Zorneding:CSU-Spitze fordert Rückzug von Sylvia Boher

Zorneding: Höhepunkt der Ereignisse nach dem Weggang von Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende: Knapp 3000 Menschen zeigen in Zorneding Solidarität.

Höhepunkt der Ereignisse nach dem Weggang von Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende: Knapp 3000 Menschen zeigen in Zorneding Solidarität.

(Foto: Christian Endt)
  • CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner und Kreisvorsitzender Thomas Huber fordern Sylvia Boher schriftlich zum Rückzug von ihren Ämtern auf.
  • Die Äußerungen Bohers bezeichnen sie als respektlos.
  • Zornedings SPD beantragt außerdem den Rücktritt der früheren CSU-Ortsvorsitzenden aus dem Gemeinderat.

Von Carolin Fries und Karin Kampwerth

Die oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner und Kreisvorsitzender Thomas Huber haben Sylvia Boher schriftlich aufgefordert, sich bis auf Weiteres aus beiden Vorstandsgremien zurückzuziehen. In einem Brief, den Aigner und Huber bereits am Donnerstag aufsetzten, begründen sie ihre Haltung mit dem Ärger darüber, wie sich die frühere CSU-Ortsvorsitzende zum Rücktritt des katholischen Pfarrers Olivier Ndjimbi-Tshiende geäußert hat. Boher hatte Spiegel Online dazu gesagt: "Im Leben gibt es Ankünfte und Gehen. Das ist ein normaler Prozess."

Eine Aussage, die Aigner und Huber scharf kritisieren. "Diese zynische Betrachtungsweise des Rücktritts, der durch rassistisch motivierte Morddrohungen ausgelöst wurde und den wir seitens der CSU-Führung in Oberbayern bedauert haben, finden wir unsäglich und bitten Dich herzlich, solche Äußerungen künftig zu unterlassen", heißt es in dem Brief. Stattdessen hätten sie sich gewünscht, dass sich Boher öffentlich in Bezug auf Pfarrer Ndjimbi-Tshiende "den Umständen angemessen und mit mehr Respekt" geäußert hätte.

Zum Eingreifen veranlasst haben sich die bayerische Wirtschaftsministerin und der Landtagsabgeordnete aus Grafing nach den Ereignissen der vergangenen Woche gesehen, die ihren Höhepunkt in einer Kundgebung gegen Rassismus mit 3000 Teilnehmern in Zorneding fand. Nun sei man in "großer Sorge um die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land", schreiben Aigner und Huber, die gleichwohl begründen, warum sie nicht bereits im vergangenen Herbst Boher zum Rückzug aufgefordert haben, als die Affäre mit einem hetzerischen Kommentar der 51-jährigen Politologin gegen Flüchtlinge im Parteiblatt Zorneding Report und dem anschließenden "Neger"-Ausspruch ihres damaligen Vizes Johann Haindl seinen Lauf nahm.

Seinerzeit hätten Aigner und Huber Bohers Entschuldigung für die "undifferenzierten Äußerungen" zur Flüchtlingskrise akzeptiert, heißt es. Auch sei es positiv, dass sich Boher mit dem Pfarrer ausgesprochen und versöhnt habe. Dennoch bereite der "Imageschaden" für die Partei, der durch die Vorfälle in Zorneding entstanden sei, den CSU-Spitzen große Sorgen. "Wir möchten, dass die CSU in Zorneding zur Ruhe kommt." Eine Stellungnahme Bohers dazu wird am Wochenende erwartet.

"Wir sind der Meinung, jetzt ist Schluss"

Unterdessen gerät sie auch im Zornedinger Gemeinderat, dem sie weiter angehört, unter Druck.

Die Zornedinger SPD-Fraktion hat einen Antrag eingereicht, in dem sie den Rücktritt von Sylvia Boher als Gemeinderätin fordert. In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 17. März, soll das Gremium darüber abstimmen. Sollte der Antrag eine Mehrheit bekommen, heißt das aber nicht, dass die langjährige CSU-Mandatsträgerin ihren Platz räumen muss. Demokratisch gewählte Vertreter können nicht per Gemeinderatsbeschluss abgesetzt werden.

"Wir sind der Meinung, jetzt ist Schluss", sagt der SPD-Ortsvorsitzende und Gemeinderat Werner Hintze. Er hält es für "nicht verantwortbar", wenn Boher weiterhin die Zornedinger Bürger repräsentiere. Welche Auswirkung ihre rechtspopulistischen Äußerungen zur Folge hatten, sehe man erst jetzt. Sie seien mit verantwortlich dafür, dass Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende rassistische Drohungen bekommen hat, in dessen Folge er die Pfarrei verlassen hat.

Die Forderung, Sylvia Boher solle ihr Gemeinderatsmandat abgeben, ist nicht neu. Kurz nach ihrem Rückzug aus dem Ortsvorstand erklärten SPD, Grüne, Freie Wähler und FDP gemeinsam: "Die Verantwortung für das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürger ist ungleich höher." Nur durch ihren Rücktritt sei ein vertrauensvoller Neuanfang im Gemeinderat möglich. Mit ihrem Antrag hat die SPD-Fraktion diese Forderung dick unterstrichen. Kommentar

Die ausführliche Reportage über die Entwicklungen in Zorneding lesen Sie hier mit SZ Plus:

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: