Landkreis Ebersberg:Gibt es versenkbare Windräder?

Beim ersten Dialogforum zum Bürgerentscheid über den Windpark im Ebersberger Forst sind zeitweise bis zu 349 Teilnehmer eingeloggt. Es kommen viele Fragen auf - manche sind kurios.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Achtung - Originalformate nicht beschneiden

Von Purfing aus hätte man diesen Blick auf den Windpark, sofern er denn gebaut wird. Weitere Visualisierungen sind auf der Internetseite zum Projekt zu finden. Visualisierung: Energieagentur Ebersberg-München

Man würde doch zu gern die anderen Leute sehen, einen Blick in den virtuellen Saal werfen. Doch wer am ersten digitalen Bürgerdialog zum Windpark im Forst teilnimmt, bleibt das Geheimnis des Veranstalters, der Energieagentur Ebersberg-München. Daheim, am PC, sind nur die Referenten zu sehen und später irgendwann die rasant wachsende Liste der Fragen der Besucherinnen und Besucher. Wäre es eine reale Veranstaltung, hätte die Energieagentur wohl den Alten Speicher mieten müssen, bis zu 349 Teilnehmer sind zeitweise gleichzeitig eingeloggt. Schließlich ist es ein Thema, das momentan viele Menschen im Landkreis Eberberg bewegt wie kaum ein anderes.

Am 16. Mai sind die Landkreisbürgerinnen und -bürger aufgerufen, darüber abzustimmen, ob sie fünf Windräder im Ebersberger Forst wollen oder nicht. Selbst wenn es ein positives Votum gibt, heißt das aber nicht, dass sich in absehbarer Zeit auf jeden Fall Rotoren über den Wipfeln der Bäume drehen werden - das ist erst der Startschuss für das langwierige Genehmigungsverfahren, in dem überhaupt erst intensiv geprüft wird, ob Flora, Fauna oder beispielsweise auch Grundwasser durch das Projekt leiden würden.

Das unterstreichen auch mehrere Redner, als Ansprechpartner stehen an diesem Abend Landrat Robert Niedergesäß, Willie Stiehler, der Chef der Energieagentur, Klimaschutzmanagerin Lisa Ruetgers, Windrad-Planer Peter Beermann, Frank Burkhardt von der Unteren Naturschutzbehörde, Heinz Utschig von den Staatsforsten, Sören Schöbel von der TUM, der zur Information Visualisierungen der Windräder zeigt, sowie Jens Mühlhauser von Green City Energy, der Firma, die das Projekt realisieren will, zur Verfügung.

Der Fachmann von der Naturschutzbehörde spricht von einem "interessanten Spagat"

Viele der Referenten nutzen die Gelegenheit, für die Energiewende zu werben und auf die Gefahren des Klimawandels - letztlich auch für den Ebersberger Forst - hinzuweisen. Doch auch die weniger positiven Seiten des Projekts kommen zur Sprache. Frank Burkhardt von der Unteren Naturschutzbehörde betont etwa, dass die Zahl der Landschaftsschutzgebiete im Landkreis eher gering ist, er erläutert auch das Vorkommen wertvoller Flora und Fauna im Forst und das Prozedere bei einem Genehmigungsverfahren. Das Ziel sei es, den Schutzstatus zu bewahren und gleichzeitig etwas für die Energiewende zu tun, so Burkhardt, "ein interessanter Spagat".

Forstbetriebsleiter Heinz Utschig zeigt ein Bild von einer leeren, öden Fläche - eine Aufnahme vom Forst aus dem Jahr 1900, zuvor hatte die Raupe des Nonnenfalters große Teile des Waldbestands vernichtet. Diese Flächen sind erst über Jahrzehnte wieder aufgeforstet worden. Utschig weist darauf hin, dass der Forst ein wichtiger Holzlieferant ist, "die Holznutzung finanziert den Waldumbau". In Zeiten von Corona wichtiger als je zuvor sei der Wald, aber auch als grüne Lunge und Erholungsort. Utschig schließt seinen Kurzvortrag mit einem Satz: "Wir hätten wirklich gern die Meinung der Bürger im Landkreis."

Im Chatforum gehen 338 Beiträge ein

Ihre Meinung per Stimmzettel äußern dürfen die Landkreisbürger zwar erst in zwei Monaten, im Chatforum, das nach den Vorträgen eröffnet wird, werden viele Positionen aber ebenfalls deutlich. 338 Beiträge werden es am Ende des Abends sein, bei Weitem nicht alle Themen können behandelt werden, obwohl das eigentlich gesetzte Zeitlimit von zwei Stunden um eine Stunde überschritten wird.

Mehrere Teilnehmer wollen wissen, wann und wie sie sich an den Windrädern beteiligen können - diese Möglichkeit wird sowohl der Landkreis als auch Green City Energy selbst bieten - oder wie der Strom transportiert wird. Letzteres wird durch Erdkabel geschehen, die mit Hilfe eines Pflugs im Boden versenkt werden. Welche Erfahrungen man mit Windrädern im Wald und deren Auswirkungen auf die Waldbewohner hat, will ebenfalls ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin wissen. In bayerischen Wäldern, sagt Utschig, gebe es bisher etwa 100 Windenergieanlagen, und wenn sie einmal gebaut seien, werde es meist sehr ruhig um sie, "weil sehr wenig besorgniserregende Sachen passieren".

Mehrere Teilnehmer erkundigen sich, wie es mit der Energiewende weiter gehe, wenn es mit dem Windpark im Forst nichts werde. Dann, sagt die Klimaschutzmanagerin, müsse man für die im Landkreis benötigten 26 Windräder andere Standorte suchen. Dass das ein hartes Stück Arbeit werden könnte, wird mehr als deutlich.

Einige Teilnehmer der Runde verblüffen dann auch noch mit eher kuriosen Fragen. Ob man denn versenkbare Windräder bauen könnte, die man nur nachts ausfährt, will einer oder eine wissen. (Antwort: Nein). Ein anderer fragt: "Kann man an den Rotorblättern der Windräder LEDs anbringen, damit wenn sie sich drehen, coole Animationen erscheinen? Wie bei diesen Kinder-Spielzeugen?" (Antwort: theoretisch möglich, aber Nein). Wer es allerdings ist, der oder die sich derartige Gedanken macht, erfährt man leider nicht - das ist wieder eine dieser Situationen, in denen der Blick in einen echten Veranstaltungssaal doch sehr interessant wäre.

Die Aufzeichnung und Präsentation des Dialogforums ist in Kürze online unter www.windenergie-landkreis-ebersberg.de abrufbar. Auch die Antworten zu den gestellten Fragen sind dort zu finden. Die nächsten Bürgerdialoge sind am 15. und am 28. April geplant. Sofern es die Infektionslage zulässt, werden auch Exkursionen zu Windrädern angeboten, Termine und Anmeldemöglichkeiten ebenfalls auf der Seite.

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