinder, aufgegeben. In die Räume ist inzwischen eine Reinigungsfirma eingezogen. Geblieben sind Arztpraxen und die Apotheke von Martina Schott, die auch als Vorsitzende des Seniorenbeirates ins "Herzog" gekommen war, übrigens einer der wenigen Neuzugänge am Platz.

Einig waren sich die Anwesenden, dass eine maßvolle Belebung dem Herzogplatz gut tue. Zum Beispiel mit einem Wochenmarkt. Gerhard Wolf vom Förderverein für Sport und Kultur warb für ein Modell, bei dem zunächst Ehrenamtliche den Ein- und Verkauf übernähmen, beispielsweise auch mit Produkten der Zornedinger Direktvermarkter vom Biohof Lenz, Pflugers Hofladen oder Eier vom Glonnerhof. Bei Erfolg könne das professionelle Händler locken. Außerdem soll der ADFC den Herzogplatz als Startpunkt für Radltouren nutzen, in einer ausgedienten Telefonzelle könnten Bücher zum Ausleihen deponiert und in Hochbeeten für die Allgemeinheit gegärtnert werden. Großen Anklang fand ein Flohmarkt, den Gerhard Wolf zusätzlich zum Kinderfest am 22. September veranstalten will - allerdings mit Livemusik, was einem Anwohner auch für ein einziges Mal im Jahr zu viel erschien, schließlich gingen viele Wohnzimmer zum Herzogplatz hinaus. Sarkastischer Kommentar einer älteren Dame dazu: "Es gibt ja viele Altenheime am Waldrand. Dort sterben die Leute aber früher, weil es kein Leben gibt."

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