Süddeutsche Zeitung

Windkraft im Ebersberger Forst:Landratsamt wehrt sich gegen AfD-Vorwürfe

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Manfred Schmidt wirft der Ebersberger Kreisbehörde vor, bei der Windkraft-Frage parteiisch zu agieren - und handelt sich einen Konter ein.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Zu einem eigenständigen Votum konnten sie sich zwar nicht durchringen, dennoch befürwortet eine große Mehrheit der Kreisräte den möglichen Bau von fünf Windkraftanlagen im Ebersberger Forst. Das ist nicht zuletzt durch eine Aktion auf dem Marktplatz der Kreisstadt deutlich geworden, bei der sich jüngst Vertreter nahezu aller Fraktion für ein Ja beim in knapp zwei Wochen anstehenden Bürgerentscheid ausgesprochen haben. Nicht dabei waren Bayernpartei und AfD.

Gerade zu letzterer Partei zählt in Person von Manfred Schmidt einer der größten Gegner des geplanten Projekts im Ebersberger Waldgebiet. Schon häufig hat der AfD-Mann aus Vaterstetten das Forum des Kreistags und seiner Ausschüsse genutzt, um seinen Unmut über den aus seiner Sicht frevelhaften Umgang mit der Natur kundzutun. Bei der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses hat Schmidt nun gleich einen kompletten Fragenkatalog zur Windkraft-Kampagne eingereicht - allerdings nicht mit dem von ihm gewünschten Ergebnis.

So wollte der AfD-Kreisrat etwa vom Landratsamt wissen, ob die bebilderten Befürworter-Inserate mit Haushaltsmitteln des Landkreises, also aus Steuereinnahmen, finanziert würden. Dem erteilte die Behörde durch Michael Ottl, dem Büroleiter des Landrates, umgehend eine Absage: "Es werden keinerlei Inserate, die Position zum Bürgerentscheid beziehen, vom Landkreis oder der Energieagentur Ebersberg-München finanziert", so Ottl. Der Kreis sowie die Energieagentur seien verpflichtet, zu keiner Seite Stellung zu beziehen.

Die gleiche Antwort bekam Manfred Schmidt auf seine Frage, warum im Faktenhandbuch zum Windkraft-Projekt weder der Landkreis noch die Energieagentur als Befürworter aufgeführt seien, und ebenso die Untere Naturschutzbehörde auf der Liste der Gegner der Windräder fehle. Letzteres liege daran, dass die Naturschutzbehörde als fachlich zuständige Behörde keine Meinung zum Projekt beziehen dürfe, sondern das Projekt anhand vorhandener Gutachten und Untersuchungen bewerten müsse, erklärte Michael Ottl.

Schmidt stört sich an mehreren Passagen des Faktenhandbuchs

Schmidt hingegen störte sich noch an weiteren Passagen des Faktenhandbuchs. Etwa daran, dass im darin enthaltenen "Quellen-Check" zur Vorsicht gegenüber dort aufgeführten Organisationen, unter anderem wegen ihrer Verbindung zur AfD beziehungsweise wegen "Politischer Unterstützung durch AfD", gemahnt wird. Diese Warnung komme einer Stigmatisierung gleich und stelle eine unzulässige Diskriminierung dar, schimpfte der AfD-Politiker am Rednerpult. Der Hinweis der politischen Unterstützung durch die AfD sei nicht als Mahnung zu verstehen, entgegnete Ottl. Vielmehr handele sich lediglich um eine Information, deren Bewertung jeder Leser für sich treffen könne. Dennoch werde man die Bezugnahme auf die AfD aus dem Faktenhandbuch streichen.

Nicht zuletzt deshalb zweifelte Schmidt aber die Neutralität der Ebersberger Energieagentur an. Diese spreche ebenso offenem Hohn, wie die unter der Überschrift "Fakten statt Verunsicherung" aufgestellte Behauptung von möglichst umfassenden Informationen mit allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, so der AfD-Politiker. Eine Unterstellung, der Michael Ottl vehement widersprach.

Die Energieagentur habe sich strikt an ihr Neutralitätsgebot gehalten und zusammen mit der Unteren Naturschutzbehörde eine faktenbasierte Information aller Bürgerinnen und Bürger sichergestellt. Der Büroleiter verwies auf Flugblätter von Projekt-Gegnern, auf denen mit Fotos gearbeitet worden sei, die den Eindruck erweckten, dass es um mehr als fünf Windenergieanlagen gehe. Dadurch sei Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern geschürt worden. Dem möchten die Energieagentur und das Landratsamt durch "Fakten statt Verunsicherung" entgegentreten, so Ottl.

Mit den Antworten der Behörde wiederum war Manfred Schmidt alles andere als zufrieden. Er werde nun prüfen, wie er in der Sache weiter vorgehe, kündigte er noch in der Ausschusssitzung an. Seine Unzufriedenheit bekräftigte der AfD-Kreisrat gegenüber der SZ am Tag darauf auch nochmals per Mail. Viel Zeit zu intervenieren bleibt ihm allerdings nicht mehr, bis einschließlich 16. Mai können die Landkreisbürger noch per Briefwahl darüber abstimmen, wie sie zu den Windrädern im Forst stehen. Danach ist alles Reden nurmehr Makulatur.

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Quelle:
SZ vom 29.04.2021
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