Zorneding:Am Zug

Der Gemeinderat will die Bahn in die Pflicht nehmen, um den Lärmschutz in der Gemeinde zu verbessern. Eine Arbeitsgruppe formuliert nun einen Forderungskatalog

Von Jessica Morof, Zorneding

Einen Schauantrag nannten es die einen; als Kampf gegen Windmühlen bezeichneten es die anderen. Mit einem Dringlichkeitsantrag hat Peter Pernsteiner (FDP) in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend ein härteres Vorgehen im Kampf für bessere Schallschutzmaßnahmen in Zorneding gefordert. Damit stieß er auf unterschiedliche Resonanz. Einigkeit herrschte aber darin, dass etwas geschehen müsse, wenn nach Fertigstellung des Brenner-Basistunnels erheblich mehr Züge auf der Strecke Richtung Rosenheim unterwegs sein werden. Deshalb wird sich künftig eine Arbeitsgruppe mit dem Thema befassen und versuchen, noch mehr Druck auf die Bahn auszuüben.

"Ich empfinde diese Maßnahmen als absolut unzureichend", schreibt Pernsteiner in seinem Antrag und bezieht sich damit auf die Schallschutzmaßnahmen, die die Bahn in Zorneding vornehmen möchte. Vorgestellt wurden diese auf einer Informationsveranstaltung im März in Vaterstetten. Demnach ist als Hauptmaßnahme der Einbau von Schienenstegdämpfern auf einer 300 Meter langen Strecke geplant. Diese soll nördlich der Gleise etwa in Höhe des Raiffeisenmarktes beginnen und bis zu den Fahrradständern beim Treppenabgang am östlichen Bahnsteigende reichen.

Zorneding: Die schönen Seiten der Lärmschutzwände sind am Zornedinger S-Bahnhof zu sehen. Die Gemeinde will nun mehr davon.

Die schönen Seiten der Lärmschutzwände sind am Zornedinger S-Bahnhof zu sehen. Die Gemeinde will nun mehr davon.

(Foto: Entwurf: Artmos 4)

Als "lächerlich" bezeichnete der FDP-Ortsvorsitzende diese Maßnahme, da sie nur etwa zwei oder drei Dezibel weniger Schallpegel bringen würde. Zudem habe die Bahn "mit falschen Fakten argumentiert": Anders als bei der Veranstaltung angegeben, gebe es in Zorneding ausschließlich im Süden der Gleise Schallschutzwände, und die wären nicht 2605 Meter lang, sondern lediglich etwa 1,8 Kilometer. Die Gutachter seien so also von falschen Tatsachen bei ihren Berechnungen ausgegangen, monierte Pernsteiner und forderte den Gemeinderat auf, bei der Deutschen Bahn gegen die Maßnahmen zu protestieren. Auch unabhängige Lärmpegelmessungen schlug Pernsteiner vor.

Bürgermeister Piet Mayr (CSU) schien sich von dem Antrag angegriffen zu fühlen. Die Gemeinde habe permanent Kontakt zur Bahn und mache dabei sehr deutlich, dass sie die Maßnahmen so nicht wolle, betonte er. Auch würden er und die Bürgermeister der anderen betroffenen Gemeinden sich austauschen. "Eine Frechheit" nannte zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder (SPD) die Forderungen. "Es ist nicht so, dass nichts passiert", betonte sie. Die Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz (CSU) und Ewald Schurer (SPD) würden aktiv versuchen, Verbesserungen zu erreichen. "Wir lehnen diesen Antrag als Schauantrag ab."

Peter Persteiner

FDP-Gemeinderat Peter Persteiner.

(Foto: Privat)

Helmut Obermaier (Grüne) ging das allerdings zu weit. Zwar glaube auch er, dass die von Pernsteiner vorgeschlagenen Maßnahmen nichts bringen werden. Allerdings lobte er die Beispiele des FDP-Gemeinderats. Demnach zahle die Bahn für Schallschutzwände in einem Wohngebiet in Haar, das dem in Pöring gleiche. "Wir haben hier mindestens genau so viele Häuser", führte Pernsteiner aus.

Wilhelm Ficker (FW) stimmte Pernsteiner im Grundsatz zu, "aber ich sehe es als Kampf gegen Windmühlen". Er kritisierte ebenfalls, dass für die Lärmkartierung keine Messungen der Geräuschbelastung vorgenommen wurden. Deshalb hätte auch er gerne ein paar Referenzpunkte durch eigene Lärmmessungen. Das allerdings sei sehr schwierig, gab Johannes Schott (CSU) zu bedenken. Denn dafür benötige man ein kalibriertes und geeichtes Gerät. Dem stimmte Mayr zu: Für Messungen, die vor einem Gericht standhalten würden, müsse man eigentlich ein Jahr lang unter verschiedensten Bedingungen und zu allen Uhrzeiten immer wieder messen. Einen solchen "Marathon" könne die Gemeinde kaum schaffen.

Einig waren sich alle Fraktionen, dass sie mit den von der Bahn geplanten Maßnahmen nicht einverstanden sind. Pernsteiners Antrag wollte aber kaum jemand zustimmen. Anklang fand hingegen Sylvia Bohers (CSU) Vorschlag, zuerst einmal eine Arbeitsgruppe Bahnlärm im Gemeinderat einzurichten. Diese könne dann Forderungen ausarbeiten. Am Ende der Diskussion zog Pernsteiner deshalb seinen Antrag zurück und der Gemeinderat beschloss einstimmig, eine Arbeitsgruppe einzusetzen.

Teilnehmer sind Sylvia Boher, Helmut Obermaier, Stephan Raabe (SPD), Peter Pernsteiner und Wilhelm Ficker. Sie werden nun ein Schreiben mit Kritikpunkten und einem Forderungskatalog formulieren, das dann an die Bahn sowie an die Bundestagsabgeordneten und die Bürgermeister versendet werden soll. Die Hoffnung ist, dass die Gemeinde so den Druck nochmals erhöhen könne. Zu den Forderungen an die Bahn könnten auch die neuen Messungen gehören, sagte Mayr. "Dann sollen die die aber bezahlen."

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