True Crime-Lesung mit Polizeivortrag:Historikerin trifft Kriminaler

True Crime-Lesung mit Polizeivortrag: Das Symbolfoto zeigt ein Messer, wie sie um 1940 als tägliches Handwerkszeug für jeden Hofbewohner gängig waren. Leonhard Eder fand durch ein solches Utensil den Tod.

Das Symbolfoto zeigt ein Messer, wie sie um 1940 als tägliches Handwerkszeug für jeden Hofbewohner gängig waren. Leonhard Eder fand durch ein solches Utensil den Tod.

(Foto: privat/Waldinger)

Bei "Zeitreise Mord" in Wasserburg stellt Archivoberrätin Ulrike Claudia Hofmann ihr Buch über einen echten Fall vor, während Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger die Methoden der Polizeiarbeit damals und heute vergleicht.

Von Michaela Pelz, Wasserburg

Ein Mann liegt blutüberströmt in seinem Zimmer. Zunächst deutet alles auf Selbstmord hin. Doch haben die Ermittler auch wirklich nichts übersehen? Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger kennt die Antwort. Doch nicht der Mittfünfziger wird als erster das Wort ergreifen und die Zusammenhänge erklären, sondern Historikerin Ulrike Claudia Hofmann. Was auch daran liegt, dass man sich nicht in der Maillingerstraße beim Bayerischen Landeskriminalamt befindet, für das Waldinger normalerweise als einer der Pressesprecher tätig ist, sondern im Wasserburger Gimplkeller.

True Crime-Lesung mit Polizeivortrag: Auch diese Pläne gehören zu den Originaldokumenten.

Auch diese Pläne gehören zu den Originaldokumenten.

(Foto: StAM PolDir 8016_03)

Denn der Fall, der sich auf einem Bauernhof im nahen Bachmehring ereignet hat, ist zwar real, geht aber zurück aufs Jahr 1942. Da nämlich wurde der 60-jährige, gehörlose Fuhrknecht Leonhard Eder von der 25-jährigen Dienstmagd Cäzilie Bauer mit durchschnittener Gurgel und aufgeschlitzten Pulsadern in seiner Kammer aufgefunden. Was zunächst als Verzweiflungstat gilt, entpuppt sich nach kurzer Zeit jedoch als Mordsache.

Diese hat Hofmann anhand von Originaldokumenten akribisch studiert und daraus mit "Ermittlungsakte Cäzilie Bauer" ein erstaunlich fesselndes Buch gemacht. Kein Zufall. Denn schon im Jahr beschäftigte sich die gebürtige Coburgerin für ihre Dissertation mit "Fememorden". Dann allerdings trat ihr Interesse an True Crime eine Zeitlang in den Hintergrund - "mit Beruf und zwei Kindern war nicht viel Raum für anderes".

True Crime-Lesung mit Polizeivortrag: Die Historikerin Ulrike Claudia Hofmann lässt sich von den Akten "finden", die sie zu ihren True Crime-Büchern inspirieren. Das nächste - es spielt am Starnberger See in einer Promivilla - ist schon fast fertig.

Die Historikerin Ulrike Claudia Hofmann lässt sich von den Akten "finden", die sie zu ihren True Crime-Büchern inspirieren. Das nächste - es spielt am Starnberger See in einer Promivilla - ist schon fast fertig.

(Foto: privat/Hofmann)

Doch seit Hofmann 2015 im Staatsarchiv München schwerpunktmäßig im Bereich Justiz und Öffentlichkeitsarbeit tätig ist, gehen aufgrund der zahlreichen Anfragen, die sie im Rahmen der Benutzerberatung erhält, viele Akten durch ihre Hände. "Plötzlich kam neben meinem Faible für die wissenschaftlich-historische Arbeit wieder die Krimitante zum Vorschein, die Dinge gern ans Licht bringt", erklärt die Archivoberrätin das Wiedererwachen ihrer früheren Leidenschaft. Eine bewusste Auswahl trifft sie dabei nicht. "Die Akten finden mich", lacht die Frau, die ursprünglich Deutsch- und Geschichtslehrerin werden wollte. "Wenn ich auf etwas stoße, das mich anfixt, mache ich weiter."

Zur Zusammenarbeit mit Waldinger kam es anlässlich des alle zwei Jahre stattfindenden "Tag der Archive". Im Jahr 2020 komplettierte der Kriminaler die Lesung von Schauspieler Winfried Frey als Experte für 'Lug und Trug'. "Die Veranstaltung, die auf anderthalb Stunden angelegt war, dauerte am Ende dreimal so lang," erinnert sich der Polizist lachend. Eigentlich habe das Publikum durchwechseln sollen, aber die meisten seien einfach sitzengeblieben, weil sie so begeistert waren.

True Crime-Lesung mit Polizeivortrag: Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger ist einer der Pressesprecher des LKA und hat das dortige Waffenmuseum mitaufgebaut.

Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger ist einer der Pressesprecher des LKA und hat das dortige Waffenmuseum mitaufgebaut.

(Foto: privat)

Der Ablauf von "Zeitreise Mord" in Wasserburg wird ähnlich sein - wenn auch etwas kürzer: Hofmann liest aus den Dokumenten von "Aktenzeichen 1 KL-So 59/42: Die Ermittlungsakte Cäzilie Bauer", Waldinger kommentiert und vergleicht die damals angewandten Methoden mit moderner Polizeiarbeit. Anhand des konkreten Beispiels erzählt er etwa, was sich beim Thema Faserspuren oder Fingerabdrücke in den letzten 100 Jahren verändert hat und was erstaunlicherweise immer noch funktioniert.

Denn mit Ermittlungsarbeit kennt dieser Mann sich wahrlich aus: Angefangen hat er Mitte der Achtziger bei der Bereitschaftspolizei, kam über Stationen als Rauschgiftfahnder und Streifenbeamter erst zur Pressestelle des Polizeipräsidiums München, bevor er vor mehr als 20 Jahren beim BLKA anfing. Zu den dort tätigen 2000 Personen gehören ganz viele, die auf den unterschiedlichsten Gebieten wissenschaftlich tätig sind. "Ich lerne jeden Tag eine Menge". Dazu trägt auch der begehbare 3-D-Tatort bei, über den Waldinger auf Nachfrage ebenso erzählen kann wie über das von ihm mitaufgebaute Waffenmuseum seiner Behörde.

Denn um Waffen wird es auch am 13. März in Wasserburg gehen - spielte doch beim Tod des Fuhrknecht ein Messer eine entscheidende Rolle. Und weil Waldinger "nie mit leeren Händen unterwegs ist", wenn er irgendwo auf einer Bühne steht, wird er sicherlich eindrucksvolles Anschauungsmaterial im Gepäck haben.

True Crime-Lesung mit Polizeivortrag: Das Gericht befand die Dienstmagd für schuldig und verurteilte sie zum Tod durch das Fallbeil.

Das Gericht befand die Dienstmagd für schuldig und verurteilte sie zum Tod durch das Fallbeil.

(Foto: StAM Staatsanwaltschaften10600_01)
True Crime-Lesung mit Polizeivortrag: Das Buch enthält eine Zusammenstellung der Originalakten, zusammen mit einigen Erläuterungen zur historischen Einordnung der Geschehnisse und Personen.

Das Buch enthält eine Zusammenstellung der Originalakten, zusammen mit einigen Erläuterungen zur historischen Einordnung der Geschehnisse und Personen.

(Foto: privat)

Es gehe ihm hier vor allem um Aufklärung, denn jeder habe Messer daheim, da müsse man sich genauso auskennen, mit dem, was erlaubt ist oder verboten, "wie wenn man bei Rot über die Ampel geht. Jeder muss überlegen, was er in Hose oder Handtasche hat." Nur aus vernünftigem Grund - wie etwa das Brotschneiden beim Picknick - dürfe man beispielsweise ein mehr als zwölf Zentimeter langes, feststehendes Messer mitführen. Auch sind manche Schneidewerkzeuge nur bestimmten Berufsgruppen erlaubt - so könnten etwa nur Profirettungskräfte Einhandmesser benutzen.

Auch wenn der reale Fall ein böses Ende nimmt - es wird die Todesstrafe verhängt - verspricht der Abend nicht nur informativ sondern auch kurzweilig zu werden. Das weiß jeder, der die überzeugende Bühnenpräsenz des ebenso eloquenten wie humorvollen Waldinger schon einmal erlebt hat. Als versierter Fan von Kriminalliteratur berät der Hauptkommissar, der mit seiner Familie im südlichen Landkreis München lebt, seit mehr als 20 Jahren Schriftsteller und vergleicht bei seinem Programm mit Autor Martin Arz ("Fiction vs. Fakten") Krimi- und Thriller-Plots mit der Realität.

Beim True-Crime-Buch von Ulrike Claudia Hofmann ist das nicht nötig. Stattdessen, so die Historikerin, wird ihr Bühnenpartner "wunderbar den fachlichen Bogen spannen, indem er Elemente aus dem Buch aufgreift und sie aus einem ganz anderen Blickwinkel erläutert." Zudem liefert die historische Einordnung aller Beteiligten auch eine Erklärung für die zunächst eher nachlässigen Ermittlungen.

Angelegt ist "Zeitreise Mord" als etwa zweistündige Mischung aus Lesung, Vortrag und Fragestunde ("wobei das nach hinten offen ist - niemand wird abgewürgt"). Am Ende kann das Publikum vielleicht nicht nur einschätzen, ob es auch heute noch einen unentdeckten Mord geben könnte, sondern wird auch auf dem neuesten Stand aktueller Ermittlungsmethoden sein.

Zeitreise Mord: 13. März, 19.30 Uhr. Gimplkeller, Marienplatz 25, Wasserburg. Eintritt frei.

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