Energiewende:Ein bisschen mehr geht vielleicht doch

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Windkraft spielt im Landkreis Ebersberg bisher kaum eine Rolle. Das Windrad in Hamberg bei Bruck ist bisher das einzige weit und breit. (Foto: Christian Endt)

Die bayerische CSU will den Bau von Windrädern einfacher machen - aber nur ein bisschen. Im Landkreis Ebersberg stößt das auf unterschiedliche Reaktionen.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Wer sich im Landkreis Ebersberg über das Thema Windkraft informieren möchte, hat meist ein Ziel: das Osterkling-Windrad in Hamberg bei Bruck. Mit vielen Jahren Vorlauf wurde dieses Projekt realisiert, seit 2016 drehen sich die Rotoren über dem kleinen Waldstück im Süden. Mit dem Ausbau der Windkraft geht es seitdem nur sehr schleppend voran, zwar sind ein paar Projekte geplant, doch es wird wohl noch lange dauern, bis die ersten Anlagen tatsächlich stehen. Nun hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen massiven Ausbau der Windkraft in Bayern und eine Lockerung der Beschränkungen angekündigt. Was das für den Landkreis bedeutet, darüber gehen die Meinungen freilich auseinander. "Jede Lockerung führt zu einer Besserung und dazu, dass es mehr Standorte geben kann. Deutlich vorteilhafter wäre es, wenn 10H ganz abgeschafft würde", sagt Klimaschutzmanagerin Lisa Rütgers.

Doch von der 10-H-Regelung, die besagt, dass Windräder mindestens das Zehnfache ihrer Höhe von bewohnten Gebieten entfernt sein müssen, verabschieden sich Söder und seine CSU auch jetzt nicht. Allerdings soll es mehr Ausnahmen geben. Demnach soll künftig auf bestimmten Flächen - etwa in Wäldern, entlang von Autobahnen, vierspurigen Bundesstraßen oder Haupteisenbahnstrecken sowie in ausgewiesenen Vorranggebieten für die Windkraft - ein reduzierter Mindestabstand von 1000 Metern gelten. Das sind jedenfalls die Pläne, wie sie am Mittwoch in der CSU-Fraktionssitzung kommuniziert wurden. Sie müssen jetzt erst noch in ein Gesetz gegossen werden.

"Sehr positiv", so sieht Christian Bauer (CSU), Grafinger Bürgermeister und Kreisvorsitzender des Gemeindetags, die Änderungen, insbesondere dadurch, dass in staatlichen Wäldern künftig mehr möglich sein soll. Er geht davon aus, dass die Änderungen dazu führen werden, dass der Ausbau der Erneuerbaren auch im Landkreis nun schneller voran geht - das sei angesichts der Situation in der Welt mit der Klimakrise und der drohenden Energieknappheit auch dringend nötig. Allerdings, so Bauer, passiere auch bisher schon viel. Derzeit seien die Bürgermeister in vier verschiedenen Planungsregionen im Landkreis im ständigen Dialog, um mögliche Windkraftstandorte ausfindig zu machen.

Der Kreisvorsitzende des Gemeindetags und Bürgermeister von Grafing, Christian Bauer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch in Grafing selbst sucht man nach Standorten. Und das stellt sich als nicht so einfach heraus, auch dann, wenn man von 10H abweicht, was den Kommunen bereits jetzt im Zuge ihrer Bauleitplanung möglich ist. Doch selbst Flächen in einem Abstand von 750 bis 1000 Meter zur Wohnbebauung seien schwer zu finden, sagt Bauer. In Zorneding, wo man schon seit mehreren Jahren daran arbeitet, die Windkraft auch in der Gemeinde voranzutreiben, sieht es ähnlich aus, wie Zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder (SPD) erzählt. 10H ist hier nicht mehr das Problem, zudem hat das Energie-Forum Zorneding schon sehr viel Vorarbeit geleistet, sogar Firmenkontakte gibt es bereits. Im Prinzip könnte man also schnell loslegen - wenn man nur endlich die geeigneten Grundstücke fände. Derzeit suche man im Zornedinger Süden, hier gebe es einige schmale Streifen, die in Frage kämen. Doch auch die Eigentümer der Grundstücke, über denen sich die Rotoren drehen, müssen zustimmen - und hier hakt es laut Poschenrieder gerade.

Doch auch wenn Zorneding selbst von möglichen Lockerungen, die jetzt beschlossen werden, wohl nicht profitiert, sieht die SPD-Politikerin sie dennoch eher positiv. Vor allem die Tatsache, dass die Staatsregierung den Bau von Windkraftanlagen in staatlichen Wäldern erleichtern wolle, könne in einigen Bereichen des Landkreises durchaus dazu führen, dass mehr Anlagen gebaut werden könnten, so Poschenrieder.

Bianka Poschenrieder, Zweite Bürgermeisterin in Zorneding und seit langem mit Windkraftprojekten befasst, sieht durch die geplanten Änderungen durchaus Chancen. (Foto: Christian Endt)

"Generell ist es so, dass es mehr mögliche Standorte für Windräder gibt, wenn sich Abstandsregeln lockern. Die aktuelle Entscheidung könnte also dem Ausbau der Windkraft entgegen kommen", sagt Klimaschutzmanagerin Lisa Rütgers, die freilich befürworten würde, wenn es gar keine pauschale Abstandsregelung mehr gäbe. Diese sei auch gar nicht erforderlich, unterstreicht sie: "Im Zuge des Genehmigungsverfahrens wird ohnehin jedes Projekt immissionsschutzrechtlich genau geprüft: Lärmschutz, Schattenwurf, Infraschall, bedrängende Wirkung, all das wird angeschaut. Gibt es in irgendeinem Bereich Probleme, wird das Projekt gar nicht genehmigt. In der Regel kann man davon ausgehen, dass ab einer Entfernung von 500, definitiv aber 750 Metern alle Vorgaben eingehalten werden können."

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