Zornedinger OrtsgeschichteAbgebrochener Abbruch

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Als das Haus der Vereine in Zorneding 1867 gebaut wurde, war gerade der Krieg zwischen Bayern/Österreich gegen Preußen zu Ende gegangen.
Als das Haus der Vereine in Zorneding 1867 gebaut wurde, war gerade der Krieg zwischen Bayern/Österreich gegen Preußen zu Ende gegangen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Zornedinger Gemeinderat kassiert seinen Beschluss über den Abriss des Hauses der Vereine wieder ein. Nun ist erneut völlig offen, wie es mit dem historischen Gebäude im Ortszentrum weitergeht.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Wenn Totgesagte tatsächlich länger leben sollten, wie es in dem bekannten Sprichwort heißt, dann könnte das Haus der Vereine in Zorneding noch eine blühende Zukunft vor sich haben. Denn zumindest an der Schwelle des Todes stand das historische Gebäude in den vergangenen Wochen bereits, nachdem der Gemeinderat entschieden hatte, das rund 160 Jahre alte Bauwerk abzureißen. Am Donnerstagabend nun hat das Gremium indes eine Kehrtwende hingelegt und den Ende Oktober gefassten Beschluss wieder einkassiert. Was mit dem Gebäude im Ortszentrum jetzt passiert, ist dadurch wieder völlig offen.

Gut dokumentiert hingegen ist die Bedeutung, die das Haus der Vereine für Zorneding hat – und zwar in der Gemeindechronik. Dort sticht gar nicht so sehr der Eintrag über die Errichtung des Gebäudes im Jahr 1867 ins Auge, sondern vielmehr die beiden Ereignisse davor und danach. Für das Jahr 1866 etwa ist vermerkt, dass der Krieg zwischen Bayern/Österreich gegen Preußen vier Soldaten aus dem heutigen Gemeindegebiet das Leben gekostet hat. Sieben Zornedinger Soldaten waren hingegen im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gefallen. In den Jahren dazwischen hat die Gemeinde das 1802 erbaute Schulhaus abgerissen und durch das heutige Haus der Vereine ersetzt – ein Gebäude also, das aus jeder Pore Geschichte atmet.

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Allzu tief Luft holen sollte man in dessen Innerem heutzutage jedoch nicht, denn der Zahn der Zeit nagt an der Bausubstanz, die auch unter anhaltender Feuchtigkeit leidet. Weil das Haus, das ursprünglich eine Schule und später das Rathaus der Gemeinde war, inzwischen ohnehin leer steht und eine Sanierung teuer wäre, wollte der Gemeinderat das Gebäude abreißen. Diese Entscheidung von Ende Oktober sorgte allerdings nicht nur für einen Aufschrei in der Zornedinger Bevölkerung, auch der Bayerische Landesverein für Heimatpflege meldete sich zu Wort – und drohte mit einem unrühmlichen Titel. Der Beschluss der Lokalpolitiker sei „fantasielos und unnötig“, hieß es in einer Pressemitteilung, verbunden mit der Ankündigung, das Haus der Vereine habe gute Chancen, für den vom Landesverein ausgerufenen Negativpreis „Abriss des Jahres“ nominiert zu werden.

Auch einige Gemeinderäte fühlten sich mit dem Beschluss, der damals mit knapper Mehrheit gefasst worden ist, offenbar nicht wohl. Ramona Baumgartner (parteilos), Siad Abdin-Bey, Peter Pernsteiner (beide FDP), Wilhelm Ficker sowie Martin und Franz Lenz (alle FWG) haben sich bereits wenige Tage nach dem Votum mit einem Brief an ihre Gemeinderatskollegen und Bürgermeister Piet Mayr (CSU) gewandt, in dem sie Widerspruch gegen den Abrissbeschluss eingelegt haben. Dieser sei voreilig zustande gekommen, so der Tenor des Schreibens, zudem hätten relevante Information gefehlt.

Ein so weitreichender Beschluss sei überhaupt nicht zu erahnen gewesen, so die Kritik

Konkret beziehen sich die Gemeinderäte etwa auf die zu erwartenden Kosten für einen Abriss des Gebäudes, von denen im Sachvortrag überhaupt keine Rede gewesen sei. Auch Angaben über den Fortschritt der im November 2023 beschlossenen Entfeuchtungsmaßnahmen hätten gefehlt, ebenso das Angebot für einen Vor-Ort-Termin des Gremiums. Überhaupt sollte es bei der Beratung lediglich über das weitere Vorgehen beim Haus der Vereine gehen. Ein so weitreichender Beschluss wie der Abriss des Gebäudes habe sich aus den Unterlagen heraus nicht erahnen lassen. Am Donnerstag nun stellten die Gemeinderäte ihren Einwand im Gremium zur Debatte – mit der Bitte um Aussetzung des ursprünglichen Beschlusses „und baldige erneute Beratung/Beschlussfassung sowie kurzfristig um einen Ortstermin im Haus der Vereine zur Erläuterung der Trocknungsmaßnahmen“.

Bürgermeister Piet Mayr war über dieses Gesuch augenscheinlich nicht begeistert, zumindest kommentierte er dieses in der Sitzung süffisant mit den Worten: „So viel also zu Verfallsdaten von Gemeinderatsbeschlüssen.“ Auch seitens der Rathausverwaltung wollte man der Kritik der Gemeinderäte nicht so recht folgen. Es habe zu dem Thema bereits eine Vielzahl von Vorberatungen gegeben, heißt es in einer Stellungnahme. Dadurch hätten allen Beteiligten ausführliche Informationen vorgelegen, „um sich vor der Entscheidung eine umfassende Meinung bilden zu können“.

Letztendlich war es aber am Gremium zu beschließen, ob das Votum über den Abriss wieder aufgehoben werden soll. In einer namentlichen Abstimmung sprachen sich zwölf Gemeinderäte dafür aus, sieben waren dagegen. Damit geht die knapp fünf Jahre andauernde Debatte über das Haus der Vereine in die nächste Runde – und wer weiß, vielleicht bekommt ja auch die Posse um den abgebrochenen Abbruch irgendwann sogar seinen eigenen Eintrag in der Ortschronik.

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