Alpenverein Zorneding:Ein halbes Jahrhundert auf Hütten und Gipfeln

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Klettern am Abgrund: Die Berge zu lieben "ist kein Sport, sondern eine Philosophie, eine Lebensform", heißt es beim DAV. (Foto: DAV Zorneding)

Die DAV-Sektion Zorneding feiert ihr 50-jähriges Bestehen mit einer Fotoausstellung. Die Bilder zeigen Bergsteiger mehrer Generationen - und erinnern an ein tragisches Unglück aus dem Jahr 1988.

Von Rita Baedeker, Zorneding

Gerade mal drei Fuß breit ist der Klettersteig mitten im Felsgarten der Brenta in den Dolomiten. Auf der einen Seite geht es senkrecht in die Tiefe, auf der anderen sichert ein Seil das Grüppchen von Bergsteigern, die sich mit Schutzhelmen, karierten Hemden und Rucksäcken am Abgrund entlanghangeln. "Schwindelfrei muss man bei einer solchen Tour natürlich schon sein", sagt Elke Piwowarsky, Vorsitzende der Sektion Zorneding des Deutschen Alpenvereins, über die Dolomitendurchquerung, bei der dieses Bild entstanden ist.

Fotos wie dieses, das bei nicht ganz so bergerfahrenen Betrachtern höchsten Respekt auslöst, gehören zu den Exponaten der Ausstellung, die anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Sektion von Freitag an im Zornedinger Rathaus gezeigt wird. Gestaltet wurde die Ausstellung von Horst Ehrenberg, der für den Alpenverein Vorträge hält und zu den Fotofreunden Glonn gehört, von dem Bergführer und aktiven Kletterer Rudi Funk und Elke Piwowarsky.

Um diese Ausstellung, die das Vereinsleben der vergangenen fünf Jahrzehnte spiegelt, auf die Beine zu stellen, gab es einen Aufruf an alle Mitglieder - derzeit sind es 1650 - Fotoalben und Dateien zu durchforsten und Fotos zu schicken. Aus insgesamt 2000 eingesandten Bildern wurde dann eine nach Chronologie und Aktivität geordnete Auswahl getroffen.

Die Rahmen für die Bilder hat Ehrenberg bei den Glonnern ausgeliehen. Es sind aussagestarke, lustige Aufnahmen dabei, Fotos, die Erinnerungen aufleben lassen, etwa an den September 1962, als Fritz Marc bei einem Ausflug mit Freunden in den Wilden Kaiser die Idee hatte, in Zorneding eine Sektion des Alpenvereins zu gründen. Um Mitglieder zu werben, habe er Zettel an Laternenmasten geklebt, berichtet Piwowarsky.

Die erste offizielle Gründungsversammlung fand im Februar 1967 statt. In dem Jahr wurde auch das erste handgefertigte Mitteilungsblatt aufgelegt, es kostete vierzig Pfennige. Zugleich hat der DAV die Zornedinger als Ortsgruppe anerkannt. Sektion darf sich die Gruppe allerdings erst seit 1978 nennen.

Vom Gaudi-Rennen bis zur Bergmesse

Skifahren in Marokko. (Foto: Privat)

Zu dieser Zeit aber gibt es bereits viele Projekte und Premieren: den ersten Faschingsball, die erste Beteiligung an Umweltaktionen, Eröffnung des ersten Jugendheims, Gründung einer Kajakabteilung, erstes Edelweißfest, erster Riesentorlauf, wie das damals hieß, Gründung einer Kindergruppe, einer Theatergruppe...

All dies, vom Gaudi-Skirennen bis zur Pachtübernahme der Kattowitzer Hütte im osttiroler Maltatal, vom Sommerfest in der Zornedinger Huiberghütte bis zu Bergmesse, Höhlenwanderung, Triathlon und der Teilnahme am Festumzug 1200 Jahre Zorneding mit historischen Brettln, ist das Vereinsleben in seiner ganzen Buntheit abgebildet. 1994 hat Claus Gräbner, ehemaliger Vorsitzender der Sektion, in Anzug und Zylinder die erste Kletterwand eingeweiht.

Was fast allen Abbildungen, all den Touren- und Wanderfotos gemeinsam ist: Die Szenen dokumentieren den Familien- und Gemeinsinn des Vereins. Etwa die ziemlich neu ins Programm genommenen Höhlenexkursionen mit Kindern, die Ausflüge mit Übernachtung im Tipi oder Iglu von Werner Trax. Auch der Schnappschuss von zwei kleinen Bergsteigern, die sich mitten auf einem Wanderpfad im Gebirge gerade angeregt unterhalten, vielleicht darüber, wo es das nächste Glas Milch gibt, oder wie wohl der Weg auf den nächsten Gipfel beschaffen sein mag, gibt die besondere Stimmung wider, die Freude an Natur und Bewegung.

