Zorneding:Feuerprobe für die Windkraft

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Beim Energiehearing wird sich zeigen, ob die Bürgermeister weiter an der landkreisweiten Planung festhalten wollen - Kirchseeon outet sich als Wackelkandidat

Von Carolin Fries, Zorneding

Die gemeinsame Planung von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen im Landkreis ist - juristisch betrachtet: Schnee von gestern. Mit der vom Landtag verabschiedeten 10H-Regelung kann sie, weil noch im Aufstellungsverfahren, den Städten und Kommunen im Landkreis lediglich als "Ausgangspunkt" dienen. "Es liegt nun wieder in Ihren Händen", sagte Franz Dirnberger vom Bayerischen Gemeindetag am Freitagmorgen bei der Kreisversammlung im Zornedinger Neuwirt zu den Bürgermeistern. Jede einzelne Kommune müsse nun selbst bestimmen, ob sie Windkraftanlagen will und wenn ja, wo. Eine Verpflichtung gibt es nicht. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes reicht aus, um ein Windrad zu ermöglichen. Die Nachbargemeinden haben kein Vetorecht.

Bereits beim Energiehearing an diesem Samstag wird sich zeigen, ob die Städte und Gemeinden weiter an der landkreisweiten Planung festhalten, die in weiten Teilen geringe Abstände möglicher Windräder zur Wohnbebauung vorsieht, als nach der 10H-Regelung. Für Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr die "einzige Möglichkeit, das Potenzial auszuschöpfen". Er empfiehlt darum, an den bereits definierten Flächen festzuhalten und geht von einem einstimmigen Beschluss aus, wie er betonte.

Denn stülpe man die 10 H-Regelung über die Landkreisplanung, dann blieben nurmehr zwei winzige Stückchen Fläche für Windräder übrig: in Frauenneuharting und Egmating - sowie der Forst als gemeindefreies Gebiet. Frauenneuharting schiede wiederum mit großer Wahrscheinlichkeit aus, weil es im Einzugsgebiet des Wetterradars liegt. Bliebe also Egmating - wo es Platz für genau ein Windrad gebe, wie Gröbmayr zusammenfasste. Zu wenig, um die Energiewende im Landkreis zu schaffen.

"Unser Ziel ist zu schaffen, aber nur, wenn wir alle Potenziale ausschöpfen", sagte Gröbmayr kämpferisch. Er ist überzeugt, die geringen Abstände zur Wohnbebauung den Bürgern vermitteln zu können. "Wenn wir keine Verspargelung der Landschaft wollen und keinen Krieg im Landkreis, sollten wir bei der Planung bleiben." Auch Franz Dirnberger appellierte an die Solidarität der einzelnen Gemeinden. "Wenn ein Zahn raus bricht, wird es für die anderen schwierig, zuzubeißen."

Ein Zahn wackelte bereits am Freitagmorgen in Form von Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel (CSU). Der machte deutlich, dass er sehr wohl Probleme sieht, den Bürgern ein Festhalten an der Planung zu vermitteln. "Ich konnte bisher zu der Planung stehen, weil sie Schlimmeres verhindert hat. Aber dieses Argument gibt es jetzt nicht mehr." Er habe die Planung von Konzentrationsflächen, die zum Großteil im Gemeindegebiet Kirchseeon beziehungsweise rundherum liegen, deshalb auch immer unterstützt. "Mir war das Geld gut ausgegeben", sagte er. Doch nun hätten sich die Dinge entscheidend geändert. Bereits für die Gemeinderatssitzung am kommenden Montag hat er das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. "Ich glaube, dass eine Mehrheit sagt: Den Schutz der neuen 10H-Regelung wollen wir haben, Bebauungspläne unter 10H sind nicht drin", prophezeite Ockel die Beschlussfassung des Gemeinderates.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) warnte vor voreiligen Beschlüssen, die "womöglich eine Lawine lostreten". Er sagte, es gebe keine Zeitnot. "Wir müssen das noch einmal ausführlich diskutieren." Sollte Kirchseeon bereits am Montag aus der bisher gehaltenen Linie ausbrechen, steht zu befürchten, dass die landkreisweite Planung nicht mehr zu retten ist. Dann würde es auch für die beiden anderen von der Planung stark betroffenen Gemeinden Egmating, Oberpframmern und Zorneding schwierig, die dortigen Flächen weiter für die Windkraft bereitzuhalten. "Mit 10H bleibt mir nichts anderes übrig, als die Flächen weiter weg zu schieben", sagte Egmatings Bürgermeister Ernst Eberherr (CSU) - zum Nachbarn hin.

Vaterstettens zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) schlug vor, die 10H Regelung mit der Errichtung von "10, 15 oder 20 Windrädern im Forst zu umgehen. "Wir sollten nicht vorrangig versuchen, die 10H-Regel in den Kommunen zu unterschreiten", sagt er. Doch Hans Gröbmayr meinte, derlei Wünsche im Forst zu verwirklichen, würde ebenfalls schwierig. Der Klimaschutzmanager bezweifelt allerdings, dass die 10H-Regelung länger als zehn Jahre Bestand haben wird. "Und wenn wir dann keine Planung für den Landkreis haben, haben wir die Verspargelung, die wir ursprünglich verhindern wollten."

© SZ vom 22.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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