Wohnen in Parsdorf:Teures Denkmal

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Die Kosten für den Umbau des alten Parsdorfer Rathauses in ein Wohngebäude sind kräftig gestiegen - für manche ein Grund, den Abbruch zu fordern

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde lässt sich den Erhalt ihres früheren Verwaltungssitzes einiges kosten. Das ehemalige Rathaus der Gemeinde in Parsdorf soll in ein Wohnhaus umgebaut werden, bislang war mit Kosten von etwa 2,2 Millionen Euro gerechnet worden. In der jüngsten Gemeinderatssitzung gab es nun eine neue Kalkulation zu dem Projekt, demnach wird Vaterstetten etwa 600 000 Euro mehr ausgeben müssen - wenn man Glück hat.

Die Geschichte des markanten Hauses mitten in Parsdorf beginnt vor 95 Jahren, damals war es noch Teil eines landwirtschaftlichen Anwesens. In den folgenden Jahrzehnten wurde es dann unter anderem als Polizeiposten, als Schule und eben als Rathaus genutzt - allerdings nur für die Verwaltungstätigkeiten, für die Sitzungen traf sich der Gemeinderat gegenüber im Wirtshaus Alte Post. Und seit gut 50 Jahren im neuen Rathaus in Vaterstetten, das Gebäude in Parsdorf bekam erneut eine neue Aufgabe: Im Obergeschoss wurden Wohnungen eingerichtet im Erdgeschoss war ein Kindergarten untergebracht.

Als sich vor gut vier Jahren herausstellte, dass das Gebäude dringend saniert werden muss, war es seine wechselvolle Geschichte, die den Abriss verhinderte - und ein Förderprogramm des Freistaates. Im Jahr 2018 nahm der Gemeinderat darum seinen ersten Beschluss, das alte Rathaus wegzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen zurück und stieg in die Sanierung ein. Geplant ist, das Haus teilweise zu erhalten und teilweise neu zu bauen. Der südliche Teil mit dem runden Balkon in Richtung Dorfplatz gilt als vergleichsweise gut erhalten, der nördliche Teil, ursprünglich ein Stadel, wird ersetzt. Insgesamt fünf Wohnungen sollen in dem Gebäude entstehen, sein Aussehen wird sich an den ursprünglichen Plänen von 1926 orientieren.

Dass das Projekt im Vergleich zu manchem Neubau ein gutes Stück teurer wird, hatte in der Vergangenheit bereits zu hitzigen Debatten geführt. Schließlich will die Gemeinde die Wohnungen unter Marktpreis anbieten - dies wäre einfacher möglich, würde man ein günstigeres Gebäude hinstellen, so die Kritik. Besonders die beiden CSU-Gemeinderäte Stefan Huber und Manfred Vodermair hatten dies in den vergangenen Sitzungen stets betont - und fühlten sich nun bestätigt.

"Ich hatte immer Probleme mit dem Bau", so Vodermair nun, wenn die Kalkulation sich jetzt aber in Richtung drei Millionen bewege für lediglich fünf Wohnungen, sollte man die Notbremse ziehen: "Abreißen, neu bauen mit anständigem Keller und mit Tiefgarage, damit es auch gescheit nutzbar ist".

Was laut Ralf Schloemilch vom Bauamt indes nur schwer möglich ist und wohl auch kein Geld sparen werde. Denn das Grundstück sei nicht unbedingt einfach zu bebauen und auch nicht sehr groß, vielleicht komme man am Ende auf acht Wohnungen, aber dann für sechs Millionen Euro. Verloren seien auf jeden Fall die gut 300 000 Euro Planungskosten für das aktuelle Projekt. Zudem sei die aktuelle Kostensteigerung ja nichts, was nur das alte Rathaus betreffe sondern liege an der insgesamt schwierigen Lage.

Denn die Baukosten seien derzeit extrem gestiegen, was auch die Ergebnisse der Ausschreibung zeigten. Bei den Erdarbeiten habe man mit knapp 28 000 Euro kalkuliert, das einzige Angebot war mit rund 71 000 Euro eingegangen. Die Baumeisterarbeiten hätten laut Plan 148 000 Euro kosten sollen, für 387 000 Euro habe man ein Angebot bekommen. Wegen der hohen Steigerung wurden beide Gewerke erneut ausgeschrieben, lediglich bei den Elektroarbeiten sei man derzeit in der Prüfung. Hier fiel die Überschreitung des Budgets von 210 000 auf rund 217 000 Euro nicht ganz so drastisch aus.

Maximilian Mack (CSU) stellte die Frage, ob man das Projekt nicht pausieren könne, bis sich die Lage am Bau wieder etwas normalisiert habe. Dies unterstützte Stefan Huber, er verwies darauf, dass es ja darum gehe, bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Bei Kosten von fast drei Millionen für knapp 500 Quadratmeter müsse man aber am Ende 18 bis 20 Euro Miete verlangen, um den Bau in absehbarer Zeit abzuschreiben. Huber beantragte eine Unterbrechung der Baustelle bis zum Jahresende. So lange solle man sich Gedanken darüber machen, ob und wie es mit dem Projekt weitergeht und wo man sparen könne. "Wenn wie am Ende zu keinem besseren Vorschlag kommen, haben wir auch nichts verloren."

"Ich habe nicht den Eindruck, dass wir damit etwas gewinnen", entgegnete Josef Mittermeier (SPD), "außer wir geben es ganz auf und verkaufen das Grundstück - und das wollten wir doch nicht." Auch Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) zeigte sich skeptisch, "wir sehen seit Jahren, dass die Baukosten immer weiter raufgehen", es sei nicht zu erwarten, dass sie im kommenden halben Jahr günstiger werden: "Ich glaube nicht, dass wir viel gewinnen und es kommt trotzdem günstigerer Wohnraum raus, als am freien Markt."

Dies sieht man auch in den anderen Fraktionen so: "Augen zu und durch, das Kind ist schon in den Brunnen gefallen", sagte Klaus Willenberg (FDP). Er kündigte aber auch an, in einer kommenden Sitzung einen Antrag zu stellen, dass die Gemeinde sich andere Optionen zu eigenen Bauprojekten überlegen solle, etwa über Erbpacht-Verträge. Bei den Grünen ist man ebenfalls für eine Fortsetzung des Projektes, genau wie bei den Freien Wählern: "Man muss Werte schaffen für die Gemeinde", sagte Dritter Bürgermeister Roland Meier.

Auch bei der CSU - die eine Sitzungsunterbrechung beantragt hatte um sich zu beraten - stimmte die Mehrheit am Ende für den Vorschlag der Verwaltung. Für den Antrag von Vodermair das Projekt komplett einzustellen stimmte neben diesem selbst nur Huber, bei der Unterbrechung um ein halbes Jahr stimmte auch Mack zu - der dann aber auch für die teurere Fortsetzung stimmte.

© SZ vom 28.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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