Wohnungen statt Gewerbe:Alles auf Anfang

Wohnungen statt Gewerbe: Das Umspannwerk an der Ecke Philipp-Maas-Weg, Johann-Sebastian-Bach-Straße, soll in einigen Jahren umziehen. Damit könnten die umliegenden Grundstücke bebaut werden - womit ist allerdings noch unklar. Während die einen ein Gewerbegebiet wollen, fordern andere mehr Wohnungen.

Das Umspannwerk an der Ecke Philipp-Maas-Weg, Johann-Sebastian-Bach-Straße, soll in einigen Jahren umziehen. Damit könnten die umliegenden Grundstücke bebaut werden - womit ist allerdings noch unklar. Während die einen ein Gewerbegebiet wollen, fordern andere mehr Wohnungen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vaterstettener Bauausschuss beschließt neue Sozialwohnungen an der Dorfstraße. Das von der SPD dort geforderte Gewerbegebiet soll einen neuen Standort bekommen - wo bleibt offen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Ansiedlung von Gewerbe im Norden von Vaterstetten verzögert sich auf unbestimmte Zeit. Der Grundstücks- und Bauausschuss beschloss nun den Bau von Sozialwohnungen auf einem ursprünglich als Gewerbegebiet geplanten Areal an der Dorfstraße. Zwar wurde auf Antrag der SPD ebenfalls beschlossen, noch in diesem Jahr in die Bauleitplanung für ein Gewerbegebiet im Norden der Kerngemeinde einzusteigen - wo dieses aber liegen könnte, blieb bewusst offen.

Nach dem vor gut vier Jahren aufgestellten Plan für das neue Baugebiet "Nord und Nordwest" hätte dessen nordöstlichste Ecke für ein Gewerbegebiet reserviert werden sollen. Besonders die SPD hatte sich dafür eingesetzt. Die Forderung der Genossen - damals wie heute - lautet, dass auch örtliche Handwerker Flächen finden sollen. Schließlich seien diese die treuesten Gewerbesteuerzahler, so die SPD - ein Argument, das spätestens mit der enttäuschenden Steuerbilanz von "Parsdorf II", des bislang letzten großen Gewerbegebietes, niemand mehr bezweifeln dürfte.

Bezweifelt wird aber, dass das rund 1,5 Hektar große Areal an der Dorfstraße für ein Gewerbegebiet geeignet ist. Die Fläche sei zu klein und es seien durch die Nähe zum neuen Wohngebiet Konflikte zu erwarten, etwa bei der Lärm- und Verkehrsbelastung, so die Kritik im Gemeinderat. Das Gremium beschloss daher 2017 das Gewerbegebiet umzusiedeln, neuer Standort sollte am Umspannwerk werden, Ecke Philipp-Maas-Weg und Johann-Sebastian-Bach-Straße. Dort besitzt die Gemeinde ein rund 4,5 Hektar großes Areal. Die Gemeinde hoffte, das drei Hektar große Nachbargrundstück zu erwerben, so könnte eine Gewerbefläche von 7,5 Hektar entstehen. Für diese sollte, so der ursprüngliche Plan, zusammen mit der Umwandlung des Grundstücks an der Dorfstraße in ein Wohngebiet, mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes begonnen werden. Dass dies nun nicht der Fall war, hatte bei der SPD einigen Ärger verursacht. In einer vor der Sitzung verschickten Pressemeldung warfen die Genossen Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) vor, sich nicht an Abmachungen zu halten.

In der Sitzung verteidigte der Rathauschef das Vorgehen der Verwaltung. "Wir wollen das Gewerbegebiet", betonte Reitsberger, allerdings sei eine parallele Planung nicht möglich: "Die Sozialwohnungen können nicht warten". Seit diesem Monat sei die Gemeinde im Besitz der gesamten 1,5 Hektar, weshalb man in die konkrete Planung einsteigen solle. Erstens wegen des dringenden Bedarfs, zweitens wegen des Wohnbauförderprogramms des Freistaats. Um die Fördermittel - jeweils rund 30 Prozent der Baukosten und des Grundstückswertes - zu bekommen, "müssen wir noch dieses Jahr anfangen".

Was wohl nicht gelingen werde, würde man auf eine Bauleitplanung am Umspannwerk warten. Denn erstens sei das Bauamt derzeit gar nicht in der Lage, ein weiteres Großprojekt zu planen, so der Bürgermeister. Außerdem läuft derzeit ein ziemlich undurchsichtiger Flächenpoker: Der Eigentümer des Altenheims, Spross einer milliardenschweren Duisburger Investorendynastie, hat das Grundstück neben der Gemeindefläche gekauft und erklärt, dort ein Wohngebiet entwickeln zu wollen. Mitarbeiter des Altenheims könnten dort unterkommen, auch seniorengerechte Appartements wären möglich, der Verkauf am freien Markt oder eine Kombination aus allen dreien. Es gab auch Spekulationen, die Pläne seien nur ein Hebel, um die Gemeinde zu einem Tauschgeschäft zu bewegen.

Wobei sich, wie die Sitzung am Dienstag zeigte, im Gemeinderat durchaus eine Mehrheit für ein drittes großes Wohngebiet im Vaterstettener Westen finden könnte: Stefan Huber (CSU), Herbert Uhl (Freie Wähler) und Manfred Schmidt (AfD) erklärten, dafür sei das Grundstück am Umspannwerk gut geeignet. Ein Grund dafür dürfte sicher sein, dass auch die Gemeinde ihr Grundstück profitabler vermarkten kann, wenn dort Wohnungen entstehen. Trotzdem brauche man natürlich Gewerbeflächen in Vaterstetten, sagte Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) und warb für den SPD-Antrag - dem der Ausschuss ohne Gegenstimmen zustimmte.

Bei der Gegenstimme Schmidts, der "Nord und Nordwest" immer grundsätzlich abgelehnt hat, wurde nun beschlossen, an der Dorfstraße neun dreistöckige Häuser zu bauen. Neben etwa 128 Wohnungen - davon ein Drittel Sozialwohnungen und zwei Drittel sogenannte "preisgedämpfte" Miet- oder Genossenschaftswohnungen - soll es ein Café oder eine Bäckerei geben. Noch mehr Einzelhandel wäre grundsätzlich gut, meinten Renate Will (FDP), Stefan Ruoff (Grüne) und Maria Wirnitzer (SPD). Roland Meier (FW) brachte einen unterirdischen Supermarkt ins Gespräch. Allerdings waren sich auch alle einig, dass solche Geschäfte dort wohl nicht laufen werden - "da braucht man sich nur die Fasanen- oder Brunnenstraße anschauen" so Ruoff, wo zahlreiche Läden eingegangen sind. Bauen soll die Wohnungen größtenteils die Gemeinde selbst, "wenn man schon eigenen Grund hat, sollte man auch die Hand drauf halten", so Reitsberger. Einzelne Bauflächen könnten aber auch an eine Genossenschaft vergeben werden. Wie das Grundstück aber einmal aussieht und wer dort was baut, soll ein Realisierungswettbewerb ergeben.

Die SPD zeigte sich am Ende trotz der Verzögerung beim Gewerbegebiet wieder versöhnlich. Er sei froh "dass es klappt mit bezahlbarem Wohnraum", so Dritter Bürgermeister Günter Lenz, nachdem er sich mit dieser Forderung im Gremium "schon öfter eine blutige Nase geholt" habe.

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