Wildtiere im Landkreis:Waschbären auf dem Vormarsch

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Knuffig und drollig, aber oho: Die kleinen Raubtiere sind vorwiegend nachtaktiv und leben gerne in Mischwäldern - wie etwa dem Ebersberger Forst. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Der Mensch nimmt vielerorts den Tieren den Lebensraum, nun kommen die Tiere zu uns. Doch wie wild ist Ebersberg? Neben gern gesehenen Garten-Gästen sind auch nachtaktive Räuber unterwegs, die nicht ganz so possierlich sind, wie sie scheinen.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Manche Wildtiere fallen mehr auf, wenn sie sich im menschlichen Lebensraum umsehen, manche weniger. Groß zum Beispiel war der Aufruhr vor gut einem Jahr, als in Berlin fälschlicherweise die Sichtung eines frei laufenden Löwen gemeldet wurde – der sich dann doch als ganz normales Wildschwein entpuppte. Doch wie wild geht es im Landkreis Ebersberg zu?

Einen Fuchs zu Besuch zu haben, das ist schon eher ungewöhnlich. Ebendies erlebte Richard Straub vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Er wohnt in Markt Schwaben und entdeckte vor einiger Zeit den rötlichen Besucher, der es trotz Zaun hinein in seinen Garten geschafft hatte. Auch von einem Nachbarn weiß Straub zu berichten, bei dem sich zwei Waschbären zum Liebesspiel auf dem Rasen verabredet hatten. Das sei jedoch schon nichts Ungewöhnliches mehr, so Fachmann Straub: „Schon seit Jahren tauchen immer wieder Waschbären im Landkreis auf.“

Der Waschbär könnte noch zum Problem im Landkreis werden, glaubt Richard Straub vom LBV. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Waschbären, gern als possierliche Tierchen bestaunt, breiten sich in ganz Deutschland aus. Sie wurden aus dem Ausland importiert, über die Pelzindustrie. Gern nehmen die cleveren Tiere sich Biotonnen zum Plündern vor, erzählt Straub. Er glaubt, dass die Waschbären noch zum großen Problem auch im Landkreis werden können. „Waschbären haben keine natürlichen Feinde“, so Richard Straub. Außerdem seien sie Allesfresser und Nestplünderer. Das kann vor allem für Bodenbrüter und ihren Nachwuchs folgenreich sein. „Waschbären knacken die Eier und verzehren sie“, sagt der LBV-Mann.

Konkrete Zahlen, wie viele Waschbären sich im Landkreis tummeln, gibt es nicht, sagt Karem Gooma. Er ist Vorsitzender des Jagdverbands Ebersberg und berichtet, dass der Waschbär sich von Hessen aus ausbreitet. Auch er rechnet damit, dass in Zukunft immer mehr Waschbären im Landkreis gesichtet werden.

Süß sind sie schon, trotzdem freut sich kaum einer über ihr Auftauchen: Marder können mit ihren spitzen Zähnen große Schäden anrichten. (Foto: Philipp Schulze/dpa)

Ein anderes Wildtier aber treibt sich ebenfalls nachts herum, der Marder. Von ihm finde man häufig nur noch die Spuren, so Gooma. Vor allem durchgebissene oder angeknabberte Schläuche oder Kabel von frei parkenden Autos zeugten davon, dass der Steinmarder mal wieder unterwegs war. Der Jäger berichtet auch von Füchsen, die sich immer wieder innerhalb der Ortschaften blicken lassen würden: „Unter anderem dann, wenn Hunde- oder Katzenfutter draußen postiert wird.“ Während Marder auch häufig in Nähe zu den Menschen lebten, etwa in Schuppen oder unter Dächern, würden Füchse häufiger dort nur umherstreichen und sich dann wieder in den Wald zurückziehen.

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Oft skeptisch als Schädling beäugt wird der Biber, bei dem die Sachlage laut Richard Straub vom BLV jedoch eine ganz andere ist: Hier nimmt der Mensch dem Tier den Lebensraum und nicht umgekehrt. Dabei, so Straub, sei der Biber besser als sein Ruf: „Er renaturiert und steigert damit die Artenvielfalt.“ Dort, wo der Biber nagt und baut, gebe es nachweislich mehr Fische. Was die Biber-Population im Landkreis betreffe, so sind alle Reviere besetzt, weiß Straub zu berichten: „Der Biber ist in Ebersberg wieder sehr gut vertreten.“ Im Gegensatz zum Waschbären unterliegen Biber einer „natürlichen Geburtenkontrolle“: Sind alle Reviere besetzt, wandern sie ab und bekommen weniger Nachwuchs.

Ein gern gesehener Gast, der leider immer weniger Platz zum Brüten findet, ist der Mauersegler. (Foto: Db Nabu; A. Limbrunner/dpa)

Ebenfalls Wildtiere im Garten – im Unterschied zum Marder gern gesehen - sind Vögel. „Viele Vogelarten, die früher vor allem im Wald oder auf den Feldern gewohnt haben, haben Landflucht betrieben“, erklärt Richard Straub. Weil es dort kaum mehr Büsche oder Sträucher gebe, würden sie in die Ortschaften abwandern. Dazu zählen etwa Elstern und Krähen, die nun in der Nähe der Menschen bessere Lebensbedingungen für sich finden. Das Wildtier Vogel, so der BLV-Experte, erfreue sich großer Beliebtheit in der Bevölkerung: „Viele sehen den Nutzen der Vögel in der Schädlingsbekämpfung und unterstützen sie mit Nistkästen oder Vogelfutter.“

Schwieriger wird es jedoch für die Gebäudebrüter wie den Haussperling oder den Mauersegler. Grund dafür, so Straub, sind vor allem die energetisch optimierten Häuser, deren Bauweise kaum mehr Spalten oder Ritzen zum Nisten für die Vögel lassen. Hier rät er zu Nist-Steinen, die schon in den Rohbau eingesetzt werden können: „Damit kann man den Vögeln bewusst eine Möglichkeit zum Brüten anbieten.“ Gerade Gebäudebrüter seien in ihrer Anzahl im Landkreis rückläufig.

Sorge vor einem Besuch von Wildschweinen im Garten muss man nicht haben - auch nicht in Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

„Wir haben keinerlei spektakulären Geschichten zu erzählen“, heißt es auf die Anfrage, wie wild Ebersberg ist, aus dem Landratsamt. Allgemein könne man nur sagen, dass Wildtiere immer wieder die Nähe von besiedelten Gebieten suchen, weil diese oft Nahrung oder Obdach bieten. „Mal nascht ein Reh Himbeeren, die in einem Garten am Waldrand wachsen, oder ein Marder plündert einen Hühnerstall“, erzählt Laura Tendel von der Pressestelle. Das seien aber eher normale Begegnungen, die ab und zu stattfinden.

Und dass Wildschweine den Ortschaften einen Besuch abstatten, davor muss man in Ebersberg keine Angst haben. Im Dezember 2017 hatte sich zwar einmal ein Keiler in der Kreisstadt verirrt und erlegt werden müssen. Aber „eine totale Ausnahme“, so der Jagdverbandsvorsitzende Karem Gooma.

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