Süddeutsche Zeitung

Winter:Skispaß vor der Haustür

240 Meter Piste, ein Lift: In Glonn finden Familien mit Kindern ein ideales Übungsgelände. Sogar zwei Schneekanonen gibt es hier - doch die braucht in diesem Jahr keiner

Von Christian Bauer, Glonn

In der kleinen Hütte aus dunklem Holz öffnet sich das Fenster, der Lift setzt sich in Bewegung. Ein Vater zieht seine Tochter ein Stück den Hang hinauf und lässt sie durch zwei Skistöcke Slalom fahren. Über dem Ganzen strahlender Sonnenschein. So beginnt ein weiterer Tag am Weigl-Lift in Glonn.

Es ist Mittwoch, früher Nachmittag, die meisten Erwachsenen sind arbeiten. Dennoch füllt sich die Piste überraschend schnell mit Skifahrern und denen, die es werden wollen. Wer den größten Anteil unter den Besuchern ausmacht, wird auf den ersten Blick klar: Hierher kommen fast ausschließlich Eltern mit ihren Kindern, die tapfer ihre ersten Gehversuche auf den langen, schmalen Brettern wagen. Ein Mädchen macht einige zaghafte Schritte mit dem ungewohnten Gewicht an den Füßen, strauchelt und landet mit dem Gesicht im Schnee. Macht nichts, auf einen neuen Versuch.

Ein solcher Zulauf ist an Wochentagen nicht selbstverständlich. Schon die ganze Woche läuft das Geschäft besser als üblich, erzählt Johanna Schneider. Sie ist zusammen mit ihrem Ehemann Besitzerin und Betreiberin des Skilifts. Besonders gut gehe das Geschäft normalerweise an den Wochenenden, wenn die Eltern frei hätten, um mit den Kindern herzukommen. Dass diese Woche unüblich viele Skifahrer den Berg nutzen, hängt gewiss nicht zuletzt mit den traumhaften Wetterbedingungen zusammen. Es ist kalt, minus fünf Grad. Doch das stört keinen - im Gegenteil, man genießt es. Die Gesichter unter den Helmen und Mützen sind gerötet, schauen aber munter drein. "Geht nicht besser", kommentiert Thomas, 39, das Wetter. Er ist hier, um mit seiner zweijährigen Tochter Felipa zu üben.

"Dieses Jahr ist es perfekt", bestätigt auch Niki Mexis, der ebenfalls mit seiner Tochter hier ist. Beide Vater-Tochter-Paare stammen, wie fast alle Fahrer am Weigl-Lift, aus der näheren Umgebung. Dass dieser hautsächlich eine lokale Attraktion ist, bringt auch seine Vorteile. "Alle ziehen an einem Strang, um den Lift am Laufen zu halten", freut sich Schneider, die berichtet, das man sich kürzlich von einem ortsansässigen Landwirt eine Pistenraupe geborgt habe.

Die am 6. Januar angebrochene Saison läuft "auf jeden Fall besser" als in den vergangenen Jahren, verrät sie. Außer dem vorteilhaften Wetter macht sie dafür auch die kürzlich stattgefundene Modernisierung der Website und die Präsenz in den sozialen Medien verantwortlich. "Wir brauchen praktisch keine Werbung zu machen."

Wie lange das heuer noch so weiter gehen wird, lasse sich jedoch nicht sagen. Längerfristige Prognosen seien aufgrund der Wetterabhängigkeit nicht möglich. Dabei ist man hier nicht unbedingt auf Naturschnee angewiesen. Zwei Schneekanonen helfen bei Bedarf aus. Dieses Jahr waren sie allerdings bislang nur zu Instandhaltungszwecken in Gebrauch. Wozu auch sonst? Echter Schnee ist reichlich vorhanden, und die Fahrer schwärmen von seiner Qualität. Mexis beschreibt den Berg mit seiner 240 Meter langen Piste als "ideal für Anfänger". Liftbetreiberin Schneider stimmt zu: "Wir machen uns nichts vor, Profis kommen hier nicht her."

Wer rodeln will, muss hingegen auf die Finkenhöhe ausweichen, denn am Weigl-Lift ist das Schlittenfahren verboten. Der Ski- und Snowboardbetrieb soll nicht gefährdet werden. Anders als der Weigl-Lift besitzt der zweite Glonner Lift keine künstlichen Beschneiungsanlagen. Hier muss der Schnee vom Himmel genügen, und der Lift ist auch nur am Wochenende in Betrieb.

Egal ob Ski, Snowboard oder Schlitten, am Ende eines anstrengenden Tages hat man sich am Kiosk eine Stärkung verdient. Hot-Dogs, warme Waffeln und Kinderpunsch - Glühwein oder Kaffee für die Erwachsenen - füllen nicht nur den Magen, sie vertreiben auch die Kälte aus den Gliedmaßen. Der Kiosk ist allerdings ebenfalls nur an Wochenenden geöffnet.

Das Konzept der Familie Schneider scheint jedenfalls zu funktionieren. Vor dem Verkaufshäuschen sagt ein Mann zu seinem Sohn: "Zehn Fahrten kosten sechs Euro, eine Tageskarte sieben Euro. Da nehmen wir doch gleich das Tagesticket." Dennoch verrät Schneider, dass es viele widrige Umstände gibt, nicht zuletzt die Unberechenbarkeit des Wetters. "Aber die Dankbarkeit der Leute und die Freude der Kinder sind es wert."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4319151
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 07.02.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.