Elke Piwowarsky, Rudi Funk und Horst Ehrenberg (auf der Leiter) suchen für jedes Bild den richtigen Platz im Zornedinger Rathaus. (Foto: Christian Endt)

Auch Kulturwanderungen, Gymnastik und Tanz sowie Radtouren gehören zum Veranstaltungskalender rund ums Gipfelglück. Noch um das Jahr 2000, so erzählt Rudi Funk, sei man mit dem Rad zum Skifahren in die Berge gefahren. Das war wahrer Sportsgeist. Aufgegeben wurden mittlerweile mangels Interesse die Kajaktouren. Horst Ehrenberg bedauert das sehr.

Da alpines Gelände kein Freizeitpark oder Spielplatz ist, werden Lehrgänge im Klettergarten und Lawinenkurse angeboten. Bei einer Lawine, die 1988 im Jamtal in der Silvretta abging, wurde ein Mitglied der Sektion getötet. An andere schwere Bergunfälle kann sich Elke Piwowarsky nicht erinnern, "zum Glück", wie sie sagt. Mitglieder des Alpenvereins Zorneding sind in der ganzen Welt unterwegs. Eines der Fotos beispielsweise wurde anlässlich eines Skiausflugs nach Marokko im Hohen Atlas aufgenommen. Der Gegensatz zwischen den Skifahrern in voller Montur und den Einheimischen in ihren langen traditionellen Gewändern vor einfach gemauerten Hütten könnte nicht größer sein.

Ein weiterer Höhepunkt der Vereinsgeschichte war die Alpen-Längsdurchquerung zum 25-jährigen Bestehen. Der Initiator der Tour erinnert sich noch gut daran. "Als schon damals erfahrener Kletterer und Bergsteiger bin ich durch meinen Umzug nach Zorneding Ende der 70er Jahre zu dem sich gerade gründenden Alpenverein gestoßen", berichtet Rüdiger Steuer, der auch die Chronik zur Ausstellung verfasst hat.

"Hier traf ich Gleichgesinnte, mit denen ich im Sommer wie Winter große Alpentouren erlebte. Besondere Erinnerung habe ich an die Alpen-Längs-Durchquerung im Jahr 1987 von Wien bis Nizza" - ein großes Unternehmen, das anlässlich des 20-jährigen Bestehens (elf Jahre Ortsgruppe und neun Jahre Sektion) unter Beteiligung aller Sektionssparten gestemmt wurde.

Und ein voller Erfolg, den der Alpenverein auch damals mit einer Fotoausstellung im Rathaus präsentierte. "Dass ich mit der jetzigen, wesentlich jüngeren Sektionsvorsitzenden Elke Piwowarski 2013 im vorgerückten Alter nochmals die etwa 2000 Meter hohe Watzmann-Ostwand, nunmehr zum 17. Mal, durchsteigen konnte, war für uns beide eine besondere und unvergessliche Freude", so Steuer.

Der Anblick der Gipfel, von der Brenta bis zum Weißhorn im Wallis, von der "Blumentour" bis zur Haute Route und dem Einstieg zur "Hölle" im Lungau, der Zauber, der von Felsriesen und Eis geprägten Landschaften, lässt erahnen, welche Kräfte die Natur entfesseln kann. "Klettern ist kein Sport, kein Wettkampf, sondern eine Philosophie, eine Lebensform", so steht es auf der Website des Alpenvereins. Fritz Marc, der Gründer der Zornedinger Sektion, hat es so formuliert: "Bergsteiger sind Suchende!"

Eröffnung der Ausstellung "50 Jahre DAV, Sektion Zorneding", ist am Freitag, 10. Februar, um 19 Uhr, Einlass 18 Uhr, im Rathaus Zorneding. Die Begrüßungsrede hält Bürgermeister Piet Mayr, es gibt Brotzeit und Getränke. Die Bilder werden zum Selbstkostenpreis verkauft. Bis 8. März, zu den Rathausöffnungszeiten: Montag, Mittwoch und Freitag, 8 bis 12 Uhr, Mittwoch auch von 15 bis 18 Uhr, Dienstag und Donnerstag von 7.30 bis 12 Uhr.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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