Zorneding:Trauer im Libellenflug

Susanne Ospelkaus, Kinderbuchautorin

Susanne Ospelkaus aus Pöring mit ihrem Kinderbuch über das Sterben und Raupe Elias, die bei Lesungen eingesetzt wird.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit einem Bilderbuch will Susanne Ospelkaus aus Zorneding Kindern helfen, den Tod besser zu verstehen

Von Franziska Langhammer, Zorneding

Worte können trösten, aber manchmal werden sie von Sprachlosigkeit beiseite gedrückt. Etwa, wenn etwas Ungeheuerliches geschieht, das man selbst nicht begreifen, geschweige denn formulieren kann.

Susanne Ospelkaus machte diese Erfahrung, als ihr Mann vor zwölf Jahren an Leukämie starb. Ihre Kinder waren damals zwei und vier Jahre alt, der Tod bis dahin kein großes Thema in ihrem Leben gewesen. "Man war so jung, man hat das Leben geplant", sagt sie. Mit dem Verlust kam die Sprachlosigkeit. Nicht nur die eigene, sondern auch die der Nachbarn, oder im Kindergarten. "Ich musste etwas finden, um das zu erklären", so Ospelkaus.

In der Sparte "Tod und Trauer" bei den Kinderbüchern fand sie damals einige Geschichten, die sich zum Beispiel mit dem Tod des Großvaters oder eines Geschwisters beschäftigen. "Diese Geschichten waren aber immer mit Menschen", sagt Ospelkaus. Das sei ihr zu nah gewesen, die Last der Trauer noch zu groß. "Das konnte ich nicht vorlesen, ohne selbst weinen zu müssen", so die Zornedingerin. Also hat sie sich auf die Suche nach Bildern gemacht, Metaphern, die das Unaussprechliche erträglicher machen.

Herausgekommen ist die Fabel von Elias, der Libelle. Libellenlarven wachsen zwei Jahre unter Wasser heran, bevor sie sich an die Oberfläche wagen und dort zu Libellen werden, erzählt Ospelkaus. So auch Larve Elias, der in einem wunderschönen See heranwächst. Die älteren Larven berichten in der Geschichte davon, dass sie irgendwann nach oben müssen, dass es eine Welt außerhalb des Sees gibt. Elias will diesem Rätsel auf den Grund gehen und verspricht, wiederzukommen, wenn er einmal dort war, über dem Wasser. Irgendwann spürt er, dass ihn etwas nach oben zieht, er klettert auf eine Wurzel und schlüpft. Dort oben, so Ospelkaus, wundere er sich über das, was er sehe, finde keine Worte dafür - aber es ist schön. Elias will eintauchen und zurück zu den Larven, aber es geht nicht. "Ich sehe, und ihr ahnt etwas - aber ich bin gleich nebenan": Diese Botschaft will das von Dubravka Kolanovic feinsinnig illustrierte Kinderbuch vermitteln. Ospelkaus' christlicher Hintergrund fließt in die Geschichte ein, doch betont sie, dass auch in anderen Religionen das Leben mit dem Tod nicht ende: "Es ist nicht alles kaputt, weil jemand geht."

Von einem Libellen-Experten vom Naturschutzbund ließ Susanne Ospelkaus die Fakten prüfen, und stieß dabei auf eine schöne Koinzidenz mit ihrer Geschichte: "Keiner weiß warum, aber die ausgewachsenen Libellen klatschen mit dem Bauch aufs Wasser, wenn sie darüber fliegen." Geeignet ist das Buch "Auf Wiedersehen, Elias" für Kinder zwischen drei und vier Jahren. In diesem Alter, so Ospelkaus, äußere sich Trauer oft in der Empörung darüber, dass der geliebte Mensch nie wieder komme. Ältere Kinder hingegen wollten öfter Prozesse verstehen und beispielsweise wissen, was mit den Menschen im Sarg dann passiere.

Susanne Ospelkaus ist Ergotherapeutin, arbeitet mit Kindern, auch schwer kranken. Sie hält Vorträge, Lesungen, auch für Pflegende und Angehörige. Über Trauer hat sie gelernt, dass sie mit einem geht, aber dass sie sich mit der Zeit verändert. Rückblickend auf ihre eigene akute Trauerphase sagt sie: "Ich würde viel stärker sagen, was ich brauche." Manchmal habe man die Erwartung, das Umfeld müsse spüren, wo es helfen könne. Dabei seien viele dankbar, wenn sie wissen, was sie tun sollen - etwa einen Kuchen backen, oder gemeinsam den Jahrestag feiern. Freunde von Trauernden will Ospelkaus ermutigen, auch Alltagshilfe anzubieten wie etwa den Rasen zu mähen, die Kinder abzuholen oder einfach mal einen Behördengang zu begleiten. "Sich dazu aufzuraffen, ist bei der akuten Trauer unglaublich schwer", sagt Ospelkaus, "das ist für andere oft nicht nachvollziehbar".

Auch andere Themen etwa Sexualität würden oftmals nicht offen angesprochen, aus Scham, oder weil wir nicht viele Worte dafür an die Hand bekommen haben. "Meine Botschaft ist: "Lasst uns drüber reden!", sagt Ospelkaus. Das Leben sei vielfältig und lasse sich nicht in isolierten Kategorien betrachten. Gerade an Kindern, die eben noch traurig sind, im nächsten Moment ans Eisessen denken, könne man sehen, dass Trauer und Freude eng beieinander liegen.

Das Kinderbuch "Auf Wiedersehen, Elias" von Susanne Ospelkaus ist im SCM R. Brockhaus Verlag erschienen und kostet 14,99 Euro. Die Autorin besucht auch Kindergärten mit Mitmach-Aktionen. Infos dazu auf www.susanne-ospelkaus.com.

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