Pilotprojekt:Klein, aber oho: Zornedings neues Bahnhofsgebäude

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Derzeit sieht es auf dem Bahnhofsplatz in Zorneding noch eher öde aus. Das könnte sich aber in spätestens zwei Jahren ändern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Deutsche Bahn stellt im Zornedinger Bauausschuss ihre Pläne für das neue Bahnhofsgebäude vor.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Klein, billig und ohne viel Schnick-Schnack - das ist nicht unbedingt die Produktbeschreibung, die den etwas anspruchsvolleren Verbraucher in Begeisterung versetzt. Dennoch dürften viele Zornedinger trotz dieser Begrifflichkeiten nicht unglücklich sein, geht es doch dabei um ein neues Empfangsgebäude am inzwischen arg sanierungsbedürftigen Bahnhof. Und was zunächst etwas minderwertig klingt, soll ein "Ort mit hoher Aufenthaltsqualität" werden. So jedenfalls kündigten Vertreter der Deutschen Bahn ihr Projekt in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses am Dienstagabend an.

Man wolle einen offenen Dialog mit der Gemeinde führen, die vorgestellten Inhalte seien deshalb allesamt noch nicht in Stein gemeißelt, sagte der Leiter Vermietung RB Süd, Michael Willumat, gleich zu Beginn, ehe Architekt Philipp Luy auf die erarbeiteten Pläne genauer einging. Diese basieren auf Vorschlägen, die der Zornedinger Gemeinderat bereits bei der Bahn hinterlegt hatte. Dazu zählt etwa der Standort des neuen Gebäudes, das unmittelbar entlang der Lärmschutzwand südlich der Gleise auf Zornedinger Seite gebaut werden soll. Für die Bahn sollte das Ganze eigentlich ein Routineprojekt sein, könnte man zumindest meinen - ist es aber nicht. Denn wie die Planer sagten, baue man in aller Regel keine Bahnhöfe dieser Größenordnung, sondern meist nur deutlich größere Gebäude. Der Zornedinger Bahnhof ist deshalb eine Art Pilotprojekt und soll als Vorlage für weitere kleinere Bahnhöfe in ganz Deutschland dienen.

Entsprechend standardisiert ist das Empfangsgebäude konstruiert. Hier kommen nun auch die Begriffe einfach und billig ins Spiel. Letzterer, weil das komplette Haus samt Einrichtung mit nur 880 000 Euro veranschlagt ist - sehr wenig für einen Bahnhof, wie die DB-Vertreter sagten. Warum das so ist, liegt an der einfachen Bauweise und den verwendeten Materialen. So soll die Fassade komplett aus lackiertem Douglasienholz bestehen, auf das Gebäude kommt ein Blechdach. Vom Querschnitt her erinnert das rund 30 mal sieben Meter kleine Haus wegen des hohen Dachfirsts ein bisschen an eine kleine, in die Länge gezogene Kirche.

Darin werden nach derzeitigem Plan ein Wartebereich, eine Halle mit Ticketschaltern, eine öffentliche Toilette, ein Ruheraum für Bahnmitarbeiter und ein Service-Store untergebracht. Klingt nach viel, ist es auch. "Das Gebäude ist sehr dicht, bietet aber attraktive Momente", wie Architekt Luy sagte. Attraktiv für die Zornedinger wird vor allem der kleine Laden sein, in dem sie Backwaren und Erfrischungen kaufen können. Denkbar sei zudem ein Bereich für Außengastronomie am Vorplatz des Gebäudes, der mit rund 30 mal 16,5 Metern genügend Raum dafür bieten würde. "Die Fläche hat wahnsinnig Potenzial. Da könnte man rein theoretisch einen Wochenmarkt drauf veranstalten", so Luy.

Überhaupt wollte der Architekt dem Gremium das Projekt trotz aller Abstriche in der Ausstattung so schmackhaft wie möglich machen, gab es gegen Ende der Präsentationen doch auch den ein oder anderen Wermutstropfen zu verdauen: Der erste und für manche Ausschussmitglieder auch der bitterste war die Aufforderung zur Beteiligung an den Kosten. Dies sei bei entsprechenden Projekten ein übliches Vorgehen, erklärten die Bahn-Vertreter. Demnach soll Zorneding 15 Prozent der Baukosten übernehmen, was beim veranschlagten Preis rund 132 000 Euro wären. Außerdem muss die Gemeinde die öffentliche und behindertengerechte Toilette komplett selbst zahlen, weil sie im Gegensatz zur Bahn dafür eine Förderung bekomme. Aber auch die Zornedinger Bahngäste sollen direkt zur Kasse gebeten werden: Da das Gebäude refinanziert werden müsse, sei geplant, künftig Parkgebühren zu erheben. Diese fallen mit Preisen zwischen einem und 1,50 Euro pro Tag aber eher gering aus, wie Michael Willumat sogleich die Gemüter beruhigte.

Damit hat er aber offenbar nicht jeden Gemeinderat erreicht, Patrick Eichler (CSU) etwa störte sich an den aus seiner Sicht doch recht hohen Kosten für die eher überschaubare Ausstattung. "Mir erschließt sich das nicht." In die selbe Kerbe schlug FDP-Gemeinderat und Bahnkritiker Peter Pernsteiner. Für diese einfache Bauweise sei der Quadratmeterpreis abenteuerlich. "Die Bahn sollte ihren Fahrgästen schon auch ein bisschen Grundkomfort bieten." Das Projekt sei sauber gerechnet, entgegnete Architekt Philipp Luy, man könne das nicht mit dem freien Markt vergleichen.

Aber nicht alle im Sitzungssaal standen dem Vorhaben so kritisch gegenüber, hatten viele wohl im Hinterkopf, dass alles eine Verbesserung zum jetzigen Zustand mit der unansehnlichen Brachfläche darstellen würde. Helmut Obermaier (Grüne) gab den Bahn-Vertretern deshalb mit auf den Weg, dass es sich hier um Einzelmeinungen handle, die nicht die Haltung des gesamten Gremiums widerspiegeln würden.

In den kommenden Wochen wird die Bahn nun mit der Gemeinde in die Feinabstimmung gehen und die Genehmigung einreichen. Grundsteinlegung soll dann im Sommer nächsten Jahres sein, Anfang 2022 soll das neue Gebäude stehen.

© SZ vom 23.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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