Süddeutsche Zeitung

Weniger Absatz:Corona-Krise sorgt für Durststrecke bei Ebersberger Brauereien

Die beiden Brauereien im Landkreis leiden massiv unter der Corona-Krise. Sie entwickeln aber Strategien, wie sie dennoch über die Runden kommen.

Von Thorsten Rienth und Barbara Mooser, Markt Schwaben/Grafing

"Die Festsaison ist eigentlich gelaufen", sagt Erich Schweiger, einer der Geschäftsführer in der gleichnamigen Markt Schwabener Privatbrauerei. Maifeste, Volksfeste, große Vereinsfeste - all das fällt in diesem Jahr wegen der Corona-Krise bis mindestens Ende August aus. Und auch wann die Gaststätten und Biergärten wieder öffnen dürfen, lässt sich nur schwer vorhersagen. Für die Markt Schwabener Brauerei bedeutet das herbe wirtschaftliche Verluste. "40 Prozent weniger Umsatz, im besten Fall", sagt Schweiger, der in dem Familienunternehmen für den Bereich Technik und Technologie zuständig ist. Ähnlich geht es dem zweiten Bräu im Landkreis, Gregor Schlederer vom Grafinger Wildbräu.

Überrascht haben Erich Schweiger die Ankündigungen der Bundesregierung und einen Tag später von Ministerpräsident Markus Söder nicht: "Damit habe ich schon gerechnet", sagt er. Es war eine weitere in einer Reihe schlechter Nachrichten. Das für die Markt Schwabener wichtige Exportgeschäft nach Italien ist seit langem zum Stillstand gekommen, "da fließt kein Liter Bier hin", sagt Schweiger. Auch die Gaststätten sind seit Wochen geschlossen, niemand trifft sich mehr auf ein kühles Helles oder ein Weißbier. Ebenso ist die Getränkelieferung an die Firmen eingebrochen.

Immerhin, so Erich Schweiger, sei das erste Quartal für das Unternehmen noch sehr gut gelaufen. Positiv sei auch, dass ein nicht unerheblicher Teil des Umsatzes über die Getränkemärkte abgewickelt werde. Dennoch hat die Corona-Krise nun auch die Markt Schwabener voll erwischt. In der Brauerei müsse Kurzarbeit gefahren werden, immerhin könne man aber derzeit noch die Zahlungen für die Mitarbeiter aufstocken, so dass deren Einbußen geringer ausfallen. Doch nicht nur hierfür gibt die Privatbrauerei Geld aus, "wir versuchen auch, massiv die Gastronomie zu unterstützen", erzählt Schweiger.

Ihren eigenen Pächtern hat die Brauerei bereits die Pacht für April erlassen, schließlich bringe eine Stundung nicht viel, wenn die Betroffenen das Geld schwerlich jemals zurückzahlen könnten. In den Fällen, in denen die Brauerei nicht selbst die Räume verpachtet, haben die Schweigers mit den Vermietern gesprochen und versucht, eine Einigung zu erreichen, mit denen die Wirte leben können.

Dies mache man nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit - "Wir sind ja nicht die Heilsarmee", sagt Schweiger und lacht - sondern auch, um auch nach der Krise noch Kunden zu haben. "Denn irgendwann ist Corona wieder weg - und dann wollen wir weiterhin Wirte haben." Nachdem bisher nicht absehbar ist, wann die Gaststätten wieder öffnen, muss man auch über eine Strategie für den Mai nachdenken. "Man kann momentan nur von Monat zu Monat entscheiden", sagt Schweiger, "und positiv denken." Wobei, wenn er an den 1. Mai denkt, doch von einem "großen Rückschlag" spricht: Das nämlich sei einer der umsatzstärksten Feiertage überhaupt im Jahr.

Um den Bier- und Getränkenachschub immerhin müssen sich die Kunden keine Sorgen machen: Um den Nachschub weiter zu gewährleisten hat die Brauerei strenge Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb eingeführt, beispielsweise arbeiten die Mitarbeiter in streng getrennten Schichten.

Gregor Schlederer, der im Jahr 2017 mit gerade einmal 27 Jahren die Grafinger Brauerei Wildbräu von seinem früh verstorbenen Vater übernommen hatte, steht vor einem ähnlichen Problem.

Etwa 30 Prozent seiner Bierproduktion gehe ins Gaststättengewerbe, berichtet Schlederer. Bevor er über sich selbst redet, wolle er aber erst einmal etwas zu den Wirten sagen. "Für die ist die Situation gerade eine richtige Katastrophe." Wenn jemand Unterstützung brauche, dann zuerst einmal die Gaststätten. Aber freilich, die geschlossenen Wirtshäuser spüre er auch in der Bier-Nachfrage. Das könne auch ein womöglich ins Private verlegte Konsum so schnell nicht ausgleichen. Für konkrete Zahlen zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf sein Unternehmen sei es allerdings noch zu früh, sagt Schlederer.

"Den Großteil verkaufen wir in einem 30-Kilometer-Radius um den Kirchturm", ist ein Satz, den Schlederer gerne sagt. Letztendlich sei das Familienunternehmen vor allem abhängig von dem, wie sich die Situationen in den nächsten Wochen und Monaten im ganz unmittelbaren Umfeld entwickelt. Und auch anderswo. Denn einen kleinen Exportmarkt haben sich die Grafinger in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut: ausgerechnet Norditalien.

Muss er wegen der geringeren Nachfrage Bier wegkippen? Immerhin kann Schlederer die Antwort mit einem etwas humorvollen Unterton geben. "Wenn das Bier länger im Tank ist, wird es qualitativ hochwertiger." Für immer werde die Rechnung allerdings kaum aufgehen, das sei klar. Die Produktion für das gerade abgesagte Grafinger Volksfest im Mai hat natürlich längst begonnen.

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SZ vom 20.04.2020/aju
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