Konzert in Zorneding:Herzerfrischend, wenn sich jemand etwas traut

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Das junge "Trio Gaspard" präsentiert im Zornedinger Martinsstadl ein vielversprechendes musikalisches Bukett. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das junge "Trio Gaspard" erfüllt beim Kammermusikzyklus den Martinstadl mit Vitalität und Esprit.

Von   Ulrich Pfaffenberger, Zorneding

Draußen liegt Schnee, drinnen flirrt der Frühling. So geschehen am Sonntag beim jüngsten Konzert im Kammermusikzyklus des Kulturvereins Zorneding-Baldham. Ein junges Ensemble gastierte da im Martinstadl, das Trio Gaspard, und hatte ein Bukett aus vier Werken mitgebracht, das sich als spannendes Arrangement erwies: ein d-Moll-Trio von Fanny Hensel, geb. Mendelssohn, ein B-Dur-Trio von Joseph Haydn, ein Trio der Britin Charlotte Bray sowie ein c-Moll-Trio von Felix Mendelssohn Bartholdy. Schon von den Tonarten her ein blühendes Versprechen, von den Namen her erst recht.

Allein schon die Klammer zweier Werke von Schwester und Bruder zu Auftakt und Ausklang versprach einen Mehrwert. Etwa, ob sich in der - elterlich erzwungenen - künstlerischen Zurückhaltung für Fanny eine andere Musiksprache entwickelt als in der brüderlichen Freiheit für Felix. Ja, das lässt sich feststellen, aber der Unterschied ist marginal. Oder, nächste Frage: Kann man heraushören, ob eine Musik weiblichen oder männlichen Ursprungs ist? Nein, kann man nicht. Was nicht nur für die beiden Geschwister gilt, sondern auch für Haydn und Bray, soviel vorweg.

All dies spricht dafür, dass sich Jonian Ilias Kadesha (Violine), Vashti Hunter (Violoncello) und Nicholas Rimmer (Klavier) nicht nur mit den Noten auseinandergesetzt haben, sondern auch mit den biografischen Elementen zwischen den Zeilen. Aber sie machen das nicht zum Thema. Vielmehr verstehen sie es makellos, die Botschaften aufzugreifen, die aus den Kompositionen zu ihnen sprechen. Diese feine Balance zwischen Emotion und Verstand entwickelt für die Zuhörer jenen ergreifenden Effekt, der Konzerte in der Erinnerung verankert: "So habe ich das noch nie gehört."

Einmal mehr erweist sich der Kammermusikzyklus als eine Schatzgrube

Wesentlich trägt dazu die Interpretation von Pianist Rimmer bei, der stets präsent ist, aber sich nie in den Vordergrund spielt. So sollte das immer sein. Genauso wie mit dem blinden Verständnis untereinander, das bei wechselnden Führungen und in lyrischen Passagen Melodie und Dynamik so fein abzustimmen erlaubt, dass man die Musik nicht nur hört, sondern erlebt. Violinistin und Cellist erweisen sich als Paradebeispiel dafür, wie sich das Leben aus der kompositorischen Idee über den Charakter des Instruments mit der Verantwortung der Spielenden so verbinden lässt, dass "Schönheit" in all ihren Facetten spürbar wird. Einmal mehr erweist sich der Kammermusikzyklus als eine Schatzgrube für bereichernde Begegnungen mit Ensembles, die aus der Masse herausragen.

Am stärksten äußert sich der kunstvolle Umgang mit den Instrumenten in "That Crazed Smile", dem gerade erst acht Jahre alten Sechsminüter von Charlotte Bray, voll koboldhafter Tumulte und feenhaft-feinen Hauchs, angelehnt an das zauberhafte Kleinvolk im "Sommernachtstraum". Ein Schrecken für alle, die "moderne" Musik fürchten wie der Teufel das Weihwasser, ein Heidenspaß für alle, die dem Glauben an eine "reine" Klassik abgeschworen haben. Mal fragil, wie eine zitternde Blüte im Schnee, mal forsch, wie der Pflug im frühlingsbereiten Acker, schafft das Ensemble eine Atmosphäre, wie es die Komponistin sich wünscht, aus dem "Konflikt von Traumwelt und Realität, der am Tag auftaucht und nachts im Traum gemildert erscheint". Man braucht nur zum Fenster hinauszusehen, um diesen Konflikt in der Natur wahrzunehmen - oder die Gedanken nach innen zu wenden, um ihn in sich selbst zu spüren.

Ansatzlos von der Moderne in die Romantik: Das überrumpelte Publikum applaudiert

Als hätte es am Vorabend eine Überdosis von "Verstehen Sie Spaß?" genossen, erlaubt sich das Trio den Scherz, ansatzlos überzugehen ins c-Moll-Trio jenes Mannes, der durch die Ouvertüre und Bühnenmusik zum "Sommernachtstraum" dem Stoff ebenfalls verbunden ist. Das "Allegro energico e con fuoco" rückt die Schallwellen wieder in vertraute Hörgewohnheiten - so vertraut, dass sich das überrumpelte Publikum zum Applaus nach dem ersten Satz hinreißen lässt. Auf der Bühne derweil schelmisches Grinsen.

Das hätte auch der Haydn vor der Pause verdient gehabt, der im Nachklang zur phantasievollen Interpretation von Hensels Trio eine Verjüngungskur erfuhr, die man sich kaum vorstellen kann, ohne sie live gehört zu haben. Herzerfrischend, was einem beschert wird, wenn sich jemand etwas traut. Die Leichtigkeit des ersten Opus - vor allem die lebensfrohe Freiheit des dritten Satzes als "Lied" - schwingt hinüber in die zwei fröhlichen Haydn-Sätze, dass es eine wahre Freude ist. Gleichzeitig entsteht so eine Nähe musikalischer Gedanken über Zeit und Epochen hinweg, die verstehen lässt, warum sich die Künstler mal vom einen, mal vom anderen Vorbild inspiriert fühlten, wenn sie Neues schöpften. Zurecht daher auch noch einmal ein Haydn-Satz als Zugabe und Dank an ein Publikum, das mit kräftigem Applaus und vielen Bravo-Rufen honorierte, wie viel Vitalität und Esprit ihm in diesen zwei Stunden zuteil geworden war.

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