Workshop in Zorneding:Gegen Stammtischparolen

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Richard Wilde nutzt in seinen Workshops gegen rechte Parolen auch theaterpädagogische Mittel. (Foto: Sönke Mahs/oh)

Richard Wilde leitet am 23. November ein Argumentationstraining. Ein paar Tipps hat er schon vorab

Interview von Katharina Güntter, Zorneding

Wie man rechten Stammtischparolen etwas entgegensetzen kann, das können die Teilnehmer eines Workshops am 23. November von Richard Wilde lernen. Wilde ist Mitglied der 2016 gegründeten Initiative "Aufstehen gegen Rassismus", die bundesweit Trainings anbietet, um Menschen zu zeigen, wie man auf rechte Parolen richtig reagiert. Die Veranstaltung in Zorneding findet im Rahmen der Wochen der Toleranz in Kooperation mit dem Bündnis Bunt statt Braun gegen Rechtsradikalismus, dem Kreisjugendring Ebersberg und der Gemeinde Zorneding statt.

SZ: Lohnt es sich denn überhaupt, mit Rechten zu debattieren? Das Gegenüber wird ja schwerlich seine Meinung ändern.

Richard Wilde: Darüber reden wir auch in den Workshops. Für mich persönlich gibt es verschiedene Ebenen. Bei Bekannten mit rechtem Gedankengut ist man oft die eine Person, die an sie rankommt und mit der sie tiefgehend diskutieren. Schwierig ist es auf offener Bühne. Ich bin nicht überzeugt davon, dass Menschen mit menschenverachtenden Gedanken eine offene Bühne geboten werden sollte. Ich diskutiere gerne mit Leuten, bin aber nicht der Meinung, dass dabei die Kamera laufen muss. Situationen, in denen rechte Aussagen geäußert werden, treten auch im Alltag auf, beispielsweise auf einer Zugfahrt. Wichtig ist, dass man dann Paroli bietet, weil viele Menschen zuhören. Dann soll man klar Stellung beziehen. Man könnte beispielsweise sagen: "Hey, das ist nicht cool, kannst du das bitte lassen." Das Ziel ist auch, den umliegenden Personen zu zeigen, dass man eine andere Meinung vertritt.

Braucht man nicht sehr fundiertes Wissen, um spontan die richtigen Argumente gegen Rechte zu finden?

Ja, das stimmt. Wenn die Debatte ins Detail geht, wird es schwierig. Eine Möglichkeit ist dann, die Aussage des Gegenübers zu hinterfragen, die so genannte Warum-Frage. Zieht der andere eine Studie heran, kann man ihn beispielsweise danach fragen, was das für eine Studie ist. Dadurch gerät derjenige in die Bringschuld und man verschafft sich selbst Zeit. Die zweite Möglichkeit ist, auf die Aussage einzugehen und zum Beispiel zu sagen: "Ok, dann lese ich mich in die Studie ein." Dann kann man sich dafür die Zeit nehmen und beim nächsten Treffen noch einmal mit der Person reden. Das Zeigen von Interesse verunsichert die Leute oft.

Welche Fehler kann man Ihrer Meinung nach bei einer Diskussion machen?

Hmm, jede Situation ist eigen, das macht die Sache schwierig. Ein eventueller Fehler kann sein, dass man nicht auf rechte Parolen reagiert, besonders in der Öffentlichkeit. Manchmal sind die Situationen aber auch so, dass man nicht drauf eingehen will, oder man hat einfach mal einen schlechten Tag. Man sollte auf jeden Fall immer auf sein Umfeld achten, wenn man gegen Rechte vorgeht. Gerade wenn sich diese ganz konkret gegen eine bestimmte Person - beispielsweise in der Bahn - richten, sollte man kurz die Gegenposition vertreten, sich dann aber um die angegriffene Person kümmern und sie fragen, wie man helfen kann.

Können Sie ein paar einfache Tipps verraten?

Die Diskussion ist immer abhängig davon, wie die Person gestrickt ist. Hauptsächlich hilft die Warum-Frage. Es geht darum, Aussagen zu hinterfragen, die keinen Sinn für einen ergeben. Wenn einer beispielsweise behauptet "Wir sind das Sozialamt der Welt", kann man ihn fragen, "Wer ist wir?" oder "Wie kommst du auf Sozialamt. Hast du das erlebt?". Das gibt einem dann auch die Luft, sich zu überlegen, was man selbst sagen will.

Wie sieht so ein Training bei Ihnen aus?

Grundsätzlich haben wir einen Leitfaden, der sich durch den ganzen Workshop zieht. Zum Einstieg schauen wir uns an, warum es relevant ist, dass wir zusammensitzen. Anschließend werden einige Parolen besprochen. Die Teilnehmer bringen auch viele eigene Beispiele und ihre Erfahrung mit, die Workshops sind geprägt von den Leuten. Wir schauen uns die Situationen an, besprechen diese und zeigen exemplarisch, wie man reagieren kann. Ich selbst komme aus der Theaterwelt und nutze theaterpädagogische Mittel, die Leute sollen sich ausprobieren. Der Hauptaspekt dieses Workshops ist es, den Leuten beizubringen, die Schrecksekunde zu überwinden. Dafür nutze ich ganz gerne die Zahnrad-Methode. Zwei Leute stehen sich gegenüber, der eine äußert eine rechte Parole, der andere muss reagieren - und das reihum. Natürlich gehen wir auch weiter und schauen uns Argumentationsstrukturen an, aber dafür bleibt meist nicht genügend Zeit.

Der Workshop findet am Samstag, 23. November, von 10 bis 18 Uhr im großen Sitzungssaal der Gemeinde Zorneding, Schulstraße 13, statt. Anmeldungen werden bis Freitag, 15. November, unter mail@kjr-ebe.de oder (08092) 210 38 entgegengenommen. Für Verpflegung ist gesorgt, die Teilnahme ist kostenlos.

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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