Workshop über Genuss und Verantwortung:Gut, sauber, fair

Workshop über Genuss und Verantwortung: Beim Slow-Food-Youth-Treffen dreht sich viel ums Essen, aber auch politische Diskussionen kommen an den zwei Tagen nicht zu kurz.

Beim Slow-Food-Youth-Treffen dreht sich viel ums Essen, aber auch politische Diskussionen kommen an den zwei Tagen nicht zu kurz.

(Foto: Peter Kees)

Beim ersten Slow-Food-Youth-Treffen in Deutschland befassen sich die Teilnehmer in Herrmannsdorf auch mit der Lebensmittelproduktion

Von Peter Kees, Glonn

20 bis 30 Prozent trägt unsere Ernährung zur Klimakatastrophe bei. Das veranschaulichte die Vorstandsvorsitzende vom Verein "Slow Food Deutschland", Ursula Hudson, beim europäischen Slow-Food-Youth-Treffen in den Herrmannsdorfer Landwerkstätten. Erstmals fand dieses Treffen in Deutschland statt. Etwa 60 junge Menschen zwischen 16 und 35 Jahren aus 14 europäischen Länden waren für ein Wochenende zusammengekommen, um über die Zukunft unserer Ernährung und das Lebensmittelsystem nachzudenken.

"Weil unser Essen möglichst billig sein soll, werden industriell Monokulturen angebaut, die schädlingsanfällig sind und jede Menge Düngemittel verschlingen", erklärt Hudson. "Die Prozesse der Ernährungsindustrie machen den Boden, das Klima, die Luft und das Wasser kaputt." Natürlich wird auch der Amazonas angesprochen, schließlich ist es auch der europäische Fleischkonsum für den immer größere Flächen des Regenwaldes gerodet werden. Derzeit brennt es dort so gewaltig, weil die in der Trockenzeit zur schnellen Rodung entzündeten Feuer zum Flächenbrand geführt haben.

Es ist Samstagvormittag. Die Gruppe sitzt zusammen und diskutiert - auch über Brasilien. Auf dem Podium sitzen Ursula Hudson sowie Sophie Schweisfurth, Geschäftsführerin der Herrmannsdorfer Landwerkstätten. Moderiert wird die Diskussion von Mareike Biegert. Es ist intensiv. Alle sind ganz bei der Sache. Schließlich geht es ums Ganze. Gut, sauber und fair soll das Essen sein, darin sind sich alle einig. Ändern müsse sich dafür in vielen Bereichen etwas, in Politik und Wirtschaft ebenso wie in der Gesellschaft und der Landwirtschaft. Nicht von ungefähr trifft man sich in Herrmannsdorf. Die Landwerkstätten gelten als Vorbild für ein alternatives Lebensmittelsystem.

"Jeder kann etwas dafür tun, denn jeder trifft an der Kasse Entscheidungen", so Schweisfurth. Zusammenarbeit, Kooperation sind Begriffe, die immer wieder fallen. Die Diskussion wird live im Netz übertragen. "Wir brauchen einen Wertewandel in der Gesellschaft. Wir müssen unsere Essgewohnheiten verändern," erklärt die Enkelin vom Hermannsdorf-Gründer Karl-Ludwig Schweisfurth. Und: "Wir müssen die Leute wieder dazu befähigen, sich selbst ernähren zu können, etwa in kleinbäuerlichen Strukturen." Die Referenten weisen darauf hin, dass etwa 60 Prozent der Weltlebensmittel von Kleinbauern produziert werden. "Das vergessen die Skeptiker gern", klärt Hudson auf. Alle, die hier sind, sind überzeugt: Mit der Lebensmittelindustrie kann es so nicht weitergehen. Sie kommen aus der Gastronomie, sind Produzenten, Ernährungswissenschaftler oder schlicht Verbraucher, die sich mit Lebensmitteln beschäftigen. "Da geht es nur um Profit", mahnt einer. "Allein der Lebensmittelmüll beträgt in Deutschland pro Kopf im Jahr 83 Kilo."

So ernst die Zusammenkunft auch ist, die Atmosphäre ist gleichwohl locker und entspannt. Neben dem politischen Diskurs wird gemeinsam gekocht und gegessen. Man hat Spaß miteinander. Samstagmittag ist Ionuţ Crișan Küchenchef. Er legt Polenta auf rumänische Art auf. Der Mann hat sogar schon mal für den Papst gekocht. Sein Gericht ist vorzüglich, exquisite Haute Cuisine. Nach der Mittagspause teilt man sich in Workshops auf. Da kann man etwa lernen, wie man Pasta selbst macht, Brezel, Butter oder Knödel. Auch eine Wildkräuterwanderung ist im Angebot und natürlich Politisches: Da werde beispielsweise vermittelt, wie man eine politische Aktion organisiere oder auch die eigenen Ziele gut kommunizieren könne, erzählt Louise Duhan, Organisatorin des Vereins Slow Food Deutschland.

Die internationale Netzwerkarbeit hat freilich Ziele, und so ist es auch am Sonntag noch einmal intensiv. Neben dem Austausch arbeitet man gemeinsam an gemeinsamen Kampagnen, die in der Bevölkerung und auf politischer Ebene auf die Lebensmittelproblematik aufmerksam machen sollen - sie im Idealfall verändern. Die 27-jährige Yeal Pantzer aus Florenz - sie ist im Slow Food Office in Brüssel tätig - sitzt beim Mittagessen neben Constantin Pelka, einem der Gründer von Slow Food Youth in München. Schnell wird klar, Genuss und Verantwortung gehören untrennbar zusammen.

